Thilo Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen – seine Stellungnahme

Die SPD hat Thilo Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen. Auf Anfrage von TE erklärt er: „Die heutige Entscheidung der Bundesschiedskommission der SPD war ein abgekartetes Spiel nach dem Muster der Justiz in Erdogans Türkei oder Putins Russland.“

imago Images/IPON

Es gibt Bücher, die liest man. Und andere, die sind zum Verschenken da oder zum Schmuck der Bücherwand. Und es gibt Bücher, die sind ein politisches Statement.
Die Werke von Thilo Sarrazin zählen zu dieser Kategorie, seit Angela Merkel „Deutschland schafft sich ab“ als „nicht hilfreich“ bezeichnet hat. Nicht hilfreich ist es vielleicht für ihre Politik und für die Spitze der SPD, der Sarrazin seit Jahrzehnten angehört und die ihn etwa als Finanzstaatssekretär in Berlin gut gebrauchen konnte, als es um die Sanierung der total überschuldeten Stadt ging.

Jetzt hat ihn die Bundesschiedskommission aus der Partei ausgeschlossen. Das Verfahren war nicht unumstritten: In der „Vorinstanz“ hatte ihn beispielsweise Klaus von Dohnanyi verteidigt; immerhin Bundesminister unter Helmut Schmidt und SPD-Bürgermeister von Hamburg.

Doch bei der Verhandlung „stand das Urteil wohl schon von vornherein fest“, sagt Sarrazin nach dem Rauswurf jetzt. Immerhin vier Stunden dauerte die „Beweisaufnahme“, denn die SPD-Schiedskommission ahmt ein ordentliches Gericht nach; man „spielt“ Gericht und ist doch keines. Sarrazin hatte ein 14-seitiges Dokument vorgelegt, auf dem er Punkt für Punkt nachweist, dass seine Thesen in keinem Punkt dem noch immer gültigen SPD-Parteiprogramm von 2007, dem „Hamburger Programm“ widerspechen.

Sarrazins Argumentationspapier finden Sie als Dokumentation bei TE.

Der „Staatsanwalt“ im SPD-Puppengericht, Generalsekretär Lars Klingbeil, hatte dem wenig entgegenzusetzen; Worte wie „Rassist“, „Rechtspopulist“ oder „Unterstützer der AfD“ sind Floskeln, die moralisch und emotional vielleicht in die gängige Partei- wie Regierungslinie der Großen Koalition passen, aber inhaltsleer sind. Am Ende sollten Fakten zählen, nicht der erhobene Zeigefinger eines Parteifunktionärs.

Für Sarrazin, immerhin seit 1973 Mitglied der Partei, war dieser Vorgang „verstörend“, sagt er TE: „Die Partei vollzieht Rituale statt sich an ihrem Programm zu orientieren“. Sarrazin repräsentiere für die Parteiführung „all das, was sie in der SPD nicht mehr will“. Tatsächlich konnte Klingbeil dem ungeliebten Parteimitglied auch keinerlei Faktenfehler nachweisen. „Die heutige Entscheidung der Bundesschiedskommission der SPD war ein abgekartetes Spiel nach dem Muster der Justiz in Erdogans Türkei oder Putins Russland. Ich hätte nie gedacht, dass meine ehemalige eigene Partei, die SPD, so tief sinken könnte.“

Sarrazin ist ein penibler Rechercheur, früher hätte man ihn einen „Privatgelehrten“ genannt: Ein wissenschaftlich akribisch arbeitender Forscher, der seine Ergebnisse präzise und nachvollziehbar begründet, jede Zahl belegt, jedes Zitat mit Fußnote nachvollziehbar macht – etwas, was den akademisch kaum gebildeten SPD-Politikern der heutigen Generation, wie beispielsweise Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, völlig fremd ist: Sie hat wesentliche Teile ihrer Dissertation abgekupfert, Zitate aus dubiosen Quellen verwandt oder zitiert, was andere zitiert haben, das irgendwo zitiert worden war. Sorgfältige wissenschaftliche Arbeit wird an den heutigen sozialwissenschaftlichen Fakultäten zum Ausnahmefall – nicht bei dem akribisch arbeitenden Thilo Sarrazin.

Aber Fakten und Qualität zählen in der modernisierten Partei nicht mehr. Schlagworte allein sollen kluge Programmatik ersetzen.

Sarrazin: „Während der gesamten vierstündigen Verhandlung gelang es der Gegenseite nicht, mir einen einzigen sachlichen Fehler oder eine rassistische Aussage in meinem Buch nachzuweisen. Ich werde jetzt den ordentlichen Gerichtsweg beschreiten.“

Nun kann man gespannt sein, ob ein ordentliches Gericht das SPD-Parteitheater zurückpfeift.

Am 31. August allerdings legt er erneut ein faktenreiches Buch vor: „Der Staat an seinen Grenzen“. Damit setzt er sich mit der Frage auseinander, ob Einwanderung wirklich immer und ohne Einschränkung so segensbringend ist, wie die Bundesregierung zur Begründung der Öffnung der Grenzen seit 2015 behauptet und wie es in der Präambel des Migrationspakts behauptet wird: „Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt …“ (eine umfassende Darstellung als Buch finden Sie hier; im Netz z.B. die dreiteilige Darstellung hier.

