Thilo Sarrazin ist nicht mehr Mitglied der SPD

Nach mehreren vergeblichen Versuchen hat die SPD ihr ungeliebtes Mitglied Thilo Sarrazin endgültig aus der Partei geworfen. Sarrazin will die Entscheidung nun zivilgerichtlich anfechten.

imago Images/Metodi Popow

Thilo Sarrazin ist nicht mehr in der SPD. Die Pressestelle der Partei gab heute bekannt: „Das Oberste Parteischiedsgericht der SPD hat auf Grundlage einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2020 die Berufung von Dr. Thilo Sarrazin gegen die Entscheidung der Landesschiedskommission des SPD Landesverbandes Berlin vom 22. Januar 2020 zurückgewiesen. Der Parteiausschluss ist damit wirksam. Sarrazin ist mit dieser Entscheidung nicht mehr Mitglied der SPD.“

Der SPD-Parteivorstand hatte gegen den Autor, früheren Bundesbanker und ehemaligen Finanzsenator im SPD-geführten Senat von Berlin 2019 ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet, nachdem Sarrazin mit einer erneuten Buchveröffentlichung „Feindliche Übernahme“ für Aufsehen gesorgt hatte. Zum Anlass nahm man damals einen Auftritt Sarrazins am 14. März 2019 auf einer Veranstaltung einer FPÖ-nahen Akademie zur Flüchtlingspolitik gemeinsam mit dem damaligen FPÖ-Parteiobmann Strache. Schon mit seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ hatte Sarrazin in der Öffentlichkeit und erst recht in seiner Partei einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Seither wirft man ihm „Rassismus“ und „parteischädigendes Verhalten“ vor.

Die Bundesschiedskommission begründete ihre Entscheidung damit, „dass zum Schutz des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der SPD der verhängte Parteiausschluss von Sarrazin rechtmäßig sei, da Sarrazin erheblich gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen und ihr damit Schaden zugefügt habe“, heißt es in der Pressemitteilung. Und weiter:

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„Bei einer Gesamtbetrachtung stünden die von Sarrazin in seinem Buch „Feindliche Übernahme“ öffentlichkeitswirksam propagierten Äußerungen und Forderungen mit den Grundsätzen und den Grundwerten der Sozialdemokratie so erheblich in Differenz, dass die dauerhafte Trennung von dem Parteimitglied erforderlich sei. … Diese Auffassungen seien eingebettet in eine Linie der Herabwürdigung von Menschen vor allem muslimischen Glaubens, denen er nach dem Gesamteindruck seines Werks im Kern den gleichen Wert und die gleiche Würde abspreche. Bliebe Sarrazin Mitglied der SPD, entstünde nach außen der Eindruck, die SPD böte auch Mitgliedern mit Auffassungen im rechtspopulistischen Spektrum Raum.“

Sarrazin hat schon angekündigt, auch zivilgerichtlich alles mögliche gegen den Rauswurf zu unternehmen. Er will die Entscheidung nun vor dem Berliner Landgericht anfechten. „Aus meiner Sicht stand die Entscheidung vor der mündlichen Verhandlung bereits fest“, sagte er nach der Entscheidung. „Dies war kein offenes, ehrliches und faires Verfahren.“ Er werde, so berichtet die Bild-Zeitung  die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann Berufung einlegen: „Wenn Sie von jemandem beschimpft werden und moralisch abqualifiziert werden als Rassist und Rechtspopulist, dann haben Sie keine Wahl, als Ihren Ruf zu verteidigen. Das werde ich tun.“


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Kommentare ( 115 )

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Sonny
3 Jahre her

Nun endlich verstehe ich Sarrazins Kampf um den Verbleib in dieser „Shithole“-Partei. Der letzte Satz offenbart, dass der eigentliche Kampf um etwas viel wichtigeres geht, nämlich die Denunziation und Diskreditierung eines unbescholtenen Menschen mit einer eigenen Meinung.

