Menschenfischer Sea-Eye erneut tief in libyschen Hoheitsgewässern

Vor der Küste Libyens geht das Verwirrspiel um angebliche Rettungsschiffe, Schlepper und Beobachtungsschiffe weiter. Gleichzeitig erhöht die EU den Druck auf Libyen - und die Schlepper suchen neue Routen nach Deutschland via Spanien.

© AFP/Getty Images
A Libyan coastguard uses binoculars as he patrols the area at sea between Sabratha and Zawiyah on July 28, 2017

Gerade erst verkündete die Sea-Eye NGO ihren vorübergehenden Rückzug aus dem Seenotrettungsgeschäft, da fuhr die Sea-Eye am 14. August laut AIS-Tracking Webseite Vesselfinder erneut 5-10 Kilometer weit in libysche Hoheitsgewässer ein. Aktuell bewegt sich das Schiff wieder Richtung Malta. Es kann also durchaus nicht die Rede davon sein, dass sich die NGOs aus dem Seerettungs-Geschäft zurückgezogen hätten. Oder man wollte ein letztes Mal demonstrieren, dass man kann, was einem untersagt wurde. Oder vesselfinder hat falsche Daten weitergegeben. Auch das wollen wir hier nicht gänzlich ausschließen. Denn erstaunlicherweise ist diese untersagte Annährung an die libysche Küste im marinetraffic-Portal nicht nachvollziehbar.

Die C-Star der Identitären Bewegung beobachtet derweil drei weitere NGO-Schiffe, die allerdings respektvollen Abstand zur libyschen Küste halten. Unterwegs sind hier zur Zeit die Phoenix, die Aquarius und die Golfo Azzuro, die sich gestern von Malta kommend heute bis auf wenige hundert Meter an die C-Star heran navigiert hat. Offensichtlich wollte man den Spieß umdrehen und dem Schiff der „Rechten“ einen unangemeldeten Besuch abstatten. Vielleicht ja kreisen sogar die Rettungsschiffe um die C-Star in der Hoffnung auf einen Maschinenschaden um dann ihrerseits zu Helden der Seerettung an der C-Star zu werden.

Aber das alles sind offensichtlich Nebenkriegsschauplätze in Sandkastenformat.  Denn einer der mächtigsten Akteure in Libyen, General Chalifa Haftar, hat der EU gerade ein Grenzsicherungspaket geschnürt, dessen Preis mehr als drei Mal so hoch sein soll, als jenes von fünf Milliarden Euro, welches man dem gestürzten Machthaber Gaddafi einst verweigerte bevor man gegen ihn in den Krieg zog. Haftar will damit punkten, dass er nach eigenen Angaben mehr als dreiviertel des Landes kontrolliere. Also auch die Küsten schützen könnte und so weitere Migration nach Europa verhindern. Dafür wünscht er sich auf die kommenden 20-25 Jahre verteilt 17 Milliarden Euro in Waffen, Munition, gepanzerten Fahrzeugen, Hubschraubern, Nachtsichtgeräten und für befestigte Anklagen zur Küstensicherung. Sein Argument: „An die Türkei werde ja mehr bezahlt.“

Bedenkt man nun, dass laut der – im wesentlichen von westlichen Regierungen, Stiftungen und Konzernen finanzieren – International Crisis-Group das Schleppergeschäft alleine in Libyen 1-1,5 Milliarden Dollar jährlich einbringen soll, bekommen die Blätter in diesem Poker um die Ärmsten der Armen eine neue Hausnummer.

Dabei sollen es nicht  nur die Schlepper sein, die profitieren, auch viele kleine Leute vom Taxifahrer bis zum Lebensmittelhändler verdienen ordentlich am gewaltigen Migrationsstrom Richtung libysche Küste. Die Interessenlage ist also auf allen Ebenen kontrovers, eine Lösung des Problems kaum in Sicht. Zudem müssen sich auch bei den Schlepperorganisationen mittlerweile große Vermögen angehäuft haben, von denen man leider annehmen muss, dass diese ebenfalls zukünftig ansteigend eingesetzt werden, um den Geldhahn am Laufen zu halten.

Das Geplänkel der NGOs mit den Identitäten vor der Küste ist in diesem Gerangel dann sicher das allerkleinste Problem. Dennoch bleiben die Helferschiffe wichtiges Nadelöhr dieses milliardenschweren Geschäftsmodells. Bleiben die Transferschiffe weg, wird sich das irgendwann auch bei jenen Afrikanern herumsprechen, die einen der teuren Plätze auf den unsicheren Schlauchbooten der Schlepper buchen. Aber bis diese Boote nicht mehr bestiegen werden, bis die Küsten Kilometer für Kilometer militärisch gesichert sind, werden weitere tausende Menschen elendig ertrinken ohne je eine Chance gehabt zu haben, ihr Traumziel Europa zu erreichen. Wer will dieses Opfer nun der Weltöffentlichkeit erklären oder gar moralisch vertreten?

Wie unsere Reporterin aus Spanien berichtet suchen sich die Schlepperorganisationen neue Routen via Spanien nach Deutschland.

