Kurz und klar: Kein türkischer Wahlkampf in Österreich

Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt unmissverstänlich, kein Wahlkampf bei uns, Herr Erdogan. Die deutsche Bundesregierung eiert wie immer.

© Jack Taylor/Getty Images

Recep Tayyip Erdoğan kündigte vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen für Juni 2018 an. Nun leben gut einhunderttausend wahlberechtigte Türken in Österreich und mehr als eine Million in Deutschland. Insgesamt soll es über zwei Millionen wahlberechtigte Türken geben, die im Ausland leben. Erdogan möchte diese im Wahlkampf gerne persönlich ansprechen, dort, wo sie zu Hause sind. Eine genaue Ortsangabe machte er jedoch noch nicht.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz vernahm es und hat dazu eine klare Haltung. Seine Ansage Richtung Ankara ist unmissverständlich: „Kann nur klar sagen, diese Auftritte sind unerwünscht und wir werden sie nicht zulassen.“

Der Bundeskanzlerin und ihrem Außenminister Heiko Maas fallen solche interpretationsfreien Absagen an den türkischen Präsidenten im Ausnahmezustand deutlich schwerer. Zwar möchte auch Maas keine Turnhallenauftritte von Erdogan in Deutschland, aber er stützt sich dabei lieber darauf, dass drei Monate vor Wahlen im außereuropäischen Ausland in Deutschland kein Wahlkampf stattfinden dürfe.

Eilfertig fügt er am Sonntag am Rande des G7-Außenministertreffens im kanadischen Toronto hinzu: „Das gilt. Und das gilt für alle, unabhängig davon, von wo sie kommen.“

Wie das auf den türkischen Präsidenten wirken mag, muss man nicht lange spekulieren. Ein echtes „Nein“ ist das ja nicht, wenn Erdogan anfangen könnte, einmal nachzurechnen, wie das eigentlich 2008 mit Barack Obamas Auslands-Wahlkampfreise war, als der 102 Tage vor D-Day Station in Berlin machte und mit großem Bahnhof empfangen wurde, ganz knapp an der Dreimonatsmarke vorbei.

Nun war deutlich länger bekannt, dass die USA wählen werden. Wenn Erdogan im Juni Wahlen abhalten lässt, dann bleiben ihm diese die Monate nicht einmal mehr.
Aber das alles sind völlig unnötige Gedankenspiele. Hier ist eine deutsche Regierung zu ängstlich, klare Kante zu zeigen und verschanzt sich hinter einer Mummenschanz-Diplomatie in offensichtlicher Unkenntnis, wie „Nein“ auf türkisch ausgesprochen wird.

Sebastian Kurz hat laut und vernehmbar „Hayır“ gesagt und es ist genauso auch angekommen. Heiko Maas hingegen fliegt nach New York zu den Vereinten Nationen. Dort trifft er erstmals seinen türkischen Amtskollegen und schickte ihm aus Toronto schon mal ein „Ähm, nein, aber …“ voraus, in etwa so, wie es ungezogene Kinder machen, die Mutti mit einer Nachricht zu Vati vorschicken, wenn sie was Böses angestellt haben.

Nach dem eifrigen Teejungen-Auftritt in Goslar, aufgeführt von Maas‘ Vorgänger im Amt, wird einer wie Mevlüt Çavuşoğlu endgültig wissen, was er von diesem Kollegen zu halten hat. Denn Çavuşoğlu – wie übrigens auch Maas – erinnert natürlich ganz genau, was es mit dieser Dreimonatsregel auf sich hat, die explizit gegen zukünftige Wahlkampfbesuche Erdogans im Auswärtigen Amt entschieden wurde. Kein anderer außereuropäischer Politiker stand dabei im Fokus des Interesses. Sicher auch deshalb, weil es neben den Türken noch keine weitere so große außereuropäische Minderheit in Deutschland gibt.

Und Angela Merkel? Die lässt ihren Regierungssprecher lapidar ausrichten, es wären keine Reisepläne des türkischen Präsidenten bekannt. Der wird sich ins Fäustchen gelacht haben, denn natürlich hat er einen solchen Termin nicht offiziell bekannt gegeben. Er wartet einfach genüsslich die Verdrehungen der deutsche Diplomatie ab. Und er wird damit erneut bei seinen Landsleuten in Deutschland punkten, die es gerne sehen werden, wenn Ihr Präsident die deutsche Regierung zum Eiertanz bittet, während er einfach auf seinem heimischen goldenen Thron sitzen bleibt und vielleicht schon überlegen mag, wie er seine Angela beim nächsten Probesitzen in Ankara dazu bringen kann, endlich mal ein schickes Kopftuch anzulegen. Denn wenn schon die deutschen Kirchenleute auf dem Jerusalemer Tempelberg ihre Brustkreuze abnahmen, dann möchte er für sich vielleicht auch so eine wirkmächtige Geste ertrotzen. Warum dann nicht auch ein Tuch für Angela? Wer in Deutschland würde die Hand dafür ins Feuer legen, dass es nicht eines Tages auch dazu kommen mag?

Die unmissverständliche Botschaft von Sebastian Kurz ist indes klar und deutlich von Erdogan vernommen worden, als der dem Bundeskanzler wütend erwiderte: „Diese von Österreich ergriffenen Maßnahmen werden auf es selbst zurückfallen.“

Sebastian Kurz mag sich das mit aller Gelassenheit angehört haben, weiß er doch längst: Die Deutschen bekommen auch ohne klare Haltung klare Worte aus Ankara zu hören. Nazi-Vergleiche inklusive. Es schadet also rein gar nichts, Erdogan einmal reinen Wein einzuschenken: Aus dem Gefäss trinken, das man ihm anreicht, wird er ohnehin nicht.


