Gabriel: Klimapolitik für die SPD wichtiger als die Interessenvertretung von Arbeitnehmern

Sigmar Gabriel hämmert es mit rotglühenden Volkswagen-Genen in den Twitter-Account: „Das was da gerade passiert, zeigt, wie sehr sich die Industriegewerkschaften und die SPD auseinander gelebt haben.“

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In Niedersachsen ist Sigmar Gabriel bekannt wie ein bunter Hund. Wer hier schon länger im politischen Geschäft tätig ist, der hatte irgendwann schon einmal mit ihm persönlich zu tun. Gabriel war zwischen Harz und Heide aktiv und schaffte es sogar bis zum niedersächsischen Ministerpräsidenten, bevor er zu noch höheren Weihen in die Bundespolitik wechselte und Außenminister wurde. Prominentester Moment dieser Station wohl, als er für den türkischen Außenminister zwischen Baumarkt-Gartenmöbeln seines Hauses in Goslar am hauseigenen Samowar den eilfertigen wie liebenswürdigen Tee-Jungen gab.

Als Ministerpräsident (MP) war Gabriel quasi stellvertretend auch 20-Prozent-Miteigentümer am Volkswagen Konzern. Und der Niedersachse musste nur seinen Finanzminister fragen, um zu erfahren, wie bedeutend dieser Konzern für ein Auskommen in der Region ist. Entsprechend bindend war und ist die Nähe zum Konzern, das wusste immer besonders gut Bundeskanzler a.D Gerhard Schröder, einer der Vorgänger von Gabriel im Amt des MP.

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Gabriel hat also Volkswagen-Gene und die meldeten sich jetzt unüberhörbar, als ein Brandbrief der Vertrauensleute von Volkswagen bekannt wurde, indem diese ihrer Unternehmensführung vorwarfen, den Konzern gerade zu ruinieren u.a. mit ihrem E-Mobilitätskult und der Vernachlässigung der Hauptproduktlinien des Konzerns, also der eigentlichen Einnahmequellen.

Die SPD hat es sich via Koalitionsausschuss wohl für lange mit der IG-Metall verscherzt, als sich der Ausschuss gegen eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotoren entschieden und zudem noch mit Slogans wie „Kein Cent für Benziner und Diesel“ Stimmung gemacht hatte gegen die Autobauer, also auch gegen die unter der Vertretung der IG-Metall werkelnden Kollegen. Denn auch die wissen ja: Wo nicht verkauft wird, können wir auch nicht um mehr Lohn pokern.

Sigmar Gabriel also mit rotglühenden Volkswagen-Genen, und dann hämmerte er es schon in seinen Twitter-Account: „Das was da gerade passiert, zeigt, wie sehr sich die Industriegewerkschaften und die SPD auseinander gelebt haben.“

Und weiter Richtung SPD: „Klimapolitik ist ihr inzwischen wichtiger als die Interessenvertretung von Arbeitnehmern. So etwas können sich Grüne leisten, aber nicht Sozialdemokraten.“ Und letztere hatten sich sogar nachdrücklich gegen eine Kaufprämie für Verbrenner eingesetzt.

IG-Metall-Chef Jörg Hoffmann hatte zuvor schon gegenüber der Augsburger Zeitung deutliche Worte gefunden, als er befand, dass diese Politik der SPD „zu einem massiven Vertrauensverlust der Beschäftigten der Autoindustrie und angrenzender Branchen gegenüber der Sozialdemokratie“ führen wird.

Die Beschwichtigung der SPD gegenüber solchen Stimmen wie von Gabriel und Hoffmann sind tatsächlich mehr als dünn, wo die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Kerstin Tack an die Volkswagen-Empörungsfront geschickt wird und meint, man solle sich keine Sorgen machen: die abgesenkte Mehrwertsteuer würde die Kaufkraft erhöhen, was auch der Automobilindustrie zugute käme. Das soll sie Gerüchten zufolge tatsächlich vorgetragen haben, ohne selber lauthals darüber zu lachen.

Und dann ist es ausgerechnet Saskia Esken, eine Nachfolgerin im Amt der SPD-Parteichefin – und bekennende Antifa-Anhängerin -, die sich öffentlich damit brüstet, durchgesetzt zu haben, dass es keine Prämie für Benziner- und Diesel-Fahrzeuge gibt. Fast so, als wäre das eine Profilierung für ihre Position an der Spitze der SPD.

