Seehofer und Merkel 10: Montag ist D-Day, so oder so

Unschwer vorherzusagen ist eines. Für die Frage des Endspiels um Merkel ist die Runde Seehofer-Merkel nur eine Etappe. Selbst wenn Merkel sie übersteht, ihre Zeit ist vorbei.

© Johannes Eisele/AFP/Getty Images

«Helmut Kohl ist der Kanzler der Einheit, Angela Merkel wird immer mehr zur Kanzlerin der Spaltung», sagte Claus Strunz auf SAT.1. Damit gibt Strunz dem Ausdruck, was immer mehr in Deutschland empfinden, wenn auch nur im vertrautesten Kreise aussprechen, große Teile der bisherigen Wähler der CDU eingeschlossen.

Berthold Kohler, einer der Herausgeber, erklärt für die FAZ dieser Tage unerwartet gegen den Berichterstattungstenor der regierungstreuen Presse:

«Bleiben CSU und Kanzlerin hart, die aus naheliegenden Gründen von ihren Abgeordneten unterstützt wird, dann stehen Unionsgemeinschaft und Koalition vor dem Ende. Wird die CSU das wirklich riskieren – wegen zweier Wochen? Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass Merkel drei Jahre Zeit hatte, sich von einer Politik zu lösen, die falsch war. An nichts aber hat sie sich in ihren vier Kanzlerschaften so geklammert wie an ihre Entscheidungen vom Herbst des Willkommens.»

Was wie ein flehentliches Bitten klingen sollte, kam aus dem allen Polit-Kennern bekannten Trickbaukasten Taktik für Fortgeschrittene:

Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, sagte passgenau bei Maybrit Illner, wie Stephan Paetow zitiert: „Es gibt keine zwei Wochen, weil es seit 3 Jahren nichts Europäisches gibt.“

Was Mayer und Alexander bei Illner klarstellten, belegt, dass es beim sturen Beharren von Merkel gegen Seehofer in Wahrheit um nichts anderes geht als die Weigerung, ihre falsche Politik zu ändern. Don Alphonso sagt es so:

Kohler – ändert die FAZ den Kurs? – bringt den Ausgangspunkt des Konflikts mit Seehofer auf den Punkt:

«Der Streit über die Migrationspolitik entwickelte sich …, wie der frühere italienische Ministerpräsident Prodi sagte, zur „größten Bombe im Uhrwerk Europas“. Die Explosion dieses Pulverfasses bedroht nun auch die Union und damit die Kanzlerschaft Merkels. Die Lunte fing an dem Tag an zu brennen, an dem Seehofer mit dem Amt des Bundesinnenministers betraut wurde. Dass der CSU-Chef ausgerechnet in dieser Funktion alles vergessen würde, was er zuvor zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gesagt hatte, konnte trotz seiner bekannten Beweglichkeit niemand erwarten – schon gar nicht in einem Wahljahr, in dem die CSU meint, am Abgrund zu stehen.»

Frank Lübberding drückt das tweetig kurz so aus:

BILD formulierte gestern abend zur Tagesschauzeit unter dem Titel «Die Kanzlerin sollte umkehren»:

«Am kommenden Montag will Innenminister Horst Seehofer Maßnahmen vorstellen, mit denen an den deutschen Grenzen Asylsuchende in sichere Drittstaaten zurückgeschickt werden sollen.

Die Bundeskanzlerin ist – bisher – strikt dagegen. Wenn Seehofer die Sache durchzieht, muss Merkel ihren Innenminister rauswerfen. Die Regierung wäre damit am Ende …

Bundeskanzlerin Merkel sollte nicht die Stabilität Deutschlands riskieren, um eine Politik durchzusetzen, für die es kaum noch Unterstützung gibt. Die „europäische Lösung“, die sie seit drei Jahren anstrebt, gibt es bis heute nicht. Noch kann sie – auch gesichtswahrend – umkehren.

Es wäre klug, nicht schwach, sich in diesem einen Punkt zu korrigieren. Angela Merkel sollte es tun, bevor es zu spät ist.»

Damit hat BILD eine der drei Optionen genannt, die übrig sind: Merkel gibt nach. Wie sie das ausdrücken würde oder ob gar nicht, wäre egal, solange sie Seehofer freie Hand lässt und seinen sogenannten Masterplan billigt.

