Der forcierte Windkraftausbau ist verfassungswidrig

Ohne Folgenabschätzung und Folgenabwägung verstößt das Vorhaben der Bundesregierung, die Zahl der Windkraftanlagen zu verdoppeln, gegen Artikel 20a Grundgesetz, sagt der Verfassungsrechtler Dietrich Murswiek. .

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Nach Auffassung des Freiburger Staats- und Umweltrechtlers Dietrich Murswiek darf die Bundesregierung nicht weitreichende klimapolitische Beschlüsse fassen, die eine Verdoppelung der Zahl der Windkraftanlagen zur Folge haben werden, ohne zuvor den ökologischen Nutzen der Windkraft genau zu ermitteln und ihn gegen die ökologischen Nachteile der Windräder abzuwägen.

Wie Murswiek in einem Beitrag für FAZ EINSPRUCH darlegt, ist es mit der in Artikel 20a des Grundgesetzes normierten Umweltschutzpflicht des Staates unvereinbar, Maßnahmen zu beschließen, die den Zustand der Umwelt verschlechtern. Zwar diene der Klimaschutz dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, und der Staat sei deshalb zum Klimaschutz nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Aber wenn er zum Klimaschutz eine Technologie einsetze, die die Umwelt schädige, sei dies mit dem Grundgesetz nur dann vereinbar, wenn die Umweltschäden, die diese Technologie anrichte, nicht größer seien als die potentiellen Umweltschäden, die durch Einsatz dieser Technologie vermieden werden sollen.

Die bislang in Deutschland installierten Windkraftanlagen substituieren nach Angaben des Umweltbundesamtes rund 75 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, die bei Erzeugung des Stroms mit Kohlekraftwerken emittiert würden. Dies bringt, so Murswiek, für den Klimaschutz aber nichts, weil die Treibhausgasemissionen der Energieerzeugung durch das Emissionshandelssystem der EU gesteuert werden. Die in Deutschland durch die Förderung erneuerbarer Energien eingesparten CO2-Emissionen führten in diesem System zu im wesentlichen entsprechend höheren CO2-Emissionen in anderen EU-Staaten. Da somit die durch die Windenergieanlagen verursachten Umweltschäden nicht durch einen größeren klimapolitischen Umweltnutzen kompensiert werden, sei der Ausbau der Windenergie gegenwärtig mit Artikel 20a des Grundgesetzes unvereinbar.

Selbst bei Änderung der EU-rechtlichen Rahmenbedingungen sei der ökologische Nutzen des Windkraftausbaus fraglich. Die damit erreichbare Absenkung des Anstiegs der Erdtemperatur sei wahrscheinlich so gering, dass dies keine Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Menschen, Tieren und Pflanzen hätte.

Jedenfalls könnten die durch den massiven Ausbau der Windenergie mit Sicherheit eintretenden Umweltbeeinträchtigungen (beispielsweise Tötung von Vögeln und Insekten, Verkleinerung ihrer Lebensräume, Rodung von Wald, Verursachung von potentiell gesundheitsschädlichem Infraschall, Verunstaltung der Landschaft) nicht einfach mit dem pauschalen Hinweis gerechtfertigt werden, dass die Windkraft dem Klimaschutz und damit auch dem Schutz der Umwelt diene. Artikel 20a Grundgesetz verlange eine Abwägung der konkreten positiven und negativen Auswirkungen der Windkraft auf die Umweltgüter. Dazu müssten die angestrebten positiven Auswirkungen zunächst ermittelt werden. Statt auf den Klimawandel im ganzen hinzuweisen, müsste die Bundesregierung darlegen, welchen Erfolg die Verdoppelung oder Verdreifachung der Windkraftanlagen für die Absenkung des Temperaturanstiegs haben könnte. Und wenn sich überhaupt eine umweltrelevante Auswirkung auf die Durchschnittstemperatur begründen ließe, müsste gezeigt werden, welche Tiere oder Pflanzen in welcher Weise durch den bei Unterlassung des Windkraftausbaus erwarteten Temperaturanstieg geschädigt würden. Diese erwarteten Schäden, die durch den Windkraftausbau vermieden werden sollen, müssten dann den durch die Windkraftanlagen verursachten Schäden gegenübergestellt werden. Der Windkraftausbau lasse sich nur rechtfertigen, wenn die durch den Einsatz der Windkraft vermiedenen Umweltbeeinträchtigungen größer sind als die durch ihren Einsatz verursachten Umweltbeeinträchtigungen.

Solange es eine solche konkrete Folgenabschätzung und Folgenabwägung nicht gibt, verstößt – so Murswiek – eine klimapolitische Entscheidung der Bundesregierung, welche die Weichen in Richtung auf mindestens eine Verdoppelung der Zahl der Windkraftanlagen in Deutschland stellt, gegen Artikel 20a Grundgesetz.

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Kommentare ( 48 )

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Karl Napf
4 Jahre her

Der Klima -Irrsinn wird lupnrein klar wenn man sich Lösung der Groko ansieht.

Beschlossen ist: Es kostet zusätzlich 40 Milliarden p.A..

Was es es genau ist?
Das wird zu Klärung an Unterausschüsse gegeben.

Was es bringt:
Genau 40 Milliarden neue Schulden p.A.

Klasse regiert, Frau Merkel

Britsch
4 Jahre her
Antworten an  Karl Napf

Keine 40 Milliarden p.a. neue Schulden,
sondern 40 Milliarden die den Deutschen Steuerzahlern zusäzlich abgepreßt werden.
Für was wird das Geld gebraucht und verpulvert?
Z.B. Auch zur Stützung des Wirtschaftssystems der EU