Der Spiegel liefert nicht mehr Fakten, sondern Haltung

Matussek über Augsteins vergessenen Halbsatz: „Sagen, wie die Welt is – und nich, wie se sein soll“.

Getty Images

Hamburg. Matthias Matussek, bis 2014 selbst mehr als 25 Jahre als Reporter, Kulturchef und Kolumnist beim Spiegel tätig, sieht das Magazin schon lange auf Abwegen, weil es sich vom Credo des Spiegel-Gründers Rudolf Augstein verabschiedet hat. Bei der im Foyer des Spiegel-Hauses an die Wand geschriebenen Devise „Sagen, was ist“ fehlt nämlich der zweite Teil des Satzes. „Rudolf sagte: «Sagen, wie die Welt is – und nich, wie se sein soll.» Diesen Halbsatz hat der Spiegel seit Jahren, zu seinem eigenen Schaden, vergessen“, schreibt Matussek in der aktuellen Titelgeschichte des Monatsmagazins Tichys Einblick.

„Im Spiegel ging es in den letzten Jahren nicht mehr darum, Fakten zu präsentieren, sondern um Haltung, und das berührt eine viel tiefere Krise des Journalismus“, so Matussek. »Haltung beginnt, wo das Faktensammeln aufgehört hat. Haltung ist ein Erziehungsprojekt geworden, und wir wissen, dass Journalisten in Deutschland zu drei Vierteln eher zu links-grün erziehen möchten. „Haltung“ scheint daher zum obersten journalistischen Gebot zu werden«, stellt Matussek fest. Reporter Claas Relotius habe deshalb schlicht und einfach passgenau das geliefert, was der Spiegel erwartete. „Er war der Dealer, der sagen konnte: Ich hab genau den Stoff dabei, den du brauchst.“

»Wahre Haltung wäre die Einschaltung des gesunden Menschenverstands. Haltung hieße: Die Hacken eingraben gegen den Strom. „Haltung zeigen“ wäre es doch, die Folgen der deutschen Grenzenlosigkeit, die Auflösung der Nation zumindest infrage zu stellen und den deutschen Selbsthass der Linken zu thematisieren.« Dem Spiegel schreibt Matussek in Tichys Einblick ins Stammbuch: „Haltung wäre es, die Rechtsbrüche der Regierung auch im eigenen Blatt zu kritisieren und die einsame Kanzlerentscheidung über die Köpfe des Wählers hinweg, statt all das mit humanitärem Kitsch zuzukleistern. Unter Augstein wäre das sicher geschehen, unter Aust ebenfalls. Doch noch fährt der Ozeandampfer Spiegel, leckgeschlagen, auf dem alten Kurs. Er wird einen großen Wendekreis benötigen.“


Unterstützung
oder

Kommentare ( 40 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

40 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Ali
5 Jahre her

„Der Spiegel liefert nicht mehr Fakten, sondern Haltung.“

Das kann man nur unterschreiben. Die eigentliche Wut des Spiegel beruht auch sicherlich nicht darauf, das er einem verlogenen Märchenonkel aufgesessen ist, sondern ausschließlich darauf, das Relotius sich erwischen ließ und „Lügenpresse“ damit zu einem unumstößlichen Faktum der selbsternannten „Qualitätsmedien“ avancierte.

Deichgraf72
5 Jahre her
Antworten an  Ali

……und selbst der Playboy trieft vor Links-Grünen Mainstream, besonders schlimm der „Komiker“ Husman .

schwarzseher
5 Jahre her

Schon wieder ein Schreibteufel in “ Opportunismus „.

H. Priess
5 Jahre her

Zu Weihnachten bin ich mit der Bahn am am Spiegelgebäude in Hamburg vorbei gefahren und mir schoß durch den Kopf: Was für ein Protzbau für so ein **blatt. Als ehemaliger begeisterter Spiegelleser und Fan sehe ich dem Untergang dieses, einst demokratischen, investigativen Blattes, etwas traurig entgegen. Fassungslos mußte ich 2015 feststellen, dass dieses Blatt ein Sprachrohr der Regierung geworden ist. Es wurde zensiert auf Teufel komm raus, Foren gar nicht erst eröffnet angeblich, weil zu viele Beiträge eingehen die gegen die Nettiquette verstoßen. Ich glaube eher man wollte kritische Meinungen unterdrücken. Ich wurde mehrmals gesperrt und kann versichern nie jemanden… Mehr

