Die Verhöhnung der Friedlichen Revolution von 1989 durch die Leipziger Philharmoniker

Sollten die Leipziger Philharmoniker an dem skandalösen Entschluss festhalten, steht es in der Verantwortung jedes einzelnen, diesem Konzert fernzubleiben, das durch die Wahl des Festredners Geschichtsklitterung betreibt.

Screenprint: Philharmonie Leipzig

Die Leipziger Volkszeitung berichtete, dass die Leipziger Philharmoniker in der Peterskirche ein Gedenkkonzert zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution veranstalten wird. Allerdings scheint der Philharmonie Leipzig nicht an dem würdigen Gedenken, sondern an der Verhöhnung der friedlichen Revolution gelegen zu sein, denn anders lässt sich die Wahl des Festredners nicht erklären. Was um alles in der Welt trieb die Leipziger Philharmoniker dazu, den Bock zum Gärtner zu machen und Gregor Gysi um die Festrede zu bitten?

DDR SED
Gysis Mission
Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden, der damals unter Gefahr für Reformen in der DDR für Demokratie und Freiheit eintrat. An der Seite der Bürgerrechtler stand Gregor Gysi meines Wissens jedenfalls nicht. Als viele Delegierten im Dezember 1989 zum Sonderparteitag der SED mit dem Mandat, die  Partei aufzulösen, fuhren, überredete ausgerechnet jener Gregor Gysi seine Genossen vom Gegenteil. Er bezeichnete die Auflösung der SED als „im hohen Maße verantwortungslos“, denn die Auflösung würde das Parteivermögen in Gefahr bringen und die 44.000 hauptamtlichen Mitarbeiter der SED in die Arbeitslosigkeit schicken. Ausgerechnet den Mann, der die SED rettete, laden die Leipziger Philharmoniker zum Festredner ein. Soll die Gedenkveranstaltung zu einem späten Sieg der SED über die Bürgerrechtler geraten? Gysis Bestellung als Festredner reiht sich ein in die Bemühungen zur schleichenden Nobilitierung der DDR. Diktatur scheint wieder chic zu werden.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, auf der Seite der Bürgerrechtler stand Gysi nicht, sondern auf Seiten der Gegner der Friedlichen Revolution. So gesehen hätte man auch Egon Krenz bitten können, die Festrede zu halten oder Erich Honecker, wenn der noch leben würde.

Der Musiker Kurt Masur, der mit fünf weiteren Leipzigern am 9. Oktober 1989 den Aufruf „Keine Gewalt“ verfasste und damit einen Anteil hatte am friedlichen Verlauf der Demonstrationen, wäre entsetzt über die Geschichtsvergessenheit der Philharmoniker.

Der Leipziger Philharmonie bleibt nur, den ungeeigneten Festredner wieder auszuladen, wenn sie nicht die friedliche Revolution von 1989 verhöhnen will, nicht die Bürgerrechtler beleidigen möchte, die mutig dem Regime entgegentraten. Sollte sie jedoch an dem skandalösen Entschluss festhalten, steht es in der Verantwortung jedes einzelnen, diesem Konzert fernzubleiben, das durch die Wahl des Festredners Geschichtsklitterung betreibt.

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Kommentare ( 98 )

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WandererX
4 Jahre her

Hier sieht man, wie kriecherisch ein Gutteil des Akemikertums in Deutschland ist.
Im Osten machen sie auf Antifa, im Westen auch, nur etwas anders

Karl Schmidt
4 Jahre her

Warum sollen Besucher nicht eine Gegenrede halten wollen?

Kuno.2
4 Jahre her

Man sollte abwarten was Gysi zu sagen weiß.
Aber eines kann man nicht von ihm erwarten: dass er die Wiedervereinigung, die ja keine war und nach dem Willen der Besatzungsmächte auch nicht sein durfte, feiert.
Er wird mit vorsichtigen und teils humorvollen Sätzen das alles relativieren; sein Steuerbetrug bei der Hinterziehung von rund 100 Millionen DM ins Ausland wird er nicht ansprechen, seine Mitarbeit bei der Stasi ebenfalls nicht.
Gysi und Genossen können zufrieden sein: die an der Staatsspitze ist eine der ihren und die ganze Republik entwickelt sich langsam aber sicher in Richtung Planwirtschaft und Sozialismus.

