Fastabsturz über Berlin: Schon wieder eine Regierungsmaschine

Diesmal war die Crew allein in Lebensgefahr. Offenbar war es haarscharf, schon wieder. Beide Tragflächen berührten den Boden unmittelbar vor der Landung.

imago images / Eibner
Eine Bombardier Global 5000, Bundesrepublik Deutschland Flugbereitschaft Berlin Tegel, beim Start vom Rollfeld des Flughafen Berlin Tegel, Symbolfoto
Diesmal war es eine Regierungsmaschine vom Hersteller Bombardier, eine Global 5000, die fast eine Bruchlandung hinlegte, als sie wegen akuter Probleme mit der Steuerung zu ihrem Startflughafen Berlin-Schönefeld umkehrte. Es muss ein gewaltiges Stück Flugkunst des Piloten gewesen sein, dass die Maschine nicht bei der Landung abstürzte. „Die Maschine hatte mit beiden Tragflächen Bodenberührung. Und eine kontrollierte Landung war nicht mehr möglich“, gab denn auch ein Sprecher der Luftwaffe gegenüber dpa unumwunden zu. Wenn aber beide Tragflächen kurz vor der Landung Bodenberührung haben, was nur nacheinander geschehen kann, dann ist dieses Flugzeug derart aus dem Gleichgewicht gewesen, dass es haarscharf an einem Absturz vorbeischrammte – einer Totalzerstörung. Dafür, dass das so war, spricht auch, dass die Maschine anschließend auch nicht mehr auf der Landebahn zu halten war.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) musste die Panne wenig später persönlich eingestehen. Sie teilte mit, die Luftwaffenbesatzung habe es geschafft, „den Jet unter schwierigsten Bedingungen zu Boden zu bringen und damit Schlimmeres zu verhindern“. Das spricht für sich. Zu denken gibt insbesondere, dass es wieder eine Maschine traf, die direkt von einer Wartung kam. Die Bombardier Global 5000 war in Schönefeld überholt worden, und sie war auf dem Weg zum Flughafen Köln-Bonn, wo sie und die weiteren 13 Flugzeuge stationiert sind, die der Bundesregierung zur Verfügung stehen. Welcher Defekt diesmal auftrat, ist bislang nicht bekanntgegeben worden. Es werden jedoch Erinnerungen an die Reise der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers zum G-20-Gipfel in Buenos Aires wach.

Ende November musste die „Konrad Adenauer“, das Flaggschiff der Regierungsfliegerstaffel, über den Niederlanden umkehren. Der Defekt von gleich mehreren zentralen Systemen war so gravierend, dass nicht einmal mehr notfallmäßig Kerosin abgelassen werde konnte. Nach dem dramatischen Ende der Kanzlerreise nach Südamerika wurde die „Konrad Adenauer“ generalüberholt. Die erste Reise nach dem Verlassen der Flugwerft war eine besonders wichtige Mission: Bundesaußenminister Heiko Maas war auf dem Weg nach New York, um für Deutschland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat zu übernehmen. Doch er kam nicht rechtzeitig an, das erste Treffen musste abgesagt und teilweise verschoben werden. Eine handfeste Blamage! Bei der Landung auf dem New Yorker Flughafen „John F. Kennedy“ war einer der großen Reifen an einem Fahrwerk geborsten. Der vierstrahlige Airbus musste von der Flugfeldsicherung abgeschleppt werden.

Am Haken der Vorfeldschlepper war dann heute auch die Global 5000, die kleinere Schwestermaschine der „Konrad Adenauer“. Aber es war nicht nur ein Reifenplatzer, nein, es war schlimmer. Fast noch dramatischer als bei der Havarie der Kanzlerin im November muss es heute an Bord gewesen sein. Keine prominenten Passagiere, aber die Mitglieder der Crew waren in akuter Lebensgefahr, und dazu mutmaßlich viele Menschen, auf die der Pannenflieger hätte stürzen können. Und anders als bei der nächtlichen Notlandung in Köln/Bonn waren viele tausend Fluggäste betroffen, denn der Beinahe-absturz ereignete sich um 9.30 Uhr am Morgen. Schönefeld muss einen wachsenden Bedarf in Berlin abfangen, weil auch mit acht Jahren Verspätung der Pannen-Airport BER weit von einer Eröffnung entfernt ist. In der Bundeshauptstadt macht sich Fatalismus breit. Denn die immer greifbarere Misere im Luftverkehr ist nur ein Symptom – sie hat ihre Entsprechung am Boden.

Erst gegen 12 Uhr mittags konnte die Flugabfertigung in Schönefeld wieder anlaufen. Über drei Stunden hat damit ein erneuter Fast-Absturz einer Regierungsmaschine einen der großen deutschen Verkehrsflughäfen lahmgelegt. Doch das ungeahnte, erneute Risiko betraf nicht nur die Crew und alle Menschen am Flughafen Schönefeld. Am Tag nach dem Beinahe-Absturz sollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit diesem Flugzeug eine Reise antreten. Es ist für die Luftwaffe ebenso wie für die zuständige Ministerin eine riesige Blamage. Schon wieder.

— Tagesspiegel (@Tagesspiegel) April 16, 2019

 

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