Hohe Ausgaben im ÖRR: Nach Kritik von Armin Laschet liegen die Nerven blank

Armin Laschet ist in seiner bisherigen Karriere kaum angeeckt. Seit Neujahr ficht der Landesvater einen Strauß mit seinem Landessender, dem WDR, aus. Als er eine grundlegende Reform des ÖRR ins Gespräch bringt, hakt es bei Georg Restle und weiteren Kollegen aus.

imago images / Ralph Sondermann
Es ist fast so, als ob die Neujahrsglocken von Big Ben dieses Jahr – zumindest ganz, ganz leise – auch in Deutschland zu hören waren. Wenigstens ein CDU-Politiker und Ministerpräsident scheint gelauscht und ein wenig verstanden zu haben, was die Stunde schlägt. Armin Laschet ist bekanntlich ein Meister des populären, dabei souverän abgewogenen Wortes. Das immerhin muss man dem gemütlichen Landesvater zugestehen. Damit ist er bis jetzt auch gut gefahren und kaum angeeckt. Doch nun droht dem verschmitzten Aachener Ungemach. In einem »Spiegel«-Interview hat er sich zur Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR), zu Redakteursgehältern und Pensionen äußert.

»Jüngste Gutachten im Zuge der Beitragsdebatte bescheinigen ihnen überdurchschnittliche Gehälter. Alles ist staatlich garantiert, egal ob es einer schaut oder nicht: Der Sender sendet.« und weiter: »Die Summen, die da gezahlt werden, sind absurd. Auch die Honorare für die Moderation von Samstagabendshows erscheinen teilweise zu hoch.«

Das konnte eines seiner Landeskinder, der Moderator und Redaktionsleiter des WDR-Flaggschiffs »Monitor« Georg Restle, so nicht stehen lassen und legte nahe, dass Laschet ganz offenbar »Nachhilfe« in Staatsbürgerkunde benötigt:

Insbesondere schmerzte den WDR-Mann, dass »ein Ministerpräsident (!) die finanzielle Sicherheit von Redakteuren einzuschränken« versuche und damit eine »Schwächung des ÖRR« betreibe. Nun ja, das Hemd ist Restle natürlich näher als die Hose. Wenn ein Bürger und Politiker dieses Landes über die Pensionsgarantien öffentlich subventionierter Redakteure spricht, ist es mit der Gemütlichkeit offenbar vorbei.

Laschet: »Wer gegen das Schüren eines Generationenkonflikts eintritt, ist nicht rechts«

Laschets Kritik am ÖRR hatte allerdings noch vor dem Jahreswechsel begonnen. Zudem begrüßte er die Entschuldigung des WDR-Intendanten Tom Buhrow für das »Omagate«-Video und bestärkte diesen darin, statt ihn dafür zu kritisieren wie die Mitarbeiter des WDR. Von den »Spiegel«-Redakteuren dazu befragt, stellte Laschet nun nochmals klar: »Wer gegen das Schüren eines Generationenkonflikts eintritt, ist nicht rechts.« Es könne nicht sein, dass man »in Deutschland alles kritisieren« dürfe, »vom Papst abwärts – nur nicht die Beiträge des Westdeutschen Rundfunks«. Der Ministerpräsident sprach von einer »Instrumentalisierung des Kinderchors« für eine Redakteursidee.

Nun machte sich Laschet in seinem »Spiegel«-Interview einige weitreichende Gedanken zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

  1. Die gesamte Medienlandschaft stehe unter wirtschaftlichem Druck, Lokalredaktionen würden reihenweise geschlossen. »Die einzigen, die da eine privilegierte Stellung haben, sind die Redakteure im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.« Neue Gutachten, die im Zuge der Beitragsdebatte entstanden seien, bescheinigen den ÖRR-Mitarbeitern demnach überdurchschnittliche Gehälter. Auch die gezahlten Pensionen seien »zu großzügig«.
  2. Ändern müsse sich daher etwas an den grundlegenden Strukturen der Rundfunkanstalten.
  3. Auch die Ausgaben für Sportlizenzen und Samstagabendshows – zumal für die Gehälter der Moderatoren – erscheinen Laschet teilweise »absurd« hoch.
  4. Das Grundproblem des Rundfunksystems sieht er in der Abwesenheit jedes unternehmerischen Risikos: »Alles ist staatlich garantiert, egal, ob es einer schaut oder nicht: Der Sender sendet.«

Erschreckend ist, wie stumpf-monolithisch die sich an den Restle-Tweet anschließende Debatte bei Twitter sofort wird – natürlich erneut unter Beteiligung der Profiteure des bestehenden Systems. So meint ein Crossmedia-Reporter für WDR und DLF, Laschet sei »jetzt offenbar auf Stimmenfang im AfD-Lager gegangen«. Ein ebenso plumper wie in seiner inflationären Verwendung stumpf gewordener Versuch, legitime und jede noch so sachliche Kritik abzubügeln: natürlich könne man kritisieren, na klar. Dann ist man halt AfD, macht sich gemein etc. etc. etc. Kritik von den Jungen Liberalen? Wird mit gleichen Methoden in diese Schublade wegzudrücken versucht.

— Dirk Groß-Langenhoff (@pott_reporter) January 11, 2020

Doch handelt es sich eben nicht um eine »rechte« Debatte, vielmehr um ein Thema, das inzwischen vielen Bürgern in der einen oder anderen Weise auf den Nägeln brennt. So sprang am Samstag auch Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Laschet bei: »Eine konstruktive Reformdebatte ist jetzt nötiger denn je. Wir müssen über Rundfunkauftrag, Strukturen und Kosten sprechen. Ziel muss ein moderner und bezahlbarer öffentlich-rechtlicher Rundfunk sein.«

»Kinder und Tiere niemals auf die Bühne«

Schon im Oktober hatte er eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bundestag vorgestellt – freilich mit mehr Prüfaufträgen als konkreten Änderungsansinnen.

Das ist nur zum Teil der Oppositionsmalaise zuzuschreiben. Etwas mehr Profil kann man sich auch bei einer nicht regierenden FDP durchaus vorstellen. Immerhin glaubt Hacker an die Möglichkeit, den Rundfunkbeitrag »dauerhaft und deutlich« zu senken und die »permanente Beitragerhöhung durch die Indexierung« vermieden werden.

Der nordrhein-westfälische Landtag hat unterdessen noch einmal über das »Umweltsau«-Lied und die Positionierung Laschets dazu debattiert. Der gelernte Theaterregisseur und Grünen-Abgeordnete Oliver Keymis gab dazu den Merksatz zum besten: »Kinder und Tiere niemals auf die Bühne.« Ob man sich daran halten möchte oder nicht, die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland bleibt ein weites Feld – und ein Thema, zu dem sich alle Bürger äußern dürfen. Zu hoffen ist nur, dass auch Laschet mehr will als seinem Landessender zu zeigen, wo der Hammer hängt.


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