Gauweiler: Bundestag und Regierung müssen Verfassungsbefehl umsetzen

„Wer diesen Konflikt sucht, der kann ihn haben“ – Gauweiler zum EU-Verfahren gegen Deutschland: Von der Leyen will „Schneebälle rösten“.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der EZB hat Hauptkläger Peter Gauweiler (CSU) Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, auf eine rasche Prüfung der Vor- und Nachteile der Anleihekäufe durch die EZB zu drängen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu eine dreimonatige Frist gesetzt, die am 5. August 2020 ausläuft. „Darauf, dass dies bei dieser Zentralbank geschieht – bei der der Bund mit fast einem Drittel beteiligt ist – müssen Bundestag und Bundesregierung unverzüglich hinwirken, damit diese Anforderung bis August erledigt ist“, sagte Gauweiler der Zeitschrift Tichys Einblick. „Mein Prozessbevollmächtigter Professor Dietrich Murswiek hat Wolfgang Schäuble für das Parlament und für die Bundesregierung Peter Altmaier um Mitteilung gebeten, was beide Organe unternehmen beziehungsweise schon unternommen haben, um dem an sie gerichteten Verfassungsbefehl in dieser kurzen Zeit zu entsprechen: die EZB zur schriftlichen Vorlage dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung zu bringen, mit der sie ihre uns alle verpflichtenden Anleihekäufe begründet.“

Sollte EZB-Chefin Christine Lagarde das Prüfungsergebnis nicht fristgerecht vorlegen, dürfe sich die Bundesbank ab 6. August 2020 nicht mehr an den PSPP-Ankaufprogrammen der EZB beteiligen, betont Gauweiler. „Geschähe dies trotzdem, gerieten die deutschen Akteure sofort in den Bereich der Amtshaftung. Das wollen wir allen Beteiligten und dem dann schadenersatzpflichtigen deutschen Staat nicht wünschen.“ Das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland hält Gauweiler für aussichtslos. „Klar ist aber auch, wer diesen Konflikt sucht, der kann ihn haben.“ Ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gleiche „angesichts der eindeutigen Vertragslage dem Versuch, Schneebälle zu rösten“, so Gauweiler. „Den Schaden würde die EU selbst tragen – ein europäisches System ohne unsere auf ein funktionierendes Grundgesetz gestützte Bundesrepublik ist ebenso wenig vorstellbar wie eine Bundesrepublik ohne Grundgesetz.“

Besonders den Bundestag sieht Gauweiler in der Pflicht, die Interessen Deutschlands gegenüber der EU und der EZB stärker zu vertreten. „Zur wichtigsten Aufgabe der Parlamentskompetenz zählt das Wächteramt über den Haushalt, das natürlich niemals an „unabhängige“ Bankenmanager hätte abgegeben werden dürfen. Ein Bundestag, der gewählt wird, aber in Sachen unabsehbarer großer finanzieller Verpflichtungen Deutschlands nicht das Geringste zu sagen und zu entscheiden hat, setzt die ihm anvertraute Demokratie außer Kraft.“


Das gesamte Interview in Tichys Einblick Ausgabe 07-2020 >>>

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Kommentare ( 85 )

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Ali
3 Jahre her

Dieser Artikel ist ein einziger GENUSS.

Dieses Raubrittertum am deutschen Sparer, explizit gefördert durch U-Boote in der eigenen Bundesregierung muss endlich in die Schranken gewiesen werden!

Tausend Dank Herr Gauweiler!

IJ
3 Jahre her

Danke, Danke, Danke, Peter Gauweiler, für Ihren Mut, Ihren glasklaren Verstand, Ihre Sachkompetenz und Ihr unermüdliches Eintreten für die parlamentarische Demokratie und die Rechtsstaatsprinzipien. Sie sind als Politiker und Mensch ein echtes Vorbild für mich! Das Recht und die Aufrechten haben es derzeit schwer in der Einheitspartei aus CDU/CSU/SPD/Grüne/FDP/Linke. Umso höher ist ihr Verdienst!

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Zitat: „ein europäisches System ohne unsere auf ein funktionierendes Grundgesetz gestützte Bundesrepublik ist ebenso wenig vorstellbar“ > Da ich nun ja nicht grad eine polit. Leuuchte bin, möchte ich hier -auch TE- mal fragen uns um eine kurz Erklärung bitten Da doch alle Mietgliedsländer in der EU eigenständige Staaten sind, WARUM ist hier dann für die EU unser Deutsches Grundgesetzt SO wichtig UND WARUM würde die EU dann ohne das/unser GG nicht funktionieren?? – – – – – – – – 2.) Und noch kurz zu Herrn Gauweiler! Dieser CSU-Mann erscheint mir als zumindest noch ein Politiker, der auf unser… Mehr

Marie-Jeanne Decourroux
3 Jahre her

„Bundestag und Regierung müssen Verfassungsbefehl umsetzen.“
Glaubt Gauweiler das wirklich? Wenn wir noch einen Rechtsstaat hätten, ja dann…

MeHere
3 Jahre her

Es ist schon zu spät – die Regierung wird das Urteil des BVG ignorieren und auf den EUGH verweisen – in D wurde geputscht und keiner hat es gemerkt … OMG

Petra Horn
3 Jahre her

Warum muß die Regierung?
Es gibt Recht und Gesetz. Aber das wird von der Regierung seit Jahren gebrochen, und keiner setzt das geltende Recht durch.
Die höchste Instanz ist der Souverän und der läßt es geschehen.
Ich frage mich, ob sich das irgendwann ändern wird.

Aljoschu
3 Jahre her

Es war nicht immer meine Überzeugung, aber seit einigen Jahren sehe ich Peter Gauweiler als den letzten, mutigen und entschlossenen Verteidiger des deutschen Grundgesetzes und der Rechtsprinzipien der ehemals Bonner Republik. Es ist geradezu eine Farce, wie die ehemalige DDR-Parteisekretärin und IM „Erika“, Angela Merkel, ausgerechnet die CDU und mit ihr den deutschen Rechtsstaat an sich reißen und nach gewohntem SED-sozialistischen Muster abräumen konnte – unter jahrelangen stehenden Ovationen der CDU-Parteibonzen. Wie da der sehr geschätzte Herr Gauweiler noch unter der CSU agieren kann – zudem zusammen mit einem feigen und hinterhältigen Rufmörder und Rückenstecher wie Seehofer (siehe Affäre Kuhn… Mehr

jansobieski
3 Jahre her

Einer Regierung, der das Grundgesetz egal ist, ist auch das Verfassungsgericht egal.

Onan der Barbar
3 Jahre her

„Die Regierung muss gar nichts“ – neues Credo des BRDigungsunternehmens.

Werner
3 Jahre her

Stellt euch vor, die alten weißen Männer/Frauen würden das System austrocknen, indem sie keine Steuern mehr zahlen würden. Die links-grünen Schwachköpfe würden verhungern.

Thorsten
3 Jahre her
Antworten an  Werner

Der Zustand wird ein etwa 10 Jahren eintreten. Dann wird es wohl eine Vermögensabgabe oder Lastenausgleich geben.

Sie könnte aber wegen dem zu erwartenden Euro-Kollaps auch schon früher kommen.