Selbst #fedidwgugl kann das Leiden der Wahlkampf-Zuschauer an Merkel nicht mildern

Die CDU-Werbeagentur einen Hashtag entwickelt, auf den man erst man kommen muss: #fedidwgugl. Dabei kann man sich die Zunge brechen. Vielleicht kann man das auch singen. Oder soll man darauf nach dem Zähneputzen gurgeln?

Peter Tauber ist bekannt für seinen Humor – und das, was er dafür hält. Reden beendet der CDU-Generalsekretär gern mit einem zackigen „Hurra“, als stehe er auf dem Kasernenhof. Jetzt bereichert er den Wahlkampf auf eine Weise, die man nur mit Humor nehmen kann, wenn man nicht verzweifeln möchte. Ganz begeistert hat er den Wahlkampf-Slogan vorgestellt: „Für ein Deutschland, in dem wir gut & gerne leben.“ Das klingt genauso prickelnd beziehungsweise einschläfernd wie das SPD-Motto „Zeit für Gerechtigkeit“. Doch hat die CDU-Werbeagentur einen Hashtag entwickelt, auf den man erst mal kommen muss: #fedidwgugl. Dabei kann man sich die Zunge brechen. Vielleicht kann man das auch singen. Oder soll man darauf nach dem Zähneputzen gurgeln?

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Ob die CDU sich etwa bewusst lächerlich macht, um miesepetrige Kommentatoren aufzumuntern? Etwa Stephan-Andreas Casdorff, den Tagesspiegel-Chefredakteur? Der Mann leidet schwer. Er leidet am Umfragehoch von Kanzlerin und Union. Er leidet zudem mit der SPD. So wünschte er kürzlich seinen Lesern mit diesen Worten einen guten Morgen: „Die SPD liefert und liefert, Rentenplan, Steuerkonzept – und die CDU schaut zu. Nichts gesagt ist genug gemacht? Warten statt starten? Man könnte meinen, die Wahlkampfstrategie der Merkel-Union sei diesmal nicht asymmetrische Demobilisierung, sondern gleich die Aufgabe jeder Mobilität. Auch der geistigen.“ Seine traurige Schlussfolgerung: „Dass das der Demokratie nicht gut tut, sollte man der Union eigentlich nicht sagen müssen.“

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Sebastian Fischer leidet auch. Seine Klagen auf „Spiegel online“ klangen  am 22. Juni so: „Wahlkampf light. Die Sozialdemokraten empfinden das mittlerweile als Provokation. Während sich ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz mit Details zu Rente und Steuer abmüht, lässt die Amtsinhaberin all die Vorstöße abtropfen.“ Er macht aber auch der SPD Vorwürfe: „Allerdings ist die SPD mitnichten Merkels Wahlkampfführung ausgeliefert, deshalb mutet ihre Kritik seltsam an: Ist es denn der Job der Unionsparteien, der SPD Vorlagen zu liefern?“

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Fischer ist nicht der einzige Spiegel-Mann, der nach dem Beinah-Stillstand des Schulz-Zuges Trübsinn bläst. Sein Kollege Janko Tietz gibt seiner Verzweiflung so Ausdruck: „Ihre Partei gähnt vor Langeweile, sie selbst glänzt derzeit durch Nichtstun – und trotzdem sind CDU und Angela Merkel wieder obenauf. Doch die Kanzlerin hat keine weitere Amtszeit verdient.“

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In „Die Zeit“ bemängelt Marc Brost, Merkel ignoriere „alle inhaltlichen Debatten“ und ärgert sich darüber, dass die Kanzlerin „von den Medien kaum attackiert wird.“ Da kann der neue SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nicht zurückstehen. „Zu keiner der großen Fragen hat Angela Merkel eine Antwort, nicht zur Flüchtlingskrise, nicht zur Bedrohung, die Donald Trump darstellt“, schimpft er im Spiegel. Und: „Das ist ein Stück weit Demokratieverachtung, die hinter dieser Taktik steckt“.

Martin Schulz, als „Gottkanzler“ derzeit außer Dienst, versteht die Welt ebenfalls nicht. Am 22. Juni twittert er: „Die CDU hat weder ein Steuerkonzept noch ein Rentenkonzept. Weder ein Programm noch eine Vision. Aber sie hat seit heute Plakate. Naja.“

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Naja, die Kritiker mit und ohne SPD-Parteibuch haben in einem Punkt Recht: Angela Merkel, des verstorbenen Altkanzlers einstiges „Mädchen“, führt Wahlkampf nach der Kohl-Methode: „Weiter so, Deutschland.“ Das entspricht nicht dem, was Publizisten und Politologen sich unter einem spannenden Wahlkampf vorstellen, in dem polarisiert wird, dass die Bürger aus dem atemlosen Staunen nicht herauskommen. Doch 93 Tage vor der Wahl scheinen die Wähler anders zu ticken als die Wahlkampfbeobachter. Laut www.pollytix.de/wahltrend sieht der aktuelle Mittelwert aller „Sonntagsfragen“ so aus: CDU/CSU 38,3, SPD 24,2, Linke 9,5, Grüne 7,1 FDP 8,6 und AFD 8 Prozent.

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Wahlkampfweisheit des Tages: Der Köder muss den Wählern schmecken, nicht den Zuschauern beim Stimmen-Fischen.

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Hugo Müller-Voggs Countdown zur Wahl erscheint immer dann, wenn sich an der Wahlkampffront Interessantes tut.

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