Freiheit der Lehre: Ralf Schuler darf nicht an Uni sprechen

Der Leiter des Berliner BILD-Büros Ralf Schuler darf nicht an der Hochschule des Bundes vortragen - ein „weiterer Verstoß gegen die Freiheit der Lehre“.

imago images / Müller-Stauffenberg

An einer Hochschule des Bundes wird Merkel-Kritikern der Mund verboten:
Eigentlich sollte Ralf Schuler, Leiter des Berliner BILD-Büros an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung im Fachbereich Nachrichtendienste einen Vortrag halten zu einem einschlägigen Thema: „Aus dem Maschinenraum der Macht: Wie Politik in der Praxis funktioniert“.

Die Durchführung der Veranstaltung wurde von der Hochschulleitung untersagt. Dies wurde mit der Aussage begründet, das Thema habe weder etwas mit dem Lehrplan noch mit der Lehrbefugnis des einladenden Professors zu tun. Schuler sollte im Seminar von Martin Wagener sprechen, der Politikwissenschaft / Internationale Politik lehrt – und pikanterweise mit der Ausbildung von Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes beauftragt ist. Wagener dazu:

„Ich betrachte diesen Vorgang als weiteren Verstoß gegen die Wahrnehmung der Lehrfreiheit nach Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz. Natürlich habe ich meinen Unterricht an jenen Themen auszurichten, für die ich berufen worden bin. Dies ist die Internationale Politik mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik. Dabei spielen Machtfragen jedoch stets eine große Rolle, und es sollte doch gerade an einer praktisch ausgerichteten Hochschule eine Selbstverständlichkeit sein, Studenten für machtpolitische Prozesse zu sensibilisieren. Im konkreten Fall ist dies sogar besonders wichtig. Meine Studenten werden später für den BND arbeiten und dann regelmäßig mit politischen Entscheidungsträgern umgehen müssen.“

Kein Platz für Merkel-Kritiker

So gehts an der Universität zu
Linksintellektuelle Diskursmacht: Rausgeekelt aus dem Seminar
Wagener und Schuler sind wohl in Ungnade gefallen. Wagener hat im Selbstverlag ein umstrittenes Buch herausgebracht mit dem programmatischen Titel „Deutschlands unsichere Grenze. Plädoyer für einen neuen Schutzwall“. Darin widerspricht er aus sicherheitspolitischen Erwägungen der Politik der offenen Grenzen, wie sie Angela Merkel durchgesetzt hat: „Illegale Migration, Grenzkriminalität, Terror-Einreise und -Rückkehrer, Waffen- und Drogenschmuggel gefährden den inneren Frieden der Gesellschaft“.

Sein Buch wurde bei Erscheinen heftig kritisiert und Wagener wegen seiner nicht-konformen Meinung als „rechts“ denunziert. Eine BND-Sprecherin erklärte sogar öffentlich, man prüfe den Vorwurf, in seinem Buch vertrete er rechtsextremes Gedankengut. Eine Gutachterkommission hat den Vorwurf zurückgewiesen und Wagener Klage gegen seine Hochschule erhoben: Wegen Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber einem verlässlichen Bundesbeamten wie ihm, der 20 Jahre Politikwissenschaft unterrichtet. In der öffentlichen Kampagne wurde ihm unterstellt, er habe „Internierungslager für Asylbewerber“ gefordert – was nicht den Tatsachen entspricht. Bitter fasst Wagener zusammen: „Wir sind zu einem Land der Verdächtigungen und Denunziationen geworden.“ Und über den BND sagt er: „Ein Dienst, der die Freiheit schützen soll, gefährdet sie.“

Sein Vortragsgast Ralf Schuler ist Leiter des BILD-Parlamentsbüros und als solcher auch ständiger Begleiter der Bundeskanzlerin auf Auslandsreisen. Er ist regelmäßiger Gast bekannter Talkshows („Hart aber fair“, „maybrit illner“) und des ARD-Presseclubs. Zudem hat er in diesem Jahr im Herder-Verlag sein neues Buch veröffentlicht: „Lasst uns Populisten sein. Zehn Thesen für eine neue Streitkultur“. In diesem Buch kritisiert Schuler massiv die Bundeskanzlerin und die klassischen Parteien.

Es ist eine knallharte Abrechnung mit einer Politik, die sich mehr und mehr vom Volk (lateinisch: populus) entfernt und – so Schuler – zu einer schier heiligen Hetzjagd gegen das Gespenst des Populismus verbündet hat. Für Schuler ist diese Hetzjagd samt „Vertotschlagwortung“ indes ebenfalls blanker, in diesem Fall linker Populismus, dem ein „rechter“ Populismus nicht in den Kram passt, weil er beim Regieren stören könnte. Dafür scheint den Systemparteien jedes Mittel recht, auch das der Pathologisierung „populistischer Kräfte“. Die Verwendung von Begriffen wie Xenophobie, Islamophobie, Homophobie lassen jedenfalls dunkelste Abschnitte deutscher und sowjetischer (Psychiatrie-) Geschichte assoziieren.

Bevorzugtes Objekt der Kritik Schulers sind Merkel und die Merkel-CDU. In letzterer habe sich „Duckmäusertum“, ein Wegducken unter „absolutistischer Herrschaftsgeste“ breitgemacht, alle Alarmglocken seien verstummt, und am Ende sei die CDU als „Merkel-Applausverein“ mit ihrer teils beliebigen, teils rot-grün angehauchten Politik für das Auftreten und Erstarken der AfD verantwortlich.

Die Absage des Vortrags habe er „mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen“, erklärt er TE: Die Begründung, ein Vortrag über praktische Politik sei vor Studenten für Politik und Politikwissenschaft themenfremd, erscheint mir nicht wirklich schlüssig. Wenn die Begründung tatsächlich ernst gemeint wäre, wäre sie eher absurd. Ich halte mich nicht für wichtig genug, um den Vorgang in irgendeiner Weise persönlich zu nehmen. Da ich als Journalist und Korrespondent für Union und Kanzlerin bei BILD ohnehin öffentlich agiere, können es kaum meine Themen sein, die die Entscheidungsträger der Hochschule verschreckt haben. Kurz: Der Verdacht, dass interne Ränkespiele im Hintergrund eine Rolle spielen, liegt nicht ganz fern. Auch hier wäre der akademische Betrieb dem politischen ähnlich …


Unterstützung
oder