Der SPD laufen die Wähler weg – zur AfD

Gut möglich, dass die Union in einer Woche ein typisches Merkel-Ergebnis einfährt, vergleichbar den 35 Prozent von 2005 und den 34 Prozent von 2009. Nur: Die galten damals als Katastrophen-Ergebnisse.

Vernügungssteuerpflichtig ist das wirklich nicht, was Martin Schulz zur Zeit durchmacht: Er kämpft und kämpft – aber er und die SPD können den Abstand zur CDU nicht verringern. Im Gegenteil. Im ARD-Deutschlandtrend sind die Sozialdemokraten auf 20 Prozent gefallen, den schlechtesten Wert seit Januar dieses Jahres. Etwas Trost spendet da allenfalls das ZDF-Politbarometer, das ein kleines Plus auf 23 Prozent anzeigt. Aber selbst in diesem Fall wäre das ein Horror-Ergebnis. Die 23 Prozent von 2005 waren das schlechteste Ergebnis, das die deutschen Sozialdemokraten jemals erzielt haben.

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Besonders misslich: Während die SPD verliert oder auf niedrigem Niveau stagniert, legt die AfD zu – im Deutschlandtrend auf 12 Prozent. Diejenigen, die ständig „Merkel muss weg“ schreien, trauen es Schulz und der SPD immer weniger zu, die Dauerregentin aus dem Kanzleramt zu vertreiben. Im Frühjahr hatten sie genau das von Schulz noch erhofft. Damals war die SPD kurzzeitig auf mehr als 30 Prozent geklettert. Wobei man sich fragen muss, was in denn Köpfen von Wählern vorgeht, die zwischen SPD und AfD munter hin und her wechseln. Sehr rational handeln sie augenscheinlich nicht.

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Die SPD klammert sich seit Wochen an eine Hoffnung: aus der Zahl der unentschlossenen Wähler noch die Mehrheit zu sich herüberziehen zu können. Die beiden neuesten Umfragen haben ergeben, dass immer noch rund 40 Prozent sich nicht sicher sind, ob sie überhaupt zur Wahl gehen und wen sie gegebenenfalls wählen. Von den „Unentschiedenen“ ist aber keine Trendwende zu erwarten. Der größere Teil dürfte gar nicht wählen. Wenn 60 Prozent wissen, wen sie wählen werden, und etwa 30 Prozent nicht zur Wahl gehen werden, bleibt nicht mehr viel Raum für große Überraschungen.

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Die CDU/CSU liegt scheinbar uneinholbar vorn: 37:20 im Deutschlandtrend, 36:23 Im Politbarometer. Falls die Union 36 Prozent erreicht, kann gegen sie nicht regiert werden. Aber 36 Prozent entsprächen einem Verlust von 5,5 Punkten oder 13 Prozent gegenüber 2013. Gut möglich, dass die Union in einer Woche eine typisches Merkel-Ergebnis einfährt, vergleichbar den 35 Prozent von 2005 und den 34 Prozent von 2009. Nur: Die galten damals als Katastrophen-Ergebnisse.

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Ein Umfrageergebnis ist besonders interessant. Die meisten SPD-Wähler wünschen sich eine Fortsetzung der Großen Koalition, wollen nicht, dass ihre Partei in die Opposition geht. Ob Martin Schulz vielleicht besser als Vizekanzlerkandidat angetreten wäre? Wir werden es nie erfahren.

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Wahlkampfweisheit zum Tage: Die Wähler sind nicht so dumm, wie manche Wahlkampfstrategen meinen.

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Kommentare ( 36 )

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AngelinaClooney
6 Jahre her

Der Kollege Ulf Poschardt hat in der WELT einen wahren Abgesang auf die SPD geschrieben: https://www.welt.de/politik/deutschland/article168703343/Der-beispiellose-Niedergang-der-SPD.html

Dieter Rose
6 Jahre her

Auch wer CDU oder CSU wählt, wählt irrational.
Und FDP wählen ist einfach dumm.

Lagar
6 Jahre her

Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Müller-Vogg. Das ist ganz klar mein Wunschszenario, dass linke Wähler konservativer wählen und am Ende eine Schwarz-Gelbe-Regierung mit einer starken AfD in der Opposition möglich ist. Luftsrpünge würde ich machen, wenn die Grünen aus dem Parlaent flögen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die Aufteilung der Republik in eher Konservative und eher Linke von etwa 55% zu 45% recht festgefahren ist. Da gibt es geringfügige Abweichungen nach unten und oben, aber keine wesentlichen Wanderungen. Ich fände es klasse, dass diese immer linkere und zunehmend orientierungslose SPD mal unter 10% fällt, damit sie aufwacht. Derzeit… Mehr

as140
6 Jahre her

„Hallo, nicht die „Meisten“ SPD-Wähler wünschen sich die Fortsetzung einer GroKo, sondern etwas mehr als die Hälfte, was von den „Meisten“ weit entfernt ist.“
>50%= die Meisten. Das ist mathematisch so.

