NGOs und Schleuser im Mittelmeer ll

Viele Leser haben uns zum Bericht über NGO-Schiffe vor der libyschen Küste wertvolle Ergänzungen zugesandt, über die sozialen Medien oder gleich direkt kommentiert.

© Dan Kitwood/Getty Images
Members of MOAS, Migrant Offshore Aid Station search for boats carrying refugees on November 21, 2016 in Pozzollo Italy
Viele Leser haben uns zum Bericht über NGO-Schiffe vor der libyschen Küste wertvolle Ergänzungen zugesandt, über die sozialen Medien oder gleich direkt kommentiert. Via Twitter kam vom User EthicalFuture eine Ergänzung, die wir gerne gleich direkt dem Text angefügt haben. Und es gab weitere interessante Kommentare, aber vorab kurz der aktuelle Lagebericht mit Blick auf vesselfinder.com.

Die Sea-Eye beispielsweise bewegte sich gestern 22:42 Uhr und heute früh 03:21 Uhr Uhr ca. 15 Kilometer auf die libysche Küste zu und befand sich heute früh um 5:16 Uhr ca. 7 Kilometer außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer. Die Sea-Watch 2 und die Golfo Azzurro liegen seit gestern im Hafen von Malta (Valetta). Die Golfo Azzurro ursprünglich an einem anderen Anleger festgemacht, wechselte gestern Mittag hinüber zur Sea-Watch. In Sichtweite auch die Seefuchs, ein über 60 Jahre alter deutscher Fischkutter, der ebenfalls im Dienst der NGO Sea-Eye steht. Die Open Arms fährt aktuell Richtung Malta, nachdem sie gestern zwischen 11:39 Uhr und 21 Uhr entlang der libyschen Hoheitsgewässer parallel zur Küste zwischen Zuwarah und Ras Ajdir fuhr. Gemessen am Aufkommen der NGO-Schiffe, scheint die Gegend um Zuwarah eines der Hot Spots für die Abfahrten der Schlauchboote zu sein. 40 Kilometer vor der Open Arms befindet sich die Aquarius, die sich am Vortag das Gebiet zwischen Zuwarah und Tripolis vorgenommen hatte. Beide Schiffe scheinen Passagiere aufgenommen zu haben. Die Aquarius wohl zwischen 18 und 20 Uhr, wenn man über die „Track“-Funktion einen längeren Aufenthalt etwa fünf Kilometer außerhalb der Hoheitsgewässer in etwa Höhe Zuwarah so deuten will. In beiden Fällen wäre es interessant in den nächsten Stunden zu schauen, wo die Reise hingeht. Nur wenige Kilometer Steuerbord zur Aquarius befindet sich die Vos Hestia, die gestern zwischen 07:30 Uhr und 11 Uhr mehre Kilometer in libysche Gewässer fuhr, sich dort noch bis 18 Uhr bewegte um dann schließlich abzudrehen. Die Vos Prudence hat offensichtlich Passagiere aufgenommen, denn sie nimmt direkten Kurs auf Lampedusa. Auch sie fuhr gestern mehrfach in libysche Hoheitsgewässer.

Migranten vesselfinder
NGOs und Schleuser im Mittelmeer
Leser Hartwig Meier berichtet von einem Kapitän, der mehrfach aufgefordert wurde, in die 12-Meilen-Zone einzufahren. Leserin „Charlotte“ hat in ihrem Kommentar Informationen zusammengetragen zu den Ermittlungen der italienischen Justiz gegen die NGOs und die angebliche Weigerung dreier deutscher NGOs, den Behörden etwas über die Finanzierung ihrer Mission zu berichten. Leser „Wolleus“ sieht keinen Seenotfall bei den Betroffenen. Das allerdings mag angesichts der maroden Gummiboote zweifelhaft sein. Zwar begeben sich die Menschen selbst in Seenot, aber das macht am Ende wohl keinen Unterschied den Notstand betreffend. „Sonnenschein“ ergänzt um den Link www.marinetraffic.com, der ähnlich interessante Möglichkeiten bietet, wie auch vesselfinder. Danke an alle Kommentatoren.

