Tichys Einblick

Verschobener Film über Knabe-Sturz: RBB sendet jetzt doch

Eine Dokumentation über die Entfernung des Stasi-Aufklärers kippte der Sender im September – weil der Film-Autor angeblich unjournalistischen „Aktivismus“ betrieben hätte. Davon ist mittlerweile keine Rede mehr.

IMAGO / epd

Die eigentlich für den 1. September 2021 geplante Ausstrahlung der Dokumentation „Sondervorgang MeeToo“ über den Sturz des Berliner Stasi-Gedenkstättenleiters Hubertus Knabe holt der Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) heute um 22.15 nach –  mit fast zwei Monaten Verspätung. TE berichtete. Der Film von Maurice Philip Remy war damals kurz vor dem Sendetermin mit einem bemerkenswerten Vorwurf des Senders gegen den Autor gekippt worden: Remy, so der RBB nach dem Tipp eines Hinweisgebers, habe nach der Absetzung Knabes im privaten Facebook-Kreis für einen Aufruf geworben, für die gerichtliche Auseinandersetzung zu spenden, mit denen sich Knabe gegen seine Entlassung zu wehren versuchte. 

„Aus Sicht des RBB muss die aktive Rolle von Remy in der Diskussion um den Fall Knabe im Film transparent werden“, hieß es damals von Seiten des Sender-Sprechers: „Deshalb verschiebt sich die für Mittwoch geplante Ausstrahlung im RBB Fernsehen auf den 27. Oktober.“ Zwar sei dem Sender klar gewesen,dass Remy der Entlassung Knabes eher kritisch gegenübersteht.“ Aber: „Für den RBB war allerdings zunächst nicht ersichtlich, dass er sich vor allem vor der Auftragsvergabe aktiv bei Facebook an der Diskussion beteiligt hat, etwa indem er einen Spendenaufruf für die Gerichtskosten von Knabe geteilt hat. Nachdem uns der Autor dies bestätigt hat, halten wir es für unabdingbar, dass auch dieses Engagement im Film transparent wird.“

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Nun strahlt der RBB den Film selbst unverändert aus, und thematisiert in einem Vorspann nur dessen Verschiebung. In „Sondervorgang MeeToo“ rekonstruiert Remy, wie der Leiter der Berliner Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe mit dem Vorwurf des so genannten „strukturellen Sexismus“ aus dem Amt geräumt wurde. Knabes Entlassung 2018 trieben zwei Politiker voran: der Berliner Kultursenator Klaus Lederer und Angela Merkels Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Lederer trat für die Linkspartei zur Berliner Abgeordnetenhauswahl am 26. September als Spitzenkandidat an. 

Gegen Knabe selbst gab es nie Sexismus- oder gar Belästigungsvorwürfe. Ihm wurde vorgehalten, er habe übergriffiges Verhalten seines Stellvertreters nicht rechtzeitig unterbunden. In Wirklichkeit suspendierte Knabe seinen Vize damals; die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass es sich nicht um strafrechtlich relevante Vorgänge handelte.

Auf Anfrage von TE bestätigte RBB-Unternehmenssprecher Justus Demmer die Ausstrahlung des Films in der unveränderten Fassung: 

„Unser Anliegen war es, das weitreichende persönliche Engagement von Herrn Remy für das Publikum transparent zu machen, das wird durch den Prolog gewährleistet. Eine andere Frage war“, so Demmer, “ob seine Aktivitäten im Fall Knabe eine Ausstrahlung des Films unmöglich machen: Das haben wir verneint.“

TE hatte auch gefragt, ob die ARD-Anstalt die Rolle ihres Reporters Olaf Sundermeyer heute kritisch bewertet. Sundermeyer trug mit seinen Beiträgen über den vorgeblichen „strukturellen Sexismus“ in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen wesentlich zum Sturz Knabes bei. Der Journalist hatte zum anderen auch einen Beitrag für eine Publikation der „Amadeu Antonio Stiftung“ geschrieben, deren Geschäftsführer schon sehr frühzeitig – bevor überhaupt Sexismus-Vorwürfe öffentlich wurden – bei dem Berliner Senat gegen Knabe interveniert, und ihm Vorwarf, seine Kompetenzen zu überschreiten. Anlass war ein Gutachten Knabes über die Stasi-Tätigkeit der Stiftungsgründerin Anetta Kahane. 

Die Verbindung Sundermeyers zu der Stiftung war den Zuschauern damals nicht transparent gemacht worden. Laut Sender-Sprecher soll sie auch nachträglich kein Thema sein. 

„Herr Remy hat durch seinen Spendenaufruf in den Vorgang, über den er später einen Film drehte, aktiv eingegriffen“, so Demmer – obwohl der Spendenaufruf erst nach Knabes Entlassung veröffentlicht wurde. Sundermeyers Kontakt zu der Amadeu Antonio Stiftung vor Knabes Sturz sei dagegen „normale redaktionelle Arbeit“ gewesen.

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