UtaBuhr
5 Jahre her

Dass der Spiegel unter Jakob A. seinen Kurs ändern wird, dürfte ein frommer Wunsch sein und bleiben. Fanatiker seines Genres kennen nun mal keine Selbstzweifel. Wer einigermaßen bei Verstand ist, liest dieses Käseblättchen schon seit langem nicht mehr. Es gibt bessere Alternativen – s. TE, achgut und andere Blogs, die alles zulassen, was der Netiquette entspricht – egal welche Meinung geäußert wird. Das ist wahrhaftiges demokratisches Verhalten und aufrechte Haltung. Wohingegen bei ZON, SPON, WON und ähnlichen Portalen, die sich der politischen Korrektheit bedingungslos unterwerfen, nichts veröffentlicht wird, was dem Mainstream auch nur im geringsten widerspricht. Übrigens, der Spiegel wird… Mehr

WolfgangZ
5 Jahre her

Dass Haltung – auch Gesinnung genannt – die Wirklichkeit ersetzt, verdankt sich der Lutherei, die mit ihrer Rechtfertigung durch den Glauben und das Sollen – sola fide – die Werkgerechtigkeit und damit die Akzeptenz der Wirklichkeit ersetzte. Genau darum schwimmen Spiegel und Betschwestern und -brüder wie KGE, die Marxens und Bedfords im selben Strom. Luther sitzt tief in der deutschen Seele, die sich erst durch die kommende Islamisierung wandeln wird.
Der deutsche, mit Luther gesäuerte, Islam wird der von Tibi et alii vielbeschworene Euro-Islam werden. Luther und Mohammed vertragen sich prächtig mit ihren Wirklichkeitsverlusten.

schwarzseher
5 Jahre her
Antworten an  WolfgangZ

Ich wollte dies in einem eigenen Kommentar noch genauer definieren und tue dies jetzt hier als Antwort. Haltung kann man nicht mit Gesinnung gleichsetzen. Haltung ist für mich positiv besetzt und ich benutze dieses Wort, wenn jemand seine Überzeugung auch unter Inkaufnahme von Nachteilen äußert. Gesinnung ist für mich negativ besetzt und oft, nicht immer, mit Opportuismus verbunden. Der SPIEGEL und die diversen hier schon öfter Genannten liefern eine Gesinnung, keine Haltung. Die Bezeichnung Gesindel mag zufällig ähnlich sein, veilleicht aber auch nicht, das zweite n ist eventuell nur aus Bequemlichkeit entfallen.

WolfgangZ
5 Jahre her
Antworten an  schwarzseher

Die positive Besetzung des Begriffes Haltung steht für das preussisch-deutsche Elend. Der Begriff ist Kasernenhofjargon.

schwarzseher
5 Jahre her
Antworten an  WolfgangZ

Unter Preußen stieg Deutschland zu einer weltweit geachteten und bewunderten Wirtschafts- und Kulturnation auf. Nur ein Teil der heute lebenden Deutschen hat Schwierigkeiten, dies anzuerkennen, weil sich kaum jemand mit der Geschichte Preußens befaßt und sein gesamtes Wissen darüber aus SPIEGEL, STERN, SZ, Kopp und Co. bezieht. Nur als Hinweis: Nach dem ersten Weltkrieg ( nein, nicht von Preußen begonnen, genauso wenig der deutsch-französische Krieg von 1870/71, den Frankreich Preußen erklärt hat ) hat Preußen meines Wissens nach die NSDAP verboten hat.

Ronaldo
5 Jahre her

Der Spiegel sollte sich leicht umbenennen. Neuer Name: Zerrspiegel. Dann passt es wieder.

Klaus Maier
5 Jahre her
Antworten an  Ronaldo

Beim SPIEGEL fällt mir nur ein – Scherben bringen Glück. Mal sehen, wie lange es dauert.

holdtheline
5 Jahre her

Wenn´s denn nur der Spiegel wäre. Selbst bei WO werden Kommentare mit Quellenangaben, z.B. BAMF-Migrationszahlen nicht veröffentlicht, weil sie offensichtlich nicht in die „Haltung“ passen. Weglassen ist auch eine Methode.