Den Kommentar von Michel Reike, der ebenfalls auf www.marinetraffic.com hinweist, wollen wir hier noch einmal in voller Länge abbilden:

Die AIS-Tracking-Services kann man sehr komfortabel nutzen, wenn man sich z.B. bei marinetraffic.com[http://disq.us/url?url=http%3A%2F%2Fmarinetraffic.com%3A3fMPBGeLj64jwVnjFlEoVSq6-3A&cuid=4577441] registriert und dort eine „eigene“ Flotte anlegt. Dann werden Sie sogar per e-mail über Abfahrten und Ankünfte „Ihrer“ Flotte informiert. Ich habe das einige Wochen laufen lassen und ein sehr klares Bild der Bewegungen der fünf Schiffe in „meiner“ Flotte bekommen.
1. Ausgangspunkt der Missionen ist meistens Valletta auf Malta.
2. Die Schiffe kreuzen nach der Anreise von Malta häufig in einer sehr kleinen Zone vor der libyschen Küste, die etwas außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer liegt. Das Verhalten der Schiffe ist dabei recht gut vorherzusehen und die Schiffe können jeden Ort innerhalb dieser Zone sehr schnell erreichen.
3. Nachdem die Flüchtlinge an Bord genommen wurden, übergeben die kleineren Schiffe sie häufig an ein größeres Schiff, das unter italienischer Flagge fährt.
4. Die Flüchtlinge werden in verschiedene italienische Häfen gebracht. Meist ist Sizilien das Ziel, seltener Kalabrien. In der von mir beobachteten Zeitspanne wurden nicht einmal Flüchtlinge in Valetta an Land gebracht, obwohl Valetta in allen Fällen deutlich näher als die italienischen Häfen lag.
Dieses klare Muster ist so eindeutig erkennbar, dass Schlepper überhaupt keinen direkten Kontakt zu den Rettern und auch keinen Sichtkontakt zu den Rettungsschiffen brauchen, um die Vorteile für sich zu nutzen. Ich persönlich glaube übrigens nicht an eine Zusammenarbeit der Retter mit Schleppern, da die Motive der Retter mE tatsächlich ehrenhaft sind. Da die Schlepper aber die genannten AIS-Tracking-Services ebenfalls nutzen können, wissen sie sehr genau, wo sie die Boote hinschicken können, damit die Chance auf Übernahme durch die Rettungsschiffe möglichst hoch ist. Sie müssen ihre Boote nur kurz nach Eintreffen der Retter in die SAR-Zone schicken. Trotzdem bleibt es ein riskantes und trauriges Spiel mit dem Leben der Flüchtlinge. Die Retter handeln sicher mehrheitlich aus ehrenhaften Motiven, ihre Rettungsmaßnahmen gehören aber, wenn auch unfreiwillig, zum Kalkül der Schlepper. Sie sind gefangen in einer geradezu klassischen Situation, wie man sie aus den griechischen Tragödien kennt.

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Kommentare ( 32 )

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Michael Sander
6 Jahre her

Genauso ist es. Das Retten ist natürlich ein wichtiger Nebeneffekt, denn nur dadurch erhält das Ganze Legitimität. Das Hauptziel besteht jedoch darin, die Leute nach Europa zu schleppen.

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her

Ich stimme Ihnen in allen Punkten zu. Ich glaube aber, dass derartige Taten bei organisierten Verbrechern denkbar sind und das außerdem Teile der linksalternativen Szene dem nachgeben würden.

Michel Rieke
6 Jahre her

Auch der 14. Juli 2017 zeigt ein vertrautes Bild „meiner kleinen NGO-Flotte“. Die zwei größeren Schiffe sind in italienische Häfen eingelaufen, ein kleines Schiff liegt in Valletta und zwei kleinere Schiffe kreuzen am Rande der libyschen Hoheitsgewässer vor Zuwara.

Fritz Goergen
6 Jahre her

Frau Deutsch, sorry, kein Moderator bei TE hat die Zeit, halbstündige Videos anzusehen.

Michel Rieke
6 Jahre her

Vernünftiger Vorschlag. Ich habe nie behauptet, dass die tragische Situation nicht von den NGOs selbst mitverursacht wurde. Aus ehrenhaften Motiven folgt leider nicht immer auch ehrenhaftes Handeln.

nachgefragt
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Wallasch, auch ein überladenes Boot ist nach meiner Meinung erst dann in Seenot, wenn es manövrierunfähig ist oder sinkt. Es sind schon zahlreiche Boote mit Migranten aus eigener Kraft in Lampedusa angekommen. Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Es ist ja nicht so, dass die Migranten nur von der libyschen Küste abgeholt werden, sondern es wird ihnen auch die beschwerliche Fahrt erspart, sich mit Proviant und Wasser einzudecken, das Wetter einzuplanen, Navigationskenntnisse mitzubringen. Solange ein Boot also fahrtüchtig ist, kann man in Reichweite mitschippern, muss aus diesem Irrsinn aber eben keine kostenlose… Mehr