Manfred Gimmler
3 Jahre her

Daß Thilo Sarrazin so beharrlich in der SPD verweilen möchte, macht mich ihm gegenüber etwas mißtrauisch. Was bitteschön mag ihm denn die Partei von Esken, Walter-Borjans, Kühnert, Schulz, Maas, Klingbeil, Stegner, . . . . noch geben? Einen Marketing-Mix?

Wolfgang M
3 Jahre her

Was kann die SPD denn machen, wenn Sarrazin behauptet, dass er sich weiterhin der SPD zugehörig fühlt, dass er Werte der SPD vertritt. Das ist dann seine Meinung und die ist frei. Das kann er ja im nächsten Buch schreiben.
Niemand wird zu 100% ein Parteiprogramm vertreten. Darum kann man auch nur das kleinste Übel wählen.
Es kann auch jeder behaupten Christ zu sein, ohne Kirchensteuer zu bezahlen.

Entenhuegel
3 Jahre her

Da geht er dann, der letzte aufrechte und scharfsinnige Denker unter den Genossen, und die SPD vollzieht die Umbenennung in ** Partei Deutschlands …

Ich kann nur hoffen, dass noch vielen weiteren Genossen Augen und Ohren aufgehen und sie diesem … Haufen den Rücken kehren.

Hieronymus Bosch
3 Jahre her

Ja, der links-grüne „Gesinnungsterror“ wütet mittlerweile überall! Das ist schlimmer als Corona!

carl
3 Jahre her

Nun muss die SPD ihre Mitglieder anhalten, dass sie sich wieder um neue Mitglieder bemühen. Man hat auch schon einen Plan dafür:

1. Jedes SPD-Mitglied welches ein neues Mitglied anwirbt wird für ein Jahr beitragsfrei gestellt.
2. Jedes SPD-Mitglied welches zwei neue Mitglieder anwirbt, darf selbst ab sofort austreten.
3. Jedes SPD-Mitglied welches drei neue Mitglieder anwirbt, darf selbst ab sofort austreten und bekommt eine Bescheinigung nie Mitglied in der SPD gewesen zu sein.

christin
3 Jahre her

Was er, der Herr Sarrazin, zu sagen hat verraten uns seine Bücher und was uns die SPD noch zu sagen hat, verraten uns deren Zustimmungswerte.

Dr. Mephisto von Rehmstack
3 Jahre her
Antworten an  christin

und die hoffnungsfrohe Mimik von Saskia, die fröhlichste Versuchung seit es die SPD gibt!

Wolfgang Mueller-Wehlau
3 Jahre her

…selbst Helmut Schmidt könnte nach seiner ‚Auferstehung‘ diesen spezialdemokratischen Parteien-Rest nicht mehr vor dem endgültigen Sturz in den Abgrund retten. Das aktuelle Führungstrio (Lars Klingbeil inclusive) fühlt sich intellektuell offenbar latent von Thilo Sarrazin überfordert. Deshalb hätte es bei Schmidt auch nicht einmal für den ‚Katzentisch‘ gereicht!

Vati5672
3 Jahre her

Weiß ist mehrdeutig.
Sehr bekannt ist Weiß als Flagge der Kapitulation.

HavemannmitMerkelBesuch
3 Jahre her

„sozialismusfeindliches und schädigendes Verhalten“ führte leider in der deutschen Geschichte schon zu vielen Ausschlüssen, Ausgrenzungen, Diskriminierungen, Entrechtungen, Diffamierungen und Verleumdungen – von der Beschädigung bis hin zur vollständigen Vernichtung. Das ausgerechnet WIEDER DIESE SPD, die bei der Entstehung der einstigen deutschen totalitären Vernichtungsideologien eine weitgehend unrühmliche Rolle des Steigbügelhalters spielte, sich hier erneut schuldig macht an Andersdenkenden, und Kritikern zeugt nicht nur von Geschichtsvergessenheit sondern auch vom latenten systemischen ideologisch verbrämten Hassismus dieser politischen Wirrköpfe, die nur kurz in ihren goldenen Brandt und Schmidtzeiten geschichtliche Lichtblicke aus ihrer Irrlichterung aufblitzen lassen konnten. SPD Geschichte ist auch die fast jahrundertealte Geschichte… Mehr