Neue Rekordpreise für Strom

Die vergangenen Tage zeigten den Irrsinn vollends wieder: Viel Wind, sehr niedrige Preise für Strom an der Börse, doch dramatisch hohe Strompreise für Stromverbraucher – Deutschland hat Energiewende.

imago Images
Es war verhältnismäßig windig, Windräder lieferten viel Strom, ebenso wie Photovoltaikanlagen. Deutschland musste sogar Strom exportieren. Allerdings nur für ein paar Stunden und häufig nur dann, wenn dem Abnehmer noch ein paar Millionen dafür bezahlt werden, damit er den Strom abnimmt.

Denn mittlerweile gehört ein neues Verständnis zum Begriff »Deutschland als Exportland«. Wurde bisher darunter verstanden, dass mit Exporten Geld verdient werden soll, so gehört heute oft eine gute Mitgift zum Exportgut dazu. Sonst nimmt niemand die Ware ab, in diesem Fall den Strom. Die kann nicht gespeichert werden, sondern muss genau in dem Augenblick erzeugt werden, wenn sie gebraucht wird. Ein auch ohne Energiewende bereits sehr schwieriges Spiel mit vielen Regelkreisen, die im Sekundentakt austariert werden müssen. Abends dreht sich das Spiel um: Deutschland muss oft Strom importieren, dafür wiederum bezahlen und die Nachbarländer erfreuen.

Je mehr Wind- und Sonnenstrom also – desto teurer wird es für den Verbraucher. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die Erfolgsmeldungen über den vermeintlichen Siegeszug der »Erneuerbaren« werden immer mehr. So bejubelt jetzt das Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE neue Rekorde der sogenannten »erneuerbaren Energien«. Das hat gerade Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung für das erste Halbjahr 2020 vorgestellt. Danach lag deren Anteil bei 55,8 Prozent an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromerzeugung – also dem Strommix, der aus der Steckdose kommt.

Im Februar sind es sogar 61,8 Prozent gewesen. Solar- und Windenergieanlagen speisten gemeinsam 102,9 Terawattstunden (TWh) in das öffentliche Netz ein, gegenüber 92,3 TWh im ersten Halbjahr 2019. Die Stromproduktion aus Kohle ging dagegen stark zurück: Der Anteil der Braunkohle sank auf 13,7 Prozent, Steinkohle kommt nur noch auf 6 Prozent. Die Windenergie war mit einem Anteil von 30,6 Prozent erneut stärkste Energiequelle. Der Verbraucher hat eher weniger Grund zum Jubel. Denn für ihn bedeuten diese Rekorde nur immer höher steigende Strompreise.

Die Fachleute des Fraunhofer-Institutes fügen nicht hinzu, dass solche Summenangaben sinnlos sind, zumindest solange Verbraucher in Zeiten der Flaute und nachts nicht auf Kochen oder Heizen zum Beispiel verzichten, wenn kein Strom aus »Erneuerbaren« produziert werden kann. Dann muss der Strom von konventionellen Kraftwerken geliefert werden. Darin besteht gerade der große Fortschritt der Energieerzeugung mit Hilfe von großen Kraftwerken, dass Energie dann zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird, und nicht, wenn sie gerade geliefert werden kann.

Wacklige Windräder und Photovoltaikanlagen können kein Industrieland dann mit Strom versorgen, wenn er gebraucht wird. Manchmal gibt es zu viel Strom wie gerade in den vergangenen Tagen, ohne dass der Bedarf vorhanden ist. Der hellblaue Bereich in der Grafik zeigt es an. Liefern Wind und Sonne zu wenig Strom, müssen konventionelle Kraftwerke einspringen und bald vollständig Kraftwerke im Auslande, wenn hierzulande Kohle- und Kernkraftwerke abgeschaltet sein sollten.