Berggrün
6 Jahre her

Herr Wallasch, ein Grundsatz jedes guten Kommissars und Journalisten ist „Follow the money“ Hier liegt der Schlüssel der aktuellen Migrationskrise. Es ist bekannt, daß die N’Dragheta und die Camorra längst massiv in die Migrationsindustrie investieren, weil sie anders als Drogen oder Prostitution vom Staat nicht nur geduldet, sondern erwünscht wird (denken Sie an Renzis Versuch, Armutsmigration als „positiv“ ins Abschlußkommunique des G7-Treffen auf Sizilien zu setzen) und Gelder dementsprechend erst gar nicht vom kriminellen in den legalen Kreislauf gebracht werden müssen. Es sollte mich wundern, wenn die italienische OK nicht schon längst Vertreter in Nordafrika hat. Natürlich gibt es auch… Mehr

HerrschendeLeere
6 Jahre her

Sehr aufschlussreich der Kommentar von Herrn Reike, was Ursache und Wirkung betrifft.
Die Schlepperboote fahren also dann los, wenn Retter da sind, und in deren Richtung. Das heißt, wer die illegalen Überfahrten reduzieren will, muss bei den sogenannten Rettern ansetzen und auch deren Finanzierungsströme trockenlegen.
Wenn auch die Schiffsbesatzungen der NGO-Rettungsschiffe edle und uneigennützige Motive haben sollten, bei deren Hintermännern und Finanziers bin ich mir nicht so sicher.
Was jeder gegen den „NGO-Wahnsinn“ (Zitat Sebastian Kurz) tun kann: Spenden für die Seemission der Identitären, damit die ordentlich dazwischenfunken können.

nachgefragt
6 Jahre her
Antworten an  HerrschendeLeere

Trockenlegen ist ein gutes Stichwort. Es würde schon reichen, bei den genannten Schiffen ein Betankungsverbot einzuführen. Möglicherweise würden die das dann illegal umgehen. Aber das würde die Kosten immens in die Höhe treiben.

Ivan De Grisogono
6 Jahre her

Herr Wallasch, gibt es darüber rechtskräftige, internationale Gerichtsurteile? Auch Piraten können Seenot simulieren etc.
Wird bei jeder Rettungsaktion durch einen Gericht festgestellt, dass es sich um Seenot handelte? Oder entstand Seenot erst nachdem ein „Retter“ in der Umgebung identifiziert wurde und auf Befehl des „Kapitäns“?

Int’l Seerecht ist eindeutig! Hier wird Schwindel aus politischen und ideologischen Gründen betrieben!

Reinhard Peda
6 Jahre her
Antworten an  Ivan De Grisogono

Zur Ergänzung zu Ihrem Kommentar:

Dazu gehört auch, den nächtsmöglichen Hafen anzulaufen? Aber das ist leider auch wieder ein falsches Verständnis vom Seerecht:

http://www.mare.de/index.php?article_id=2375&setCookie=1

Wenn Europa aus humanitären Gründen das Einlaufen dieser Schiffe erlaubt, sollte im Gegenzug durch diese Form der Einreise, ein reguläres Verfahren zum Asyslantrag, ausgeschlossen sein! Regiestrieren und sichere Überführung ins Heimatland der „Flüchtenden“, sehe ich hier, als humanitärste Lösung des Problems an.

Werner Brunner
6 Jahre her

Ich möchte gerne einen Aspekt vorbringen , der meines Erachtens bis jetzt nahezu keine Beachtung gefunden hat ….. Es wird ja nicht gerne gehört bzw. gelesen , aber ich will keine Migranten in “ meinem “ Land , jedenfalls keine solchen , die direkt in unsere Sozialversicherungssysteme einwandern …. Kein Mensch , den ich kenne , hat sie meines Wissens gebeten , zu uns zu kommen . Ich fühle mich durch diese “ Retter “ und “ Gutmenschen “ missbraucht moralisch vergewaltigt und ausgenutzt , denn u.a. auch durch meine Steuergelder werden diese Menschen versorgt . Zudem wurde ich auch… Mehr