Nahost-Krieg: neue Eskalationsstufe – Iran greift irakische Kurden an

Seit dem Wochenende fliegt die Türkei Luftangriffe gegen Kurdenstellungen im Norden des Autonomen Gebiets Irak. In Idlib weiten Syrien und Russland ihre Angriffe massiv aus und setzen nun auch wieder Fassbomben ein. Der Iran wiederum bombardiert Kurdenstellungen im Irak. Die Krieg eskaliert.

© Atta Kenare/AFP/Getty Images

Gestern wies ich bei TE darauf hin, dass es bei dem Treffen Putin – Erdogan – Rohani in Teheran zu einem Schulterschluss zu Lasten von Kurden und radikalislamischen Syrern kommen könne. Das im Anschluss an das Treffen von IRNA (staatliche Iranische Nachrichtenagentur) veröffentlichte Statement unterstrich genau diese Vermutung: Erdogan hat seine Verbündeten in Idlib faktisch verraten und im Gegenzug die Zusage erhalten, dass es autonome Gebiete der Kurden nicht geben wird.

Offensichtlich geht die Verabredung aber jenseits der Veröffentlichung noch weiter: Seit heute Nacht greifen reguläre, iranische Revolutionsgarden den Nordirak an. In der autonomen Kurdenregion „Herema Kurdestane“ wurden Lager mit kurdischen Flüchtlingen unter Raketenbeschuss gelegt. Das Hauptquartier der Kurdistan Demokratischen Partei (KDP) in der Provinzhauptstadt Koye – rund 50 Kilometer östlich von Erbil – wurde zerstört. Gegen 12 Uhr MESZ erreichte uns von kurdischen Frontkommandeuren die Nachricht, dass der Iran nun auch international geächtete Napalm-Bomben einsetze. Die Kurden haben, so die verzweifelten Nachrichten, dem massiven iranischen Feuer nichts entgegen zu setzen.

Mit diesen Angriffen schießt sich der Iran den Weg frei nach Erbil, in dem die Kurden ihre demokratisch organisierte Verwaltung haben. Insofern deutet sich ein koordiniertes Vorgehen an: Während in Nordwest-Syrien die letzte Rebellenhochburg durch die Syrisch-russische Koalition vernichtet wird, zerstört der Iran die mit den USA verbündete, kurdische Autonomieregierung des Irak. Das ist zugleich ein unmittelbarer Angriff gegen die amerikanischen Interessen in der Region. Es offenbart gleichzeitig das Totalversagen der US-Geheimdienste, indem in den vergangenen Tagen aus dem Irak schwere Waffen nach Zentralsyrien verlegt worden waren – möglicherweise, weil mit einem türkischen Angriff auf die syrischen Kurdengebiete gerechnet und ein iranischer Vorstoß für unvorstellbar gehalten wurde.

Nehmen die USA den Iranischen Vorstoß hin, dann begehen sie nicht nur Verrat an ihren kurdischen Verbündeten – sie verlieren auch den Zugriff auf einen dann vom Libanon bis nach Pakistan reichenden, schiitischen Korridor. Nehmen die USA den Vorstoß hingegen nicht hin, dann bedeutet dieses den Einstieg in den offenen Krieg gegen das Mullah-Regime. Da Erdogan sich offenbar mit diesem zur Vernichtung der Kurden zusammengeschlossen hat, könnte sich daraus auch ein bewaffneter Konflikt zwischen der westlichen Führungsmacht und der Noch-NATO-Türkei entwickeln. Auch ist nun nicht mehr auszuschließen, dass es zwischen Russland und den USA zu direkten Auseinandersetzungen kommt.

Offen ist weiterhin die Reaktion Israels, welches bislang die Kurden aktiv unterstützt hat und einen schiitischen Korridor niemals akzeptieren kann. Insofern ist derzeit nicht auszusc hließen, dass Israel direkt gegen den Iran vorgeht. Auch die anderen Verbündeten der USA wie Saudi-Arabien und Ägypten könnten sich in einem solchen Konflikt kaum noch aus den Kämpfen fernhalten.

Was wir im Moment erleben, kann daher der Auftakt zu einem bewaffneten Konflikt sein, der nicht mehr auf den Nahen Osten beschränkt bleibt. Auch das untergerüstete Europa wird sich dann nicht mehr vornehm zurückhalten können – und sich das vollständige Scheitern seiner Appeasements-Politik gegenüber den islamischen Diktaturen eingestehen müssen.

Angesichts des hohen Anteils aus der Region stammender Personen in den Staaten Europas werden die Auswirkungen unmittelbar zu spüren sein.

Nachtrag 14:02:

Seit wenigen Minuten fliegt die Türkei Luftangriffe gegen Kurdenstellungen im Norden des Autonomen Gebiets Irak. In Idlib weiten Syrien und Russland ihre Angriffe massiv aus und setzen nun auch wieder Fassbomben ein.