as140
6 Jahre her

„Diejenigen die “ Merkel muss weg“ als einzige richtige Lösung der Demokratiekrise sehen sind erfahren genug, es ist die Mittelschicht und der Mittelstand, die Leistungsträger und die Steuerzahler.“
Bin als Student, der erst Ende nächsten Jahres fertig sein dürfte, leider noch nichts davon, aber ich seh das auch so 🙂

Alfred Ost
6 Jahre her

Also: Für einen Klugscheisser halte ich Sie gewiß nicht, im Gegenteil. Dies Epitheton sei aber erlaubt: Wenn man also für die Renten“Versicherung“ etwas einzahlen muss, bitteschön, dann müssen auch die Löhne dazu vorhanden sein. Ich bin ein ebenso „Old man“ wie Sie, Jahrgang 1948 und ich persönlich habe, wie Sie, gearbeitet und mir etwas aufgebaut. Soweit so gut. Was aber zahlen die hier einfließenden Bataillone aus Afrika und dem Nahen Osten ein? Übrigens, nochmal zum Racker. Was hat dieser Herr denn in der Vergangenheit für die überdimensionierte Altersversorgung eingezahlt? Bleiben Sie gesund und streitbar.

Hinrich Mock
6 Jahre her

Viele wollen es nicht so genau wissen, weil dann klar wird, wie sehr und wie leicht sie sich haben für dumm verkaufen lassen. Und das ist eben sehr unangenehm und solange man es nicht wahrhaben will, kann man sich da herum drücken.

as140
6 Jahre her

„Diejenigen, die ständig „Merkel muss weg“ schreien, trauen es Schulz und der SPD immer weniger zu, die Dauerregentin aus dem Kanzleramt zu vertreiben. Im Frühjahr hatten sie genau das von Schulz noch erhofft.“

Nein, hatten Sie nicht. Schulz hat thematisch die Interessen der AFD-Wähler überhaupt nicht beachtet. Im Gegenteil. Er hat sie als Nazis bezeichnet. Die Umfragewerte der SPD Anfang des Jahres waren bloße Wunschträume, wie man an den Landtagswahlen eindeutig sehen konnte. Was wir wollen war keine Abwahl Merkels als Person, sondern darüber hinaus eine Abwahl der gesamten Willkommenskultur, für die auch Schulz steht.

josefine
6 Jahre her

Nach meiner Meinung hat Schulz einen strategisch bösen Fehler gemacht: Als er sich in den Schulz-Zug setzte, hätte er sich präziser von Frau Merkel abgrenzen müssen. Er kam neu und ohne „Altlasten“ in die deutsche Politik (die EU-Politik vergessen wir jetzt mal) und hätte seiner Politik eine neue Richtung geben müssen: weniger Politik für die Neuen und mehr für die, die schon länger hier leben. Er hätte sich unmissverständlich vor den deutschen Wähler stellen müssen, nur so hätte er eine Chance gehabt! Aber so, wie er auftritt, ist er ein Double von Frau Merkel. Das wollen die Wähler nicht, dann… Mehr

Daniela Gmeiner
6 Jahre her
Antworten an  josefine

Schulz ist Frau Merkel „mit Bart“, auch im EU-Parlament war er für die
Migrationspolitik, die gegen geltendes Recht verstößt.
Eine Chance für ihn wäre gewesen, Fehler einzugestehen und sich von
Merkel und Özoguz etc. zu distanzieren.

elio
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr M V.
Besuchen Sie einfach mal eine Wahlveranstaltung mit Prof Meuthen oder Dr. Weidel. Selbst Ihnen würde die sachliche Rede und Auseinandersetzung, mit den einzelnen Themen die die schon länger hier lebenden beschäftigen, auffallen. Dann hätten Sie auch Gelegenheit die Bedürfnisse von vielen Wählern direkt zu erfahren und Ihre Schlüsse daraus ziehen. Würde Ihnen ziemlich helfen Ihre unterschwelligen Fragen auf das wesentliche zu reduzieren.
Eines würden Sie allerdings nach so einem Wahlabend schmerzlich vermissen: Den Programmpunkt AfD=Nazi!!!

Tembel
6 Jahre her
Antworten an  elio

Die Aussage „Der SPD laufen die Wähler weg – zur AfD“ adelt die AfD tatsächlich in dem Sinne, dass es vor historisch nicht allzulanger Zeit die Kommunisten waren, welche geschlossen zur NSDAP übergetreten sind …
Für die AfD bedeutet das: Sozis rein, Nazis raus. Ob dann noch irgend ein Mensch die SPD benötigt ?

Jo S
6 Jahre her
Antworten an  elio

Da würde ich auch eine Wahlkampfveranstaltung mit Guido Reil empfehlen. Dann kommt man eventuell hinter das Geheimnis warum eine grosse Zahl ehemaliger SPD Wähler jetzt dazu tendieren AfD zu wählen. Seine Auftritte sind auch auf youtube zu finden.