Rentenpolitische Traumtänzer

Die SPD verspricht etwas, was nicht zu finanzieren ist. Und die CDU/CSU sagt gar nichts, weil sie das Richtige den Wählern nicht zumuten will. Bei der Rente wird halt viel gesprochen und wenig gesagt.

Die SPD hat ein Rentenkonzept – aber das reicht nur bis 2030. Die CDU/CSU will nach gewonnener Wahl eine Kommission ausarbeiten lassen, wie sich unser Rentensystem trotz längerer Lebenserwartung der Rentner und abnehmender Zahl von Erwerbstätigen aufrecht erhalten lässt. Was also nach 2030 passieren soll, wenn zwei Erwerbstätige einen Rentner finanzieren müssen, lassen beide große Parteien offen. Da träumen sich alle die Rentenwelt schön: Wird schon irgendwie gehen.

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Da ist Die Linke mit Versprechungen für die aktuellen und angehenden Rentner großzügiger: Ein Rentenniveau von 53 Prozent und die Rückführung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre hat sonst niemand im Angebot. Wobei einer Partei, die nicht einmal selbst weiß, ob sie eigentlich regieren will, vollmundige Versprechungen leicht fallen.

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Die SPD ist auch nicht kleinlich: Das Rentenniveau soll nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitragssatz nicht über 22 Prozent steigen. Das dadurch entstehende Loch in der Rentenkasse soll der Steuerzahler füllen. Mit anderen Worten: Weil der Beitragssatz nicht steigen darf, steigt die Steuerlast derselben Beitragszahler. Aber das soll ohnehin nur bis 2030 gelten. Was dann kommt, weiß nicht einmal Andrea Nahles.

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Die Freien Demokraten fallen durch einen originellen Vorschlag auf: Jeder soll ab 60 entscheiden können, wann er in den Ruhestand geht – ob mit 63, 67 oder 70. Für das System spricht eine gewisse Logik: Wer früher in Rente geht, bekommt weniger, wer länger arbeitet, mehr. Das aber scheint speziell auf die überdurchschnittlich verdienende FDP-Klientel zugeschnitten zu sein. Für die Bezieher kleiner Einkommen und Renten steht diese Wahlfreiheit nur auf dem Papier.

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Die Frage des Renteneintrittsalters wird aber in unserer alternden Gesellschaft zur Schlüsselfrage: Wenn die Menschen älter werden, bekommen sie auch länger ihre Rente. Deshalb war die Entscheidung der Regierung Merkel/Müntefering im Jahr 2007 richtig, das Renteneintrittsalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre zu erhöhen. Dass es dazu kam, war mehr oder weniger Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) zu verdanken. Das scheint in der SPD heute kaum noch jemand zu wissen.

Das Ziel „Rente mit 67“ wird übrigens erst in 13 Jahren erreicht sein – im Jahr 2030. Da aber die Lebenserwartung weiter steigt, stellt sich die Frage einer weiteren, schrittweisen Verschiebung des Renteneintrittsalters neu. Wenn sich nämlich nichts ändert, wird der 67-jährige Rentner im Jahr 2045 27 Jahre lang Rente beziehen, während die durchschnittliche Rentenbezugszeit heute bei 20 Jahren liegt.

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Die SPD hat sich in ihrem Wahlprogramm festgelegt: „keine Anhebung der jetzigen Regelaltersgrenze.“ Obwohl auch die Genossen wissen, dass sich dieses Versprechen gar nicht einhalten lässt. Die CDU äußert sich dazu gar nicht, obwohl diejenigen in ihren Reihen, die von Rentensystem und Mathematik etwas verstehen, längst für einen Rentenbezug ab 70 plädieren – weil aber Wahlkampf ist, nur hinter vorgehaltener Hand. Dass jede Erhöhung des Renteneintrittsalters mit einer Verbesserung der Erwerbsminderungsrente einhergehen muss, versteht sich von selbst. Denn nicht alle sind mit fortschreitendem Alter noch gleich leistungsfähig.

Die Ausgangslage ist also so: Die SPD verspricht etwas, was nicht zu finanzieren ist. Und die CDU/CSU sagt gar nichts, weil sie das Richtige den Wählern nicht zumuten will. Bei der Rente wird halt viel gesprochen und wenig gesagt.

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Wahlkampfweisheit zum Tage: „Nie sollst du mich befragen, noch Wissens Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt, noch wie mein Nam’ und Art!“ (Rentenpolitik frei nach Lohengrin).