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Kommentare ( 42 )

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Andreas Koch
5 Jahre her

Hm, hier verbünden sich Kontrahenten, um individuelle politische und strategische Ziele durchzusetzen, zu Lasten einer um Autonomie ringenden Volksgruppe. Erinnert mich ein wenig an den Hitler-Stalin-Pakt.

JL
5 Jahre her

Was ist denn die Position der irakischen Regierung und welchen Einfluß hat sie in der Nordhälfte des Landes?

Nichzufassen
5 Jahre her

Der vorletze iranische Aussenminister des Iran Ali Akbar Salehi hat zugegeben, dass seine Regierung mit George Soros zusammengearbeitet hat (heute noch?). Insofern handelt es sich auch um einen Schlag gegen Trump.

LetzterEuropaer
5 Jahre her

Waren es die blonden Locken und die blauen Augen Donald Trumps oder lag es vielmehr an den von Seiffert präsentierten Videobeweisen, die im Aktenschrank des BND unter „American Histroy X“ geführt werden? Man weiß es nicht. Jedenfalls hat sich der höchtsdekorierte Widerstandskämpfer und Nazijäger des postnationalsozialistischen Deutschlands, Heiko Maas, dazu entschlossen, die Speerspitze der anti-amerikanischen Koalition bilden zu wollen. Deshalb bleibt die spannende Frage, mit wem sich die Charm- und Intelligenzbombe aus dem Saarland im Falle des Falles ins Bett legen wird? Ist es: a) Der tanzbeinschwingende und oberkörperfrei-reitende KGB Offizier aus dem Osten? b) Der Friedensengel aus dem Iran,… Mehr

Annegret Kuempel
5 Jahre her

Was findet da statt? Wer mit wem? Wer gegen wen? Und was hat die USA da zu suchen? Geschäfte? Geschäfte???
Rohstoffe, Kriegsgerät (ohne diese könnte der ganze Wahnsinn nicht betrieben werden), Religionen (Schiiten, Sunniten, Alewiten) und die Korruption der agierenden Politiker.
Wann setzt der gesunde Menschenverstand ein?

Hans Druchschnitt
5 Jahre her
Antworten an  Annegret Kuempel

Hallo Annegret Kuempel,
wenn Sie den dicht gewobenen Schleier der Desinformation durchbrechen möchten, empflehe ich ihnen eine sehr gute Vortragsreihe des Nahostexperten Dr. Michael Lüders.
Seine tiefe Analyse ist fundiert, nachvollziehbar und bringt Licht ins Dunkele.
https://www.youtube.com/watch?v=tb7iyxuCuqM&list=PLXOogBSo68KethPk5hzOTxxnJkqok3A2w&index=3
MfG
H.D.

Ananda
5 Jahre her

Napalm wurde sowohl vom Iran wie auch dem Irak, als sie sich gegenseitig beharkten, zwischen 1980 und 1988 eingesetzt. Was natürlich nicht heißen muss, dass sie es heute auch noch tun.

Beobachterin
5 Jahre her

Wäre sehr vorsichtig im Hinblick auf die aktuelle Nachrichtenlage. Der Wahrheitsgehalt ist sehr schwer zu prüfen.
Inszenierte Giftgas-Angriffe, gefälschte Videos, … – hier ist mit allem zu rechnen.

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Beobachterin

Sie haben lügende Politiker und intrigierende Beamte vergessen. Ebenso Fudamentalisten und idelogisch verbrämte Lemminge.

PS: ich meine die besondere deutsche Gemengelage 😉

Beobachterin
5 Jahre her
Antworten an  Beobachterin

„Laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung lässt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen einen entsprechenden Tornado-Kampfeinsatz prüfen. Aufgrund der angespannten Situation in der syrischen Provinz Idlib soll von der Leyen laut „Bild“ im Verteidigungsministerium überprüfen lassen, wie die Bundeswehr sich an militärischen Vergeltungsaktionen gegen das Regime von Diktator Baschar al-Assad beteiligen kann.“
Quelle: NOZ

Andreas Koch
5 Jahre her
Antworten an  Beobachterin

Soll heißen, UvL lässt prüfen, ob wir gerade einen Tornado haben, der fliegen kann? Richtig?

Reinhard Peda
5 Jahre her

Jetzt braucht die Merkel noch auf die Idee zu kommen, sich irgendeiner Kriegspartei anzuschließen? Das wars dann wohl mit Wahlen und demokratischer Veränderung in Deutschland! Bürgerkrieg ist angesagt.

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Reinhard Peda

Geht nicht. Die Bundeswehr ist Schrott. D. kann sich nur auf die Verliererseite stellen und sich (wieder mal) bombardieren lassen, statt die „Führung“ zur Verantwortung zu ziehen.

Dorothea Friedrich
5 Jahre her

„Auch das untergerüstete Europa wird … sich das vollständige Scheitern seiner Appeasements-Politik gegenüber den islamischen Diktaturen eingestehen müssen.“ Ja.