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Kuno.2

Damit gefährden sie aber auch ihr „Geschäftsmodell“: ein von finanzieller Kraft sträubendes Kapitalistisches Land zur Finanzierung der linken Blütenträume zu schröpfen.

In einer „DDR 2.0“ weden Bayern und BwWü keine Milliarden mehr erwirtschaften, die die Links-Grünen hemmungslos verprassen können.

hoho
4 Jahre her

Also mit dem Schlag ins Gesicht ist ein kleines bisschen übertrieben oder? Die Gestalten, die in der Partei Linke lauern, gefallen mir nicht, das bedeutet aber nicht dass sie nicht Befreiung aus kommunistischer Knechtschaft feiern dürfen. Es ist natürlich ein Problem wenn die „Intelligentia“ sich dermaßen hinter Marxisten stellt wie sie es heute nicht nur in D. tut. Gysi ist mMn weniger problematisch als die SPD und Grüne, die das gleiche, vielleicht noch radikaler dafür aber unter Deckmantel der bürgerlichen Parteien sagen und tun. Ich erinnere mich vielleicht falsch. – waren das aber nicht nur SPD und Grüne die bei… Mehr

Thorsten
4 Jahre her

Wäre doch eine gute Gelegenheit für einen „Flashmob“. Wie vor kurzem im Bundestag.

Wo sind die Wackeren, die diesem verlogenen Mummenschanz die Maske herunterreißen…

Sabine Ehrke
4 Jahre her

Sehr geehrter Herr Mai, ach kommen Sie, was haben Sie denn erwartet? Friede, Freude Lob und Ehr‘ den Dunkeldeutschen? Sie, und ich erneut, leben bereits im nun grünen marxistisch-leninistischen Regime voller Faschisten, denen ein Großteil dieser Nation wieder zujubelt. Die öffentliche Verbrennung von Ketzern und Ungläubigen ist nur noch eine Frage von Monaten. Trauen Sie sich, machen Sie die Augen auf, sehen Sie hin und erkennen, wer diese Leute sind, die den Redner zum Pult baten. Die Musiker jener Institution hätten nun die Aufgabe, geschlossen den Saal zu verlassen. Doch ein solches Rückgrat, wie es der Dunkeldeutsche aus besagten Zeiten… Mehr

Mein Onkel
4 Jahre her

Künstler von heute scheinen auch nicht mehr ganz das zu sein, was sie früher einmal waren… z.B. kritisch und eigenständig in ihrer Haltung.

Heute schwimmt man lieber mit dem Strom… getreu dem Motto: „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing.“

Hoffnungslos
4 Jahre her

Wem gilt denn das angesagte „Gedenken“ der Leipziger Philharmoniker? Gedenken sie der untergegangenen DDR und deren erfolgreicher Wiederauferstehung?

Bummi
4 Jahre her

Helmut Kohl hat aus machtpolitischen Kalkül die gesamte Ost CDU übernommen. Da waren zum Teil strammere Genossen als in der SED selbst. Und der Dilletantismus der DDR Abwicklung mit der Treuhand war schwerlich zu topen. Dazu wurde die Chance die westdeutsche Gesellschaft zu modernisieren völlig vertan. Stattdessen wurde die überbordende westdeutsche Bürokratie mit dem hemmenden Elementen des übertriebenen bürokratisierten Förderalismus 1 zu 1 übernommen. Die Führungspositionen wurden fast ausschließlich mit Westdeutschen besetzt. 70 Prozent aller Immobilien sind inzwischen auch in westdeutscher Hand. Außerdem würde ich kein Problem in Festrednern der Linken sehen, wenn Vertreter der Linken nicht gleichzeitig andere Parteien… Mehr

Eloman
4 Jahre her

Na klar, da Erich I und Erich II tot, Krenz über 80 und Modrow über 90 sind, bleiben von den ganzen Politganoven nicht mehr viele über, was? Ist fast so als wenn Albert Speer ne Rede zum Ende der Naziherrschaft am 8.5.1975 gehalten hätte.