Die zweite Option ist, Merkel lenkt nicht ein, Seehofer tut als Innenminister, was er für richtig hält. Dann kann Merkel das immer noch hinnehmen, was die verdeckte Option eins wäre. Oder den Bundespräsidenten ersuchen, Seehofer zu enlassen.

Die dritte Option muss ich nach allem, was ich über die real existierende Politik weiß (in anderen Funktionärswelten geht es genau so zu), nennen, obwohl ich sie beim Stand der Causa Seehofer-Merkel als ganz unwahrscheinlich ausschließe – übrigens mehr wegen Söder als Seehofer. Das ist die Option, die CSU lenkt ein.

Hierhin gehört, dass die Rheinische Post berichtet, die CDU-Spitze hätte Schäuble gebeten, mit der CSU-Spitze zu reden, um eine Kompromisslinie auszuloten. Eine ziemliche Schnapsidee nach der Rolle Schäubles in diesen Tagen, der klar gegen die CSU agierte.

Wie auch immer, gäben Seehofer und CSU nach, kann die CSU den Landtagswahlkampf einstellen und sich zum letzten Landesverband der CDU umfirmieren: einordnen in den Niedergang der Union, der sich dem der SPD nur mit zeitlicher Verzögerung anschlösse.

Am Montag handeln Seehofer, Söder und die CSU – oder sie werden behandelt. Zur Niederlage gäbe es als Draufgabe den Hohn und Spott aller politischen Feinde und der dazu gehörenden Medien.

Bestärken wird Seehofer eine aktuelle Umfrage (es ist ohne Belang, ob die Zahlen stimmen oder nicht, ihre Veröffentlichung wirkt):

«Der aktuelle ARD-Deutschlandtrend zeigt: Die Mehrheit der Deutschen unterstützt den Kurs von Innenminister Horst Seehofer …

Dazu eine Bürgerstimme:

Dass die FDP aus der Situation Honig saugen will, ist legitim und als Test nicht uninteressant, obwohl ich nicht glaube, dass es mehr als eine Fußnote bleiben wird:

Inhaltlich sieht sich Lindner an der Seite von Seehofer:

Verstreicht der Montag ohne eindeutige Entscheidung, verlieren Seehofer, Söder und die CSU das Momentum ganz, das sie schon gestern halb aus der Hand gaben, weil Eisen geschmiedet werden müssen, solange sie heiß sind.

Unschwer vorherzusagen ist eines. Für die Frage des Endspiels um Merkel ist die Runde Seehofer-Merkel nur eine Etappe. Selbst wenn Merkel sie übersteht, ihre Zeit ist vorbei. Strunz sagte in SAT.1: Merkel hat innerhalb kürzester Zeit die EU gespalten, dann trennte sie die CSU von der CDU und nun zerlegt sie auch noch die eigene Partei. Das überlebt sie politisch nicht. Die Lawine rollt.

Seehofer und Merkel: Stunde der Wahrheit

Seehofer und Merkel 2: in der CSU brodelt es

Seehofer und Merkel 3: Morgen bei Kurz in Wien statt bei der Kanzlerin

Seehofer und Merkel 4: Salvini

Seehofer und Merkel 5: Angela mutterseelenallein

Seehofer und Merkel 6: Kurz entschlossen

Seehofer und Merkel 7: „unter der europäischen Decke“

Seehofer und Merkel 8: Nur Eskalation oder Entscheidung?

Seehofer und Merkel 9: Sie schlägt den Aufstand in der CDU nieder, er muss nun allein handeln

Unterstützung
oder

Kommentare ( 187 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

187 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
merkelinfarkt
5 Jahre her

Wird die CSU wirklich erreichen, was die deutsche Wählerschaft zum Bundestag 2107 in Sachen Merkelunfug versäumte? Ich hoffe es, auch wenn mir der Glaube daran noch fehlt.

mielforte
5 Jahre her

nur mal so zum Nachdenken: am 13. August 1961 wurde die Mauer gebaut und die Grenze für die Richtung Ost nach West geschlossen. Die Ossis sollten das Land nicht verlassen und noch mehr schwächen. Also kann doch eine Schließung der Grenze auch eine völlig andere Komponente haben. Rein ja, raus nein.