Thorsten
5 Jahre her
Antworten an  holdtheline

Na immerhin kommen nicht im Morgengrauen Männer in Regenmäntel und sie verschwinden nicht „im Osten“. So war es auch in der DDR bis in die 50er…

RHU
5 Jahre her
Antworten an  Thorsten

Noch nicht!

honky tonk
5 Jahre her
Antworten an  holdtheline

In WO habe ich die gleiche Erfahrung gemacht.Ich wurde zuerst kurzzeitig gesperrt und zum Schluss auf Dauer,wahrscheinlich weil ich zu logisch gegen gehalten hab,oder zu viele Argumente brachte die man nicht gerne las.
Bertelsmann-Stiftung“Studien“ werden unkritisch übernommen wo mir schon bei der Überschrift klar ist,dass reine Propaganda betrieben wird.Bei anderen MSM ist es allerdings noch schlimmer.Man scheint den Leser für komplett bescheuert zu halten es sei denn man hat die angesagte Haltung.
Mein Traum wäre,dass alles ausser Aufruf zu Kapitalverbrechen veröffentlicht wird.Aber da man uns für Kinder hält müssen wir streng beaufsichtigt werden.

Petra-Karin
5 Jahre her
Antworten an  holdtheline

„…..weil sie offensichtlich nicht in die Haltung…“
Haltung könnte man durch „MEINUNG“ ersetzen.
(Wenn Gesinnung auch nicht passt; das würde auch den Begriff Gesinnungsethik (negativ) tangieren, was nicht sein sollte.

linda levante
5 Jahre her

Abgesehen von den Autoren und den hier schreibenden Lesern und einigen mutigen da draußen, hat unsere Gesellschaft verlernt bekommen, aufrecht zu gehen. Wir haben unsere Haltung verloren. Wie guter Journalismus aussehen kann, zumindest meistens, kann man bei TE lesen. Sie liefern den Stoff den wir brauchen, um wieder wir selbst zu sein und Haltung zeigen zu können, auch mit Fakten. Sagen was ist und nicht wie die Welt sein soll (und auch nie werden wird), sind Heilsversprechen. Propheten und Marktschreier, man kann sie beide kaum noch unterscheiden, beschreiben die „Neue Welt“ als das vollkommene Paradies. Das „Paradies“ wird muslimisch sein,… Mehr

Enrico
5 Jahre her

Die Auflagen der meisten Print-Leitmedien (MSM) schwinden (siehe Statistikportale), das ist nicht nur bei den Zahlen des Spiegel zu erkennen. Jedoch immer noch quälend (zu) langsam, für mein Empfinden. Und es wird bereits vereinzelt gegengesteuert. Siehe Rechercheverbund SZ mit den Anstalten (Anstalten!) des WDR und des NDR vom ÖR. Zudem gezielte finanzielle Pamperung durch explizite Schaltung von überdimensionalen teuren Werbeanzeigen aus öffentlichen Einrichtungen und über Umwege auch via Steuermittel (NGOs, Stiftungen). Letzteres Pampermittelchen ist nicht so bekannt, aber bei den überregionalen Printmedien sehr populär. Mal sehen ob und wann eine „offizielle“ Print-GEZ kommt. In diesem Dummland können sie alles machen,… Mehr

RUEDI
5 Jahre her

Hier ein aufgelesenes Zitat: „Der Spiegel ist die Bildzeitung für diejenigen, die im ganzen Satz lesen können.“ Ich ergänze, dass der Spiegel Teil und Speerspitze des PIMK – des Politisch-Ideologisch-Medialen-Komplexes ist, der dieses Land fest im Griff hat. Sie erzeugen Deutungsmuster und Sprechblasen, die von anderen kopiert und wiedergekäut werden bis zum Überdruß. Sie verpacken subtile und direkte Hetze gegen Andersdenkende und-redende in „Meinungspaketen“ geschickt mit Halbwahrheiten gemischt von sogenannten Meinungsmachern. Manche sprechen hier von Öffentlicher Meinung – falsch- Veröffentlichte Meinung ! Schlafwandler und veröffenlichte Meinung haben vor mehr als 100 Jahren Deutschland in einem Krieg gestürzt, gegen andere Völker.… Mehr