Kretschmer gegen Merkel – ohne sie zu nennen

Scharfe Kritik äußerte der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), in seiner Regierungserklärung an der dramatisierenden und durch die Fakten nicht gedeckten Berichterstattung vieler Medien rund um die Vorfälle in Chemnitz – aber er trifft damit vor allem Merkel.

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„Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome“, meinte Kretschmer und hinterfragte Meldungen, denen zufolge Gruppen von Rechtextremen Personen mit Migrationshintergrund durch die Stadt gejagt hätten.

Eigentlich ist das eine harsche Kritik an Merkel und ihrem Regierungssprecher Seibert, der auf der Bundespressekonferenz gesagt hatte: „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin.“ Später folgte Merkel selbst mit ähnlichem Tenor. Befragt zu den Ausschreitungen in Chemnitz, erklärte sie vor TV-Kameras im Kanzleramt: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun.“

Die meisten Medienberichte und Aussagen anderer Politiker über Hetzjagden und Pogrome in Sachsen gab es erst, nachdem Seibert mit seinen Aussagen diesen Frame in die Welt gesetzt hatte. Jürgen Trittin erklärte beispielsweise: „Es ist Jagd auf Andersaussehende gemacht worden – das nennt man einen Pogrom. Das ist nicht das erste Mal in Sachsen.“

Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen, erklärte dagegen auf eine Presseanfrage: „Nach allem uns vorliegenden Material hat es in Chemnitz keine Hetzjagd gegeben.“ Gegenüber dem SPIEGEL bekräftige Klein jetzt: „Ich verstehe unter einer Hetzjagd etwa mehrere Personen, die einen Menschen durch die Stadt jagen, um diesen zu verprügeln oder körperlich massiv anzugehen.“ Das, was seine Behörde bislang ausgewertet habe, enthalte keine Hinweise auf derartige Hetzjagden. „Wir sind mit der Auswertung allerdings noch nicht fertig. Es kann theoretisch sein, dass auf weiterem Bild- und Filmmaterial ein solcher Vorgang enthalten ist“, fügte Klein hinzu.

Ich vermute, Politiker und Medien werden Kretschmer jetzt aufgeregt kritisieren, weil auch die AfD Hetzjagden in Chemnitz bestreitet. Ich finde, das ist kein Argument. Wenn jemand sagt, 2+2 ist 4 und nicht 5, wird es denn dann nur deshalb falsch, weil jemand von der AfD auch sagt, dass es 4 ist?

Der Chefredakteur der FREIEN PRESSE in Chemnitz wandte sich ebenfalls gegen die Verwendung des Begriffs „Hetzjagd“ und meinte: „Der offen zu Tage getretene Hass, der die Proteste auf den Straßen in Chemnitz am Sonntag begleitet hat, war schrecklich genug. Er bedarf keiner Dramatisierung.“ Ich finde, dem ist nichts hinzuzufügen.

Die ganze Sache kann man am besten verstehen, wenn man dieses Buch liest.

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Kommentare ( 152 )

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Goldenmichel
5 Jahre her

Wie bekloppt sind diese Typen eigentlich das sie sich fein mit dem Kürzel RAF tätowieren lassen und dann einen Hitlerjungen mackieren ?

shorturl.at/mnBIT

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_84402720/chemnitz-in-eigenener-sache-korrektur-zu-unserer-demo-berichterstattung.html

Nibelung
5 Jahre her

Er kann nur noch zwischen Pest und Cholera wählen und bekanntlich sitzt ja das Hemd näher als der Rock und sollte er in Sachsen baden gehen hilft ihm auch keiner von der schwarzen Polit-Kamarilla in Berlin und anderswo und deshalb siegt durch die persönliche Not die Vernunft und das ist richtig so, denn sie ist jetzt schon Geschichte, denn sie hat einfach zu viele Gegner innen und außen geschaffen und zwar nicht durch Umstände, die sie nicht zu vertreten hatte, sondern durch eigene Fehleinschätzungen, gepaart mit Größenwahn und der damit verbundenen Halsstarrigkeit und mit diesem kleinbürgerlichen Attribut wird sie nun… Mehr