Kräfteverhältnisse haben sich verschoben, damit treffen sich die Starken und verteilen eventuelle Beute neu. Beute ist, wer schwach ist. Europa sollte gewarnt sein, es hat sich durch die untaugliche Organisation in einer sozialistischen, undemokratischen, zentralplanerischen EU massiv geschwächt und geschadet. Die Herrschaft der Gutmenschen mit ihren ideologiebetonten Eine-Welt-Gesellschaftsträumen wird die EU weiter zerbröseln lassen. Mögen unsere Kinder und Enkel von den schrecklichen Folgen solcher Kriege verschont bleiben.

Hans Druchschnitt
5 Jahre her
Antworten an  Dorothea Friedrich

Hallo Dorothea Friedrich,
können Sie mir schreiben, welche islamische Diktatur den nahen Osten in den letzten 50 Jahren immer wieder in Brand setzte?

Wer bomberdiert ohne Rücksicht auf das Völkerrecht und hat IMMER die Finger in den aufgerissenen Wunden oder den Ölzapfhahn in der Beute?

Hummel
5 Jahre her
Antworten an  Hans Druchschnitt

@ HD Saudi-Arabien vielleicht? Ägypten, Syrien, Irak? Auswahl gibts genug. Aber Sie meinen natürlich die USA. Ja, die haben viel Mist dort gemacht. Immer nur den USA die Schuld zu geben ist mir aber zu einfach. Nur weil denen nicht immer alles nur egal ist, sind diese nicht die Wurzel allen Übels. Der nahe Osten brennt zumindest seit dem Krim-Krieg vor über 150 Jahren. Eigentlich dauert dieser Krieg bis heute an. Dort streiten sich die Westmächte bis heute mit Russland und der Türkei um den Einfluss auf diese strategisch wichtige Region. Glauben Sie, ohne US-Einmischung wäre diese Region friedlicher? So… Mehr

Hans Druchschnitt
5 Jahre her
Antworten an  Hummel

@ Hummel
meinen Sie mit Handelswegsicherung die explodierende Produktion und den Vertrieb von Opium aus Afganistan für den deutsche Soldaten ihr Leben lassen?
Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36697/umfrage/produktion-von-opium-in-afghanistan-seit-1990/

Und, ja ich glaube an für alle gedeihliche Handelsbeziehungen ohne die Handelspartner mit dem Messer an der Kehle(wie Saudi-Arabien) oder über Leichen hinweg wie in Lybien/Irak.

Braumueller
5 Jahre her
Antworten an  Hummel

. Ich kann Ihnen nur vollinhaltlich zustimmen, wie es so schön heisst. Alles auf den Punkt gebracht, danke!

Goldenmichel
5 Jahre her

Och da werd ich mal für Montag auf einen fallenden Goldkurs und steigende Aktienkurse zetzen, denn nichts ist besser für diese -frei und fair- gehandelten Börsen als ein ************* Krieg im mittleren Osten der das Potenzial hat in einen Weltkrieg zu mutieren.
Toll.

Rainer Neuhaus
5 Jahre her
Antworten an  Goldenmichel

…. ein schöner blutiger Krieg ….

Kann die Redaktion bitte mal erklären, weshalb sie einen derart zynischen Kommentar freischaltet und Autor im Account belässt ?

Reinhard Peda
5 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Eine Demokratie sollte auch solche Kommentare ertragen können. Jetzt kann Er sich nicht mal Verteidigen. Könnte ja sein das er sich nur Unglücklich ausgedrückt hat.

„der das Potenzial hat in einen Weltkrieg zu mutieren.“ Im Zusammenhang mit dem „Toll“ gehe ich mehr davon aus, das Er mit jetzigem Ablauf der Geschehnisse eventuell nicht einverstanden ist. Und meine Lebenserfahrung, wer Geld zum Spekulieren hat tut es, und schreibt nicht drüber.

Leider kann ich von hier aus nicht überprüfen, wie Er sich in früheren Kommentaren geäußert hat.

Goldenmichel
5 Jahre her
Antworten an  Reinhard Peda

Ich bitte die sensiblen Leser um Verstaendnis, mein Kommentar war sehr sarkastisch gemeint, nicht wirklich zynisch. – Fast jeden Tag gibt es sehr bedrueckende und schlechte Nachrichten die sich in einem frei gehandelten Markt ehr negativ auf die gehandelten Preise auswirken sollten. Nur seit Jahren gibt es immer neue Rekordstaende and den Boersen. Das macht keinen Sinn oder doch ? Normalerweise wuerde der Goldpreis bei Ausbruch eines Krieges steigen und signalisiert Unbehagen mit der Situation das tut der Goldpreis aber shcon lange nicht mehr. Der Goldpreis und andere Preise verhalten sich komplett invertiert zu den Geschehnissen in dieser Welt. Desshalb… Mehr

Nichzufassen
5 Jahre her
Antworten an  Rainer Neuhaus

Politik ist zynisch, und zwar noch weit weit zynischer, als die allermeisten in Alptraeumen fantasieren koennen. Deshalb sollten zynischer Kommentare nichtzensiert werden!

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  Goldenmichel

Malen Sie mal nicht den Teufel an die Wand. Im September fallen die Aktien, also gibt es keinen Krieg. Und Gold steigt dann auch.