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Kommentare ( 12 )

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Werner Brunner
6 Jahre her

Ich weiß ja nicht , wie es ihnen allen “ da draußen “ geht …. , aber so langsam reicht es . Wie lange wollen wir diese Luschen in der Politik , die glauben , uns regieren zu sollen , noch gewähren lassen ? Es ist doch für alle sichtbar , diese Leute können oder wollen es nicht . Es muss so sein , denn die Liste der Dinge , die sie in den Sand gesetzt haben , die Liste des Unvermögens , der Verlotterung , der Gesetzesbrüche ist ellenlang ! Man / frau mag sie schon gar nicht mehr… Mehr

Reimund Gretz
6 Jahre her

Hier der richtige Link: 700 Milliarden Beitragsgelder der Rentenversicherung zweckentfremdet:
http://www.adg-ev.de/index.php/publikationen/publikationen-altersvorsorge/1387-versicherungsfremde-leistungen-2015?showall=1

Reimund Gretz
6 Jahre her

Wann hört ihr auf mit diesem Ammenmärchen höhere Lebenserwartung und berichtet über die Milliarden die der Kasse systemfremd entwendet wurden. Hier der Link dazu: https://www.facebook.com/aufraeumer2015/photos/a.1479747735668542.1073741828.1479290665714249/1703063113337002/?type=3

Römer
6 Jahre her

Die „anderen Konzepte“ kommen von der AfD….
NICHT Herr Müller Vogg… 😉

Die Zahnfee
6 Jahre her

Warum wird die Lohnsteuer nicht bis zu einer gewissen Gehaltshöhe gesenkt
und dieses zusätzliche Geld für den Arbeitnehmer direkt seinem
Rentenkonto gutgeschrieben? Ehe Steuern für Unsinniges vergeudet werden,
macht es mehr Sinn, die hart Arbeitenden vor einer Hungerrente zu bewahren.

Dieter Rose
6 Jahre her

„Die Renten sind sicher“ –
ich füge hinzu,
sicherer als je zuvor,
denn es kommen so viele Menschen ins Land
die sie uns eratbeiten werden.
im übrigen:
„Wir schaffen das.“
(auch wenn die Dame ihrem Ehemann
nicht mal das Jackett richtig zuknöpfen kann.)

Pessimist
6 Jahre her

Ich weiss nicht, warum auch Personen bei denen ich davon ausgehe, das Sie mit Verstand gesegnet sind, z. B. Autoren von Tichys Einblick, diesen Unsinn mit der höheren Lebenserwartung nachplappern. Der Mensch von heute unterscheidet sich in nichts vom Menschen des Altertums oder des Mittelalters. Unsere maximale biologische Spanne ist identisch. Wir reden hier also über eine gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung, die allein sehr guten Lebensbedingungen und einer modernen Medizin zu verdanken ist. Beides ist gebunden an einen funktionierenden Staat. Deutschland allerdings ist erledigt, wer das noch nicht kapiert hat, dem ist nicht mehr zu helfen. Diese ganzen Kulturbereicherer werden in… Mehr

Jedediah
6 Jahre her
Antworten an  Pessimist

Sehr leicht zu sehen. Muss ich mir nur mein Krankenhaus ansehen. Die Belagerung durch „bunte“ Clanfamilien steigt stetig, ein Kind kriegen nach dem anderen. Und ich geh einfach mal ganz reeechts davon aus, dass deren Leistungsentnahme nicht im mindesten durch Einzahlung aus qualifizierter Arbeit, zB syrische Gehirnchirurgie gedeckt ist. Das Gesundheitssystem kann also gar nicht auf dem Niveau weiter funktionieren, ergo wird die Lebenserwartung der schon länger hier Lebenden absinken.

Reimund Gretz
6 Jahre her
Antworten an  Pessimist
ZurückzurVernunft
6 Jahre her

„Die Wahrheit über die Renten würde einen Teil der Bevölkerung verunsichern“

Daniela Gmeiner
6 Jahre her

Danke Herr Müller-Vogg.
Mathematik, besser noch kaufmännisches Denken und Rechnen gehört nicht
zur Stärke der Altparteien.
Denn alleine die aktuellen Zahlen über diejenigen, die noch nicht so lange hier leben, aber in Hartz 4, illegal eingewandert sind, zeigen, dass, das „humanitäre Abenteuer“ der Bundeskanzlerin, nicht finanzierbar ist.
Wenn die links-grüne Minderheit mit der Regierungspolitik, jetzt auch noch die
Automobilindustrie (Verbrennungsmotoren) abschaffen will, alle Anzeichen sprechen dafür, ist der „Kollaps“ vorprogrammiert. Und dann will es keiner
gewesen sein. Drum steht meine Wahlentscheidung fest.

Hartwig Meier
6 Jahre her

Wie immer, Herr Müller Vogg, sie ignorieren andere Konzepte konsequent, weil sie von der AFD kommen. Ist ihnen das nicht etwas peinlich?
Österreich und die Schweiz haben kein Problem mit der Rente…und genau so einen weg will die AFD auch gehen.
Aber das passt den Profiteuren dieses Systems natürlich nicht…
Aber bei TE erwarte ich eigentlich mehr Kompetenz…