Eddie
5 Jahre her

Seehofer wird einknicken, seine Revolte war schlecht durchdacht. Wollte er wirklich Migranten an der Grenze abweisen, müsste er unschöne Bilder erwarten, die ausschließlich ihm angelastet würden. Das hält auch die CSU und Söder nicht durch. Deswegen meidet Merkel ja auch die Rückweisung. Linke Aktivisten und Medien werden schon dafür sorgen, dass die Bilder dramatisch werden. Hinter einer EU-Lösung kann man sich gut verstecken, weil man warten muss, ob sie wirkt. Im Zweifelsfall wird sie wieder nicht angewendet. Seehofer hat sich in eine Sackgasse manövriert und letztlich Merkels Position wieder stabilisiert.

Monika Vogel
5 Jahre her

Noch nie lagen die Karten so offen vor uns. Merkels Versagen, ihre Ausflüchte bestätigen alle jene, die in den letzten Jahren stets versucht haben, die Situation ideologiefrei und in ihren richtigen Zusammenhängen zu sehen. Nur ist die CDU, insbes. das Präsidium (Kauder, Altmayer, Karrenberger usw.), in derselben unrühmlichen Lage. Die Partei hat ihre Chefin stets kritiklos hofiert. Z.B. war gestern die Rede des Vorsitzenden der Jungen Union Ziemiak zu hören. Ein willfähriger Vasall seiner Herrin! Helmut Kohl hat wohl in den 90er Jahren nicht die richtige Wahl getroffen, indem er einer machthungrigen ehem. FDJ-Sekretärin für Agit-Prop sein Vertrauen schenkte. Diesen… Mehr

Lara Berger
5 Jahre her

In einer Rede aus dem Jahr 2009 hat Merkel die Grenzöffnung angekündigt: „…koste es was es wolle…“.
Das sind solche Kosten, die von Merkel akzeptiert wurden. Sie wird sie ja nie selbst tragen müssen. Sie hat sich nur schuldig gemacht, denn dies ist ein man-made-Desaster, das sie uns bewußt und absichtlich eingebrockt hat.

Schwabenwilli
5 Jahre her

Nch m.M. ist das Spiel schon gelaufen, für SIE und zwar schon nach der Bildung der GroKo, sie hat die AFD im Bundestag reagieren sehen, dazu Trump und Putin. Das was sie hier noch abliefert sind Rückzugs Gefechte in Erwartung das der politische „Abschuss“ schnell kommen möge um ihr Gesicht zu waren. Deshalb auch das sture Festhalten an ihren Positionen. Es ist eigentlich schon vorbei. Kann man hier wetten wie lange noch?

Robert Polis
5 Jahre her

Vielleicht reiben wir uns am Dienstag doch die Augen, wenn in Berlin eine Kombination Ihrer Optionen eins und drei verkündet wird?
Etwa so: „Nach eingehenden Konsultationen mit den maßgebenden europäischen Staats- und Regierungschefs (Kurz wg. EU -Ratspräsidentschaft ab 01.07, Conte, Macron etc.) schließt sich Deutschland den europäischen Gepflogenheiten bei der Behandlung von Grenzübertritten an.“
Und „alle“ sind’s zufrieden und können Fußball schauen.

Querdenker
5 Jahre her

Die Madame im giftgruen CA Kittel, die neben Trump, Macron, Kurz , Conti und anderen Regierungschefs aussieht wie die putzfrau, die zufaelling ins Gruppenfoto rannte- wird dies nicht ueberleben. Nur eine Frage der Zeit. Je laenger dieses SchmierenTheather noch dauert, je grosser der Schaden fuer unser Land und Europa.

Maskenball
5 Jahre her

„Deutschland Verrecke“ Claudia hat kein Mitleid verdient. Warum gibt sie nicht einfach Ihre deutsche Staasbürgerschaft auf und genießt ihren Lebensabend in der Türkei. Kinder hat sie auch keine, also was verbindet sie Eigentlich noch mit Deutschland?

Maskenball
5 Jahre her

Das Sie diese Frage überhaupt noch stellen, zeigt mir, daß Sie immer noch nicht wahr haben wollen was hier gerade passiert, und sich der Realität vollkommen verweigern. Man muss keine Fragen mehr stellen auf die man sowieso nie Antworten erhalten wird, man muss jetzt endlich handeln, jeder an seinem Platz und die Gründe für derartige Fragen endlich beseitigen.