Frau Holle
5 Jahre her

Man sollte für die Nachwelt festhalten, dass unsere Bundeskanzlerin ihre Weisheiten, die sie ihrem 80-Millionen-Volk verkündet, aus einer 19-Sekunden-Videosequenz hat, die eine linksradikale Gruppierung ins Netz gestellt hat. Ohne zu wissen, was sich zuvor ereignet hatte, ohne bei der Polizei Sachsen nachgefragt zu haben. Das ist unglaublich. Oder sollte man Verständnis für sie haben? So eine Frau Merkel ist mindestens 20 Jahre lang nicht mehr durch eine Stadt gelaufen, hat nicht mehr in öffentlichen Verkehrsmitteln gesessen, hat sich nicht mit Menschen unterhalten, die ihr nicht unterwürfig nach dem Mund reden und sie war vermutlich auch noch nie in ihrem Leben… Mehr

Il Jolly
5 Jahre her

„…Da bin ich äußerst gespannt, wie der Merkel-Besuch in Chemnitz ablaufen wird…“

Hihi, falls sie überhaupt in näherer Zukunft kommt, was ich bezweifele, wird sie eine Kompanie Personenschutz, Polizei und Bundespolizei mindestens in Regimentsstärke und einen Eisenbahnwagon mit Sichtschutzwänden mitbringen (müssen).
Und dazu noch einen fünfstelligen Haufen von gut bezahlten und mit Bussen herbeigebrachten Claqueuren.

Die Chemnitzer werden sich vorkommen müssen, als würde ihre Stadt besetzt.

Il Jolly
5 Jahre her

„…aber er trifft damit vor allem Merkel…“ Ob er damit Merkel trifft weiss ich nicht. Gibt es überhaupt noch etwas das die BK berührt, mit Ausnahme des Wohlbefindens ihrer vielen Gäste, deren Unterhalt sie mal eben uns allen überantwortet hat? Aber betrachten wir Kretschmers Stellungnahme doch einmal gruppendynamisch. Was wäre passiert, hätte er sich nicht wenigstens ein bisschen vor seine Sachsen gestellt? Richtig, er samt seiner Sachsen-CDU wäre absolut erledigt gewesen, in einem Bundesland mit einer so mitteilungsfreudigen Einwohnerschaft. Insofern war seine Rede wohl zumindest zum Teil der Schadensbegrenzung und der Stabilisierung der eigenen Karriere geschuldet. Ein Ministerpräsident ist insbesondere… Mehr

feinbein
5 Jahre her

Frau Merkel wird nichts , aber auch gar nichts zurücknehmen.Bei ihr geht es nicht um Fakten oder Wahrheit, sondern nur um Meinung, nämlich ihre Meinung.diese ist quasi religiös überhöht und immer „richtig“.Also gab es Hetzjagden, Verfolgung von wem auch immer usw.Der deutsche Bürger muss noch mehr „erzogen“ werden, damit er nichts mehr gegen diese glorreiche Politik zur Selbstabschaffung unternimmt und Frau Merkel bedingungslos folgt in seinen eigenen Untergang.Er wird nur als Zahlvieh benötigt, aber nicht als Mensch mit eigener Meinung oder gar als Kritiker.

Sonny
5 Jahre her

Das Chemnitz-Bashing hatte nur eine einzige Motivation:
Den unliebsamen Gegner AFD irgendwie als Nazi und Aufrührer hinzustellen.
Opfer dieses Plans sind die Chemnitzer – dass war den Regierungsparteien aber vollkommen egal.

Eco
5 Jahre her

So etwas passiert immer wenn es um den Osten und insbesondere Sachsen geht. Da wird jetzt schon der verlorene 7jährige Krieg gegen Preußen als Grund für die „Nazi-Sachsen“ genannt https://www.dw.com/de/kommentar-immer-diese-sachsen/a-45293829 . Langsam wird es albern!
Woher nehmen die Qualitätsmedien eigentlich die Gewissheit, dass das was sie tun nicht eine Steilvorlage für die AfD ist? In der Wahlkabine macht jeder sein Kreutzchen alleine. Vielleicht sollte die Politik mal darüber nachdenken wie sie besser auf die Menschen eingehen kann als sich immer weiter zu entfernen.

Contra Merkl
5 Jahre her

Das sich Sachsen zusammenrotten um gegen diese Politik zu demonstrieren, werden sie auf das übelste diffamiert.
Schon alleine zusammenrottungen…. Das ist ja hate speech.
Und Frau Merkel weiß auch das unschuldige verfolgt werden. Die Frau hat besondere Begabungen, so wie sie schon wusste, dass das die Facharbeiter sind, die wir so dringend brauchen. Damit ist jetzt auch alles gesagt…

Oblongfitzoblong
5 Jahre her

Glauben Sie im Ernst, dass ein Gedanke an Rücktritt in irgendeiner Gehirnwindung von Frau Dr. Merkel eine Chance zur Existenz hat?