So viel ist schon jetzt klar: Lars Klingbeil bräuchte gute Argumente, um Sarrazin zu widerlegen. Aber darum geht es in der SPD schon längst nicht mehr. Und Thilo Sarrazins Buch ist ein Statement gegen diese Politik. Viele Buchhandlungen weigern sich, es überhaupt anzubieten. Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist eine gefährdete Spezies.


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Kommentare ( 123 )

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Dill Schweiger
3 Jahre her

………kluge Programmatik und Fakten in der SterbendenParteiDeutschlands, ich lach mich tot. Fakt ist, Klingbeil hat Übergewicht!!

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

…….wer saß denn überhaupt in dieser bundesschiedskommission? und klingbeil als sogenannter staatsanwalt: eine anmaßung. diese null hat doch noch in keinem juristischem
seminar gesessen!

Marina
3 Jahre her

Es macht schon Sinn, dass Sarrazzin bis zum letzten kämpft.
Stellt er doch die verlogenen Ideologen in der SPD bloß.
Aber wenn ca. 43 Prozent der Bevölkerung ,,sozial(sozialistisch) eingestellt sind,
dann habe ich wenig Hoffnung.
Da treffen dann Träumereien von den ,,besseren Menschen,, auf die Realität.
Nationalsozialismus oder Sozialismus egal,sind dann auch nicht mehr weit?
Ich bin für Realität, denn politische Träumereien können schnell ins Verderben führen, wie wir ja wissen.
Lieber unter der Brücke leben, als im Gulag enden!!!

Wilhelm Cuno
3 Jahre her

Ich finde es gut, dass Herr Sarrazin kämpft, denn dieser Kampf an sich hat schon einen pädagogischen Wert: Aufklärung gegen Glauben. Sarrazin steht für die Aufklärung. Galilei hatte damals die falsche „Haltung“, Sarrazin heute. Etwas anderes bleibt einem Ideologen wie Herrn Klingbeil auf der anderen Seite auch nicht übrig, er ist sonst selbst abgesägt. Mir tun diese ungebildeten Ideologen wie Herr Klingbeil fast ein bisschen leid- aber nur fast. In seinem Alter sollte er den Gang der SPD in die politische Bedeutungslosigkeit noch miterleben- und das ist gut so. Die Wahlen in NRW werden zeigen, dass spätestens die nächste Generation… Mehr

SamText
3 Jahre her

Warum und wozu nur will Herr Dr. Sarrazin unbedingt in dieser Partei bleiben und ver(sch)wendet auf den Kampf mit den „Genossen“ soviel kostbare Lebenszeit? Seine Ressourcen könnte er viel sinnvoller und zukunftsorientierter in andere Zwecke investieren. An seiner Stelle hätte ich die SPD schon vor Jahren verlassen. Die Truppe ist doch schon längst keinen Kampf, kein ernsthaftes Befassen mehr wert – ggü. Sarrazin „nicht satisfaktionsfähig“ und unwürdig! Der Haufen läßt mich eher an eines dieser dekadenten, neureichen, vulgär geschmacklosen, größenwahnsinnigen Massentourismuskreuzfahrtschiffe mit geistloser Daueranimation denken, aber in schrottreifem Zustand! Das Schiff wird mitsamt seiner dummfeisten Besatzung und seiner immer noch… Mehr

GermanMichel
3 Jahre her

„[…] Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, völlig fremd ist: Sie hat wesentliche Teile ihrer Dissertation abgekupfert, Zitate aus dubiosen Quellen verwandt oder zitiert, was andere zitiert haben, das irgendwo zitiert worden war.“ Das wäre dann ein Verstoß gegen die Prüfungsordnung, stimmt aber so nicht, und jeder weiß es. Alle diese Leute haben Ghostwriter für ihre Dissertation beauftragt, und nicht eine Zeile selber geschrieben. Sie haben sich ihre Dissertation schlicht gekauft, was eine Straftat auf beiden Seiten ist, Politiker und Ghostwriter. Letzterer muss dann natürlich abschreiben, denn Gewinn macht er nur, wenn er 3 Monate statt sonst 3 Jahre braucht. Da erleben wir… Mehr

Anti-Merkel
3 Jahre her

Kann Sarazzin nur in 2 Punkten der Stellungnahme nicht zustimmen: die SPD-Selbstjustiz hat nichts mit der Justiz in Putin-Russland zu tun (letztere ist zwar nicht perfekt, aber wesentlich fairer), und natürlich dass er es anfechten will, anstatt froh zu sein, keine Mitgliedsbeiträge mehr an so eine Partei zu bezahlen.

spindoctor
3 Jahre her

Klaus-Uwe Benneter und Thilo Sarrazin beschreiben die sPd zur Gänze.

Endstadium0815
3 Jahre her

Wer eine Esken wählt kann einem Thilo Sarazzin nicht das Wasser reichen. Ich galube das Herr Sarazzin nicht wirklich in dieser SPD bleiben möchte, sondern die Dummheit und den Zusrand der SPD ins Licht zerrt.

Moses2
3 Jahre her
Antworten an  Endstadium0815

Genau!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Del. Delos
3 Jahre her

„Ich hätte nie gedacht, dass meine ehemalige eigene Partei, die SPD, so tief sinken könnte.“
Na ja – darüber hatte ich mich schon immer bei Sarrazin gewundert…über diesen ganz besonderen Realitätsverlust bei einem Mann, der ansonsten immer so klarsichtig ist.
ALLE haben es gesehen, ER nicht.