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Kommentare ( 68 )

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Robby
3 Jahre her

Die SPD ist eine Klientelpartei des öffentlichen Dienstes, der NGOs und der Migrantenverbände. Sie ist keine Arbeiterpartei. Sie versteht noch nicht einmal, dass sie Wertschöpfung braucht, um irgendwo Steuern abschöpfen zu können, sondern meint, Wohlstand zum Umverteilen wäre einfach da oder könne von der EZB aus dem Nichts geschaffen werden. Selbst wenn einige ihrer Minister, also Leute aus der ehemaligen Führungsriege, die in der Partei aber nichts mehr zu sagen haben, als Einäugige unter den Blinden in Bundes- und Landesregierungen herausragen, ändert das nichts daran, das die Partei, also das, was wählt, wer SPD wählt, nicht mehr regieren kann und… Mehr

Fred Katz
3 Jahre her

Genosse Gabriel vertritt genau wen, bei der Deutschen Bank?
Ach ja, dass Großkapital!
Herr Gabriel kann ja mit Merz einen Stammtisch aufmachen, aber bitte keine Leitartikel mehr.

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

….ich habe noch nie etwas von der ig – metall gehalten, als arbeitnehmer auf nachtschicht schufteten, schlief der ig – metall betriebsrat in der putzwolle! ich machte damals – 1957 – gerade eine lehre als werkzeugmacher!

Ostfale
3 Jahre her

Nur nebenbei Lilo, diese Doppelzunge kommt nicht vom Maschsee in Hannover, sie kommt aus Goslar am Harz, ist aber eigentlich völlig wurscht.

U.S.
3 Jahre her

Frage an R-R-G und GroKo …..Welche Art des Antriebs haben die Dienstwagen den R-R-G Polit Elite (V8- Benziner? Benzin- Elektro- Hybride?, Elektro- Antriebe??) ? Lösung: …..Vor den Dienstgebäuden von Bundes- und Landes- Regierungen sehe ich große V8er von Daimler Benz, BMWs, Audis, alle natürlich mit Verbrennungsmotoren. (und natürlich mit Chauffeuren!). Fazit: ….“Wasser predigen – edelsten Luxus- Champagner trinken! Wie sieht es aus bei Schulen/ Unis – R-R-G und GroKo Politiker Kindern? Frage: …..Schicken R-R-G und GroKo Politiker ihre Kinder an staatl. Schulen oder wohin? Lösung: ….Grünen Chef Robert Habeck schickt seine Kinder an eine gut, jedoch teuere private Schule(n). .… Mehr

RobertF
3 Jahre her

Als sich Sigmar Gabriel als Nachfolger von Gerhard Schröder als „starker Mann“ der SPD herauskristallisierte, dachte ich damals: Das ist aber eine personelle Verschlechterung. Als Andrea Nahles dann den Sigi ablöste, dachte ich: So jetzt kann es nicht mehr schlimmer werden…. und dann kamen NoWaBo und die Antifa-Saskia! Auch inhaltlich geht die SPD seit gut 15 Jahren immer weiter den Bach runter. War die SPD unter Gerhard Schröder noch eine „Arbeiterpartei“ – also eine Partei der abhängig Beschäftigten, die sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die damals krassierende Massenarbeitslosigkeit stemmte (Stichwort Agenda 2010) und versuchte die Leute in… Mehr

teanopos
3 Jahre her

IG-Metall-Chef Jörg Hoffmann hatte zuvor schon gegenüber der Augsburger Zeitung deutliche Worte gefunden, als er befand, dass diese Politik der SPD „zu einem massiven Vertrauensverlust der Beschäftigten der Autoindustrie und angrenzender Branchen gegenüber der Sozialdemokratie“ führen wird.

??? welche Vertrauen?

gdg
3 Jahre her

Die Geifer-, Neid-, und Beiß-Reflexe der Vielschreiber hier sind entlarvend.
Gabriel könnte seinen Kritikern hier Intelligenz bescheinigen, sie würden es ablehnen.

Moses2
3 Jahre her
Antworten an  gdg

Gabriel hat jahrelang ins Merkelhorn geblasen. Jetzt- in der zweiten Reihe- auch mal Binsenweisheiten von sich zu geben, ist in der Gesamtschau (mindestens) unseriös.

Dill Schweiger
3 Jahre her
Antworten an  gdg

…….welch Wunder, wir reden hier immerhin über die „Fachpartei“ für Versorgungsposten und nicht über Vielschreiber und und und….! Ausserdem kommt Gabriel „aus dem Land der Helden“ Niedersachsen. Da kommen nur solche „Größen“ her; z.B. Maschmeier Wulff, Schröder, Pocher, Glogowski, Gabriel…..Sie auch?

Ananda
3 Jahre her

AAAHHH, diese tägliche SPD Kompetenz:

Esken: “ Frage nach Finanzierung des Konjunkturpaketes sei „GROB UNVERNÜNFTIG“. Genau! Wer will schon wissen ob das Sammelsurium finanzierbar ist oder wer es bezahlen darf.

Das Geld kommt doch auch der Druckermaschine oder der Staat hat gut gewirtschaftet. Mich würde mal der IQ von der Frau interessieren.

GMNW
3 Jahre her

Eigentlich sollte man glauben, dass mit der Wahl der NoWaBoS als Parteivorsitzende die SPD ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hätten; aber jetzt fangen die SPD’ler auch noch zu graben an!