Schatzinsel Deutschland für somalische Piraten und Kidnapper

Ein Offenbarungseid der Institutionen, die mittellos erscheinen, wenn es um Sanktionen und konsequentes Handeln geht.

© ANGELIKA WARMUTH/AFP/Getty Images

Die Welt sprach 2012 aufgeregt vom „ersten Piratenprozess seit dem Mittelalter“, als somalische Piraten vor einem deutschen Gericht standen, weil sie den Hamburger Frachter „Taipan“ 530 Seemeilen vor der Küste Somalias geentert hatten, dann überwältigt und nach Deutschland überstellt wurden: „Mit ihren Skiff-Booten waren sie aus dem Nichts gekommen und feuerten mit ihren Sturmgewehren auf die Brücke. Die Crew rettete sich in einen Sicherheitsraum und sendete ein Notsignal, das die Niederländer, die sich zum Glück in der Nähe aufhielten, auf den Plan rief. Die Elitesoldaten verhinderten ein noch schwereres Verbrechen.“

Nun wird dieser erste neue Fall von Piraterie in Deutschland nicht mehr nach mittelalterlichem Gesetz bestraft. Kein Somalier musste den Störtebeker geben und kopflos an seinen Kameraden vorbei laufen, um diese vor dem Scharfrichter zu retten. Aber was das Hamburger Gericht und die Stadt Hamburg rund um diese Piraten mit Kalaschnikows, Shorts und Badelatschen unter Justiz und weiteren Vorgehensweisen verstehen, kann man durchaus kopflos nennen: Ein Offenbarungseid der Institutionen, die mittellos erscheinen, wenn es um Sanktionen und konsequentes Handeln geht.

— WELT Politik (@WELT_Politik) April 10, 2018

Fünf der zehn verurteilten somalischen Piraten leben heute in Hamburg auf freiem Fuß. Sie kassieren selbstverständlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zwei von ihnen wohnen in öffentlichen Unterkünften, drei in Privatwohnungen. Warum noch? Weil sie nach Haftverbüßung einfach ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen. Für vier der zehn verurteilten Piraten war die Rückkehr nach Somalia indes kein Problem, ein weiterer entschied sich sogar für eine Reise nach Schweden. Ob mit oder ohne Ausreiseprämie war bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Erfahrung zu bringen. Und warum überhaupt Asyl? Weil ein Antrag gestellt und tatsächlich angenommen wurde?

Für die noch in Hamburg lebenden, aus der Haft entlassenen fünf Personen wurden im Moment der Haftentlassung Ausweisungsverfügungen wirksam. Eine allerdings wurde bereits durch einen gerichtlichen Vergleich aufgehoben, ein weiteres Verfahren zur Aufhebung ist noch in der Schwebe. Begründung für diese beiden Aufhebungsverfahren: „Schützenswerte Beziehungen zu bleibeberechtigten Familienmitgliedern.“ Das deutsche Recht kapituliert? Die Schwarzafrikaner dürfen übrigens auch deshalb nach Verbüßung ihrer Strafen an der Elbe verweilen, weil sie ohne Pass aufgegriffen wurden und die somalische Botschaft in Deutschland einfach keine ausstellen mag.

Ein Sprecher des Hamburger Einwohner-Zentralamts erklärte gegenüber der Welt zudem, dass selbst, wenn man sie ernsthaft abschieben wollte, „es keine für Rückführungen geeigneten Flugverbindungen nach Somalia“ gäbe.

Und wer nicht fliegt, der bleibt eben hier.

Einer der Piraten soll möglicherweise bereits einen Schulabschluss nachgeholt haben. Nachgeholt? Im Gefängnis? Die Welt wollte noch wissen, ob denn in Freiheit neue Straftaten dazu gekommen wären. Politisch korrekt ist so eine Frage wohl nicht. Aber der Senat antwortet gerne: Aktuelle Auskünfte aus dem Bundeszentralregister seien nicht verfügbar.

Derweil fordert die Hamburger Piratenpartei auf ihrer Website ein sofortiges Fahrverbot für Umweltverpester: „Die Piratenpartei Hamburg fordert die unverzügliche Einrichtung einer Umweltzone für das gesamte Gebiet innerhalb des Ringes 2 und innerhalb des dichtbesiedelten Gebietes von Harburg.“ Na klar, hier besteht eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr für die Bürger Hamburgs. Und da muss man schon Prioritäten setzen beim Klabautermann.

Unterstützung
oder