Nachtrag:

Die Rheinische Post meldet kurz nach Erscheinen dieses Beitrags:

Heiko Maas: Cavusoglu-Termin in Solingen ist kein Wahlkampf-Auftritt. Na denn.

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Kommentare ( 64 )

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arnowahl
5 Jahre her

helfen SIE bitte mit lieber Herr KURZ. WIR in Deutschland haben derzeit ein kleiner Ansatz von DDR Innenpolitik und die Dame will weiter „dienen“ ! SIE und UNGARN sind eine wichtige Bastion gegen Merkel’s Migrantenschwemme.

Alf
5 Jahre her

Tu felix Austria.
Sebastian Kurz, weiter so.

Tc
5 Jahre her

Es benötigt kein sichtbares Tuch für Merkel, die Unterwürfigkeit gegenüber der Türkei bzw Erdogan zu zeigen. Wenn er oder einer seiner Leute nach D kommt ist er halt da. Damit er nicht ganz so schlimm Werbung für sich macht, stehen sicherlich schon ein par Geldsäckchen und der ein oder andere Deal für ihn in D bereit

Wolfgang Schuckmann
5 Jahre her

Was erwartet man denn von einem verkommenen Land? Verkommenes Selbstverständnis, verkommene Politik, verkommene Kultur, sonst noch was? Niemals wird es in Zukunft eine wirklich positive Sichtweise aus dem Ausland in diesen Fragen auf unser Land geben. Nichts was den momentanen Zustand Buntlandes betrifft. Europa wird Deutschland so lange dulden bis das Geld alle ist. Ab dann geht es zur Sache. Die Migrationsfrage schwebt über diesem Land wie ein Damoklesschwert und Madame schwadroniert weiter von Verteilungskontingenten für Flüchtlinge in Europa. Die Visegradstaaten werden es dieser Unbelehrbaren genauestens erklären.

G. Brochen
5 Jahre her

Frage am Rande: Was ist eigentlich aus der Ankündigung beider Kandidaten für das Kanzleramt im Fernsehduell 2017 geworden, man wolle die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU abbrechen? Frau Merkel ist inzwischen erneut zur Kanzlerin gewählt worden – wird sie dieses Wahlversprechen auf EU-Ebene umsetzen oder wie bei zahlreichen anderen hoffen, dass die Wähler es vergessen haben und die Medien sie nicht daran werden erinnern wollen?

Beobachterin
5 Jahre her

Wenn das so weiter geht, steht Österreich bald vor einer neuen Migranten-Welle – von Deutschland-Deutschen.

Traisen
5 Jahre her

Ein Sprecher von Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte gegenüber der Tageszeitung „Österreich“: „Seit Jahren versucht die türkische Führung Erdogans, türkischstämmige Communitys in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder Österreich zu instrumentalisieren. Damit werden Konflikte aus der Türkei in die EU hineingetragen. Das wollen wir in Zukunft unterbinden“. Von Frau Merkel hört man solche Töne nicht, obwohl sie sich oft wie die Königin der EU aufführt. Unser junger Kanzler, den sie um die Burg nicht leiden mag, ist ihr mit seiner Ehrlichkeit und mit seinem Elan um Lichtjahre voraus und hat die Bevölkerung fast vollständig auf seiner Seite. Frau Merkel hingegen wirkt… Mehr

Mabell
5 Jahre her
Antworten an  Traisen

Danke für die Meinung aus Österreich! Ich kann ihnen nur vollinhaltlich zustimmen. Grüße ins schöne Österreich, Mabell.

Riffelblech
5 Jahre her

Wenn der türkische Ministerpräsident mal eben beim Reden ist in Solingen und er gleitet mal eben in einen Wahlkampfmodus ab ,was denn dann? Wird unser Bundesheiko oder die Sonnenkönigin ihm den Mund verbieten ,unter Beifallstürmen von tausenden Türken ? Wohl eben nicht . So wird auch hier denn Wahlkampf gemacht ,von der Regierung und den Medien einfach als solche nicht erkannt und schon ist alles gut . Warum u m Himmels Willen sollte der Mann denn hier vor seinen Landsleuten sprechen wollen ? Um die Versorgung mit Knäckebrot in der Türkei doch wohl nicht ! Aber es wird kommen wie… Mehr

lalaland
5 Jahre her

Also wenn ich Türke in der Türkei wäre, dann wäre es mir garnicht Recht wenn meine in Deutschland wohnhaften Landsleute über die Politik mitentscheiden die ich nach der Wahl dann täglich ausbaden muss, sie aber nur für sechs Wochen Urlaub im Jahr.

Digsdame
5 Jahre her

Was soll man von einer Regierung, deren Kanzlerin ihre Richtlinienkompetenz über den Amtseid stellt noch erwarten. Sie bleibt ein trojanisches Pferd solange sie nicht widerruft, daß der Islam zu Deutschland gehöre. Sie will aus politischen Gründen nicht sagen, daß jeder Muslim, wenn er sich wirklich integrieren will, vom Koran und der nicht auflösbaren Verbindung zur Scharia Abstand nehmen muß. Das müßte an sich jeder Mußlim selbst tun und entscheiden wenn er es denn können würde. Das können nicht wir schaffen! Die es aber nicht tun gegen ihre Imame, die ja Koran und Scharia predigen, werden immer glauben müssen, verpflichtet zu… Mehr