Grafik: https://www.agora-energiewende.de

Die konventionellen Kraftwerke mussten zurückgefahren werden, kosten aber dennoch weiterhin Geld. Die Betreiber der Übertragungsnetze wussten teilweise nicht mehr, wohin mit dem vielen Windstrom. Gespeichert werden kann er nicht. Technologien zur Energiespeicherung in großen Mengen sind nicht in Sicht. Die gerade von der Bundesregierung ins Feld geworfene neue Wasserstofftechnologie ist ein weiteres grünes Märchen.

Doch Windstromer und Betreiber von Photovoltaikanlagen bekommen einen festen Preis für den Strom, den Windrad oder Photozellenanlage liefern. Unabhängig davon, ob der Strom gerade gefragt ist oder nicht. Die Differenz muss der Stromkunde bezahlen. Das ist die paradoxe Konstruktion des EEG-Gesetzes. Doch ohne diese Konstruktion würde kein Vernünftiger auf die Idee kommen, Windräder in die Landschaft zu pflastern oder Photovoltaik-Anlagen aufs Dach zu montieren. Die rechnen sich nicht – zumindest nicht bei normalen Bedingungen.

Das Prinzip: Billig den Strom nach Österreich oder in die Schweiz schicken, dort die Wasserspeicher füllen und am Abend, wenn er in Deutschland wieder gebraucht wird, teuer zurückkaufen. Ein merkwürdiges Geschäftsprinzip des energiegewendeten Deutschlands. Man darf dies nur nicht dem deutschen Stromkunden erzählen. Der zahlt gern, wenn ihm weisgemacht wird, es ist für einen guten Zweck. In diesem Fall für die Rettung der Welt vor der Klimakatastrophe.

Weil schwarze und grüne Politik noch höhere Preise scheuen wie der Teufel das Weihwasser, sollen demnächst die Preise für die Kilowattstunde Strom herabgesetzt werden. Die Differenz wird einfach aus dem Steuersäckel bezahlt. So merkts der Kunde nicht sofort, wie teuer ihn die »erneuerbaren Energien« kommen.

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Kommentare ( 47 )

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47 Comments
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Donostia
3 Jahre her

Ich zitiere sie Herr Douglas:
Deutschland als Exportland«. Wurde bisher darunter verstanden, dass mit Exporten Geld verdient werden soll, so gehört heute oft eine gute Mitgift zum Exportgut dazu.
Warum sollte das nicht so sein? Sind die Target2 Schulden der anderen Länder an uns letztendlich nicht dasselbe? Die Politik ist in sich also konsequent.

meckerfritze
3 Jahre her

Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, daß die Preissteigerungen keinesfalls zu höheren Sozialleistungen führen dürfen. Wer nichts leistet, soll sich gefälligst einschränken. Basta

Walde
3 Jahre her

Jahrhunderte hat man den Menschen suggeriert , wenn sie doch dies und jenes nicht tun, käme man in die Hölle bzw. man würde vom Teufel geholt…und sie haben das geglaubt.
Heute, in einer scheinbar informierten Gesellschaft erleben wir tatsächlich gleiche Prinzipien.

Mark Ziegler
3 Jahre her

Einen kleinen aber sehr wichtigen Aspekt beleuchten so ziemlich alle sehr fundierten Analysen aber nicht. Zugegeben, dass wissen wirklich nur eingefleichte Experten. Die Stromübertragungskapazität an den Ländergrenzen sind ebenfalls limitiert. Zum größten möglichen Lieferanten Frankreich gibt es eine Gesamtkapazität von 3000 MW Leistung. Hört sich viel an ist es aber nicht. Selbst wenn die Franzosen 10 Reservekraftwerke frei hätten (haben sie natürlich nicht) könnte maximal die Kapazität von 2-3 Großkraftwerken zu uns transportiert werden. Damit wird es sicherlich in zwei Jahren ab und zu mal dunkel bei uns, denn die werden verhindern das ihr Netz kollabiert.

Nico Laus
3 Jahre her

Frau Kobold – äh Baerbock – wird´s schon richten; die kann jeden Blödsinn vermitteln und viele hören andächtig zu.