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Kommentare ( 20 )

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kira
6 Jahre her

Wir sollten unbedingt Entwicklungshilfe bei den Behörden Ugandas beantragen und fachliche Beratung für unsere Behörden.

kira
6 Jahre her

@Markus: Aber das ist doch billigste moralische Erpressung bis hin zu handfester Nötigung. JEDER, wirklich jeder Meinungs-Dissident ist neuerdings ein „Rassist“ oder „Nazi“. Übersetzt heißt das: Wenn du dich nicht unserer Deutungshoheit unterwirfst und mitmachst bei dem, was wir wollen, bist du Persona non grata und wir machen dich fertig. Wir denunzieren dich in aller Öffentlichkeit und stellen dich an den Pranger! Es ist eine massive Nötigung des Mobs, wie in den 30ern, als Leute mit Schildern rumlaufen mußten, auf denen Sachen standen wie: „Ich Vaterlandsverräter habe bei Juden eingekauft“. Bloß mit umgekehrtem Vorzeichen. Aber die Blockwart-Mentalität, das aggressive Denunziantentum… Mehr

Michel Rieke
6 Jahre her

Die Fahrt der Aquarius nach Pozzallo ist geklärt:

http://www.rainews.it/dl/rainews/media/A-bordo-dell-Aquarius-la-nave-della-Ong-Sos-Mediterranee-con-11-migranti-salvati-a-largo-della-Libia-732c516a-0f15-4cfa-8457-9573a6a2c87c.html

Die Sea-Eye ist bereits wieder auf dem Weg in die SAR-Zone vor der libyschen Küste.

Wolfgang Richter
6 Jahre her

… um sodann die Einkommensquellen im kontinentalen Hinterland für ihre Unternehmen der Sozialindustrie weiterhin sprudeln zu lassen. Und der Michel zahlt ohne Murren seine Abgaben an einen Staat, der dieses Geld verantwortungslos raus haut, als wäre der Nachschub unendlich.

Marcel Seiler
6 Jahre her

Da ist sie mal wieder, die Moral der Gutmenschen, die sich zu schade sind, Lösungen zu wählen, weil sie „militärisch“ sein könnten: lieber bezahlen sie andere, nämlich echte Gewalttäter, in Form von Waffenlieferungen in Höhe von 17 Mrd. Euro. Nun gut, sie haben es in diesem Fall noch nicht getan, aber sie ermutigen Diktatoren und Erpresser, ihnen solche Forderungen zu stellen. Und teilweise (siehe Türkei) kommen sie den Forderungen der Diktatoren auch nach. Es bleibt dabei: die wirklich moralische Politik ist eben nicht die der jetzigen Regierung und ihrer sogenannten NGOs. Eine wirklich moralische Politik schafft klare Rechtmäßigkeiten und Verbote… Mehr

Busch Buschman
6 Jahre her

Haben sie eigentlich bei Sea-Eye nachgefragt, was es mit dieser Annäherung an das libysche Hoheitsgebiet auf sich hat?

Alexander Wallasch
6 Jahre her
Antworten an  Busch Buschman

Angeblich musste man vor dem Wetter in einen tunesischen Hafen flüchten habe ich an anderer Stelle gelesen. Ich kann nur die vesselfinder-Tracks auswerten. Deshalb ja der Konjunktiv im Text. Danke für Ihre Nachfrage!

Jep Green
6 Jahre her

Mit „moralischer Verantwortung“ meint der Artikel hier die NGOs, die dann für den Tod vieler Opfer verantwortlich sind, da die ja für die Aufrechterhaltung des Stroms sorgen. Ich gebe aber zu, wenn mit „moralisch“ argmentiert wird, dann ist es ja meistens so, dass die Linken uns damit den Mund verbieten wollen. Sie befinden sich aber hier nicht bei einem Mainstream-Medium, sondern bei Tichys Einblick. Da muss man sich erstmal umgewöhnen. Das sollte aber nicht schwer sein. Ich halte die Überführung und Aufnahme der Migranten sowieso für unmoralisch. Erstens kommen nur die Stärksten und zweitens könnte man mit dem ganzen Geld… Mehr

Michel Rieke
6 Jahre her

Kurz nach dem die C Star die „Verfolgung“ der Aquarius eingestellt hat, muss etwas passiert sein. Die Aquarius befand sich schon wenige Stunden später auf dem Weg nach Pozzallo.

Trifero
6 Jahre her

… sie wissen, dass die Staatsanwalten als Beamte an Weisungen gebunden sind ? Glauben Sie, hier würde die Regierungspolitik konterkariert bzw. würden sich Merkel & Co. von jemandem vorwerfen lassen, sie behinderten die Arbeit der Seenotretter ? Die die Bevölkerung ? Sonnt sich unverändert im ihrer grenzenlosen Gutheit.

Martin S.
6 Jahre her

Halten Sie sich auch an die FB + TW Seiten von #DefendEurope und der Identitären Bewegung. Dort erfährt man auch viel Neues.
Leider ist die Küste von Libyen sehr lang und die libysche Küstenwache mit Schiffen nicht bestens ausgerüstet. Es werden also immer NGOs durchschlüpfen können.

Außerdem ist unsere heilige GröKaz doch laut eigener Aussage gerade dabei, mit Libyen einen Deal analog zu dem mit der Türkei auszuhandeln. Sich also wieder erpressen zu lassen, statt selbst etwas zu unternehmen, um die Mittelmeerroute zusammen mit Italien zu schließen.
Man könnte nur noch schreien.

kira
6 Jahre her
Antworten an  Martin S.

Ich muß in letzter Zeit schon laut losschreien, wenn ich die
Bundesraute nur im TV sehe oder ihre Stimme höre. Ich glaube, ich bin
mittlerweile schon körperlich allergisch gegen sie. Wem´s genauso geht, es gibt ein Heilmittel: ABWÄHLEN!
Oder nach Art. 20 intervenieren, denn mit wählen allein wird es mMn nicht klappen, das Volk ist zu blöd dazu.