EU-Urheberrechtsreform: „Merkelfilter“ statt Uploadfilter

Das deutsche Kanzleramt verschärft den Art. 13, ignoriert den Koalitionsvertrag und erzwingt auch bei kleinen Plattformen den Einsatz von Uploadfiltern, die für kleine Plattformen finanziell ruinös sind.

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Weil die deutsche Regierung auf Druck des Bundeskanzleramts umgefallen ist, wird die EU-Urheberrechtsreform womöglich doch noch in dieser Legislaturperiode des EU-Parlaments Gesetz. Bereits an diesem Montag könnte der sogenannte Trilog,  die letzte Runde des Abstimmungsprozesses zwischen Kommission, Rat (den nationalen Regierungen) und Parlament der EU abgeschlossen werden. Denn Deutschland hat sich überraschend in der Nacht auf Freitag auf eine Verschärfung des Artikels 13 eingelassen und damit auf einen faulen Kompromiss mit Frankreich.

Damit ist die bisherige Pattsituation durch die Bundesregierung beendet worden, die noch vor wenigen Wochen Anlass zur Hoffnung bot, dass die wegen der drohenden Netzzensur durch Uploadfilter umstrittene EU-Gesetzgebung aus Zeitgründen vor der EU-Wahl nicht mehr Gesetzeskraft erlangt.

Weil das EU-Parlament über das Trilog-Ergebnis noch abstimmen muss, sollten sich möglichst viele Netz-Nutzer in den nächsten Tagen direkt per Mail an ihre EU-Abgeordneten wenden oder die entsprechende Petition an das EU-Parlament (www.savetheinternet.info) unterzeichnen. Das taten bereits mehr als 4 Millionen Bürger. Sie haben diese Petition damit zur weitaus meistunterzeichneten in der EU-Parlamentsgeschichte gemacht. Am 26. Mai sind EU-Wahlen. Abgeordnete, die wieder gewählt werden wollen, aber auch neue Kandidaten, sind gerade vor Wahlen hochsensibel auf breiten Bürgerprotest.

Der Deal zwischen Frankreich und Deutschland zwingt auch kleine Internetplattformen, Uploadfilter zu installieren, um Urheberrechtsverletzungen zu erkennen und von Usern hochgeladene Beiträge löschen zu können. Folgende drei extrem engen Kriterien sollen dafür gelten:

  1. Die Plattform ist jünger als drei Jahre.
  2. Der Jahresumsatz beträgt weniger als 10 Millionen Euro.
  3. Die Plattform hat weniger als 5 Millionen Nutzer pro Monat.

Das heißt in der Praxis für alle, die im Netz als User oder Betreiber von Plattformen unterwegs sind: Die Inhaber von Urheberrechten können jede profitorientierte Website, egal wie klein sie auch ist, zu einer teuren „Zensurmaschine“ zwingen.  Diese Uploadfilter alias Merkelfilter bestehen aus Algorithmen, die automatisch zwischen Urheberrechtsverstößen und legaler Nutzung unterscheiden sollen. Dass das nicht funktioniert, ist bekannt und führt deshalb oft zur vorsorglichen Löschung.

Damit ist der Vorwurf der Zensur im Netz, den die Kritiker dieser Regelung vorbringen, durchaus berechtigt. Außerdem werden so mittelständische Plattformen aus Kostengründen aus dem Markt gedrängt, während die großen Monopolplattformen die EU-Auflagen aus der Portokasse bezahlen können.

Eine Petitesse am Rande: Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist zu lesen: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu ‚filtern‘, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“ Im Bundeskanzleramt schert man sich nicht darum. Die Kanzlerin kann ja gut mit Friede Springer und dem Vorstandsvorsitzenden Matthias Döpfner, der gleichzeitig Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger ist. Und Döpfner kämpft seit Jahren für „sein“ Leistungsschutzrecht.

Gute Informationen sind zu erhalten bei der Europaabgeordneten Julia Reda von der Piratenpartei: https://juliareda.eu/de

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