AlexR
3 Jahre her
Antworten an  Nico Laus

Speichern wir den Strom nicht im Netz? Hat doch Frau Baerbock so erklärt. Und die muss es doch wissen. Ist Politikerin und kennt sich flächendeckend in jeder Sparte aus. Versteh ich auch nicht, warum das nicht so geht, wie die BaerbockIn sagt: „der Strom wird ins Netz gespeist und dreht dort Runden. Je mehr Strom, desto schneller dreht er seine Runden. Wird er nicht gebraucht, dann dreht er halt Kreise. Und das dauert auch. Denn wenn man den in Friesland einspeichert, dann braucht der, mmmmh, jaaa, schon ein wenig, bist er zb München erreicht. Mit dem Fahrrad von Friesland nach… Mehr

meckerfritze
3 Jahre her
Antworten an  Nico Laus

Das liegt daran, daß die deutschen ihrer Führung, IMMER noch jeden baerbockbockmist glauben.

Endlich Frei
3 Jahre her

Sollte die neue Realität des „Mitgift-Importstroms“ (aus Sicht unserer Nachbarn) uns nicht veranlassen zu warten, bis Frankreich, Polen, Dänemark, Benelux und Tschechien auf Windkraft umsteigen, um dann zu hoffen, den Strom von unseren Nachbarn gratis zu bekommen ???

Donostia
3 Jahre her
Antworten an  Endlich Frei

Das wäre Nazi und Kolonialismus. Man darf andere nicht ausnutzen. Es sei denn die anderen wohnen im besten Deutschland aller Zeiten.

Endlich Frei
3 Jahre her

Die Mitgift für die Exporte – das klingt im Artikel schon recht gut durch – bezieht sich inzwischen nicht nur auf Stromexporte.

Dr. S.
3 Jahre her
Antworten an  Endlich Frei

TARGET 2

Nachdenklicher
3 Jahre her

Bei der ganzen Diskussion wird immer nur in Landesgrenzen gedacht. Früher gab es Globen, die zuerst die Geologie zeigten und mit eingeschaltetem Licht die Ebene der Länder. Laßt uns das Licht einschalten und die Grenzen der Konzerne/des Kapitals betrachten. Ich möchte das an einem stark vereinfachten Beispiel zeigen: Länder: F, D, P Konzern EAG in allen drei Ländern vertreten Stromerzeugung: KK, BK, AK, WK Strommix in D nur WK und KK F primär AK P primär BK Preis einer Einheit 100 Gewinn 10% (Also 10 pro Einheit) egal welcher Erzeugung Fall 1 Es weht kein Wind: D zahlt EAG dennoch… Mehr

Sebastian L.
3 Jahre her

Ich verstehe nicht, warum die „Überproduktion“ gegen Gebühr entsorgt werden muss. Wenn die elektrische Energie sofort verbraucht werden muss, dann ist es doch völlig egal, wie effizient dies geschieht. Soll heißen: Selbst wenn man nur ein paar Prozent der Überproduktion in total ineffizienten Speichermedien parken kann (z.B. Umwandlung in Wärme/Kälte) ist das doch besser, als den Strom wie Sondermüll gegen Gebühr zu verschenken.
Wird denn wenigstens an irgendwelchen Speicherlösungen, gleich wie effizient, gearbeitet?

Donostia
3 Jahre her
Antworten an  Sebastian L.

Googeln Sie mal Hans Werner Sinn „Zappelstrom“. Da sehen Sie dann ein Video von ca. 75 Minuten die nicht technisch affinen Menschen erklärt warum die Energiewende ein sinnloses Treiben darstellt bzw. den Strom in unendliche Höhen Treiben wird. Wenn jemand zu viel zahlt gibt es jemanden der zu viel bekommt bzw. Geld in etwas abfließt was uneffizient ist.

non sequitur
3 Jahre her

Das deutsche EEG und die deutsche „Energiewende“ sind die ultimative Weiterentwicklung des einst Tödlichsten Witzes der ursprünglichen Monty Pythonistas der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Warum gibt es eigentlich für derartig lethalen politischen Schwachsinn kein Non-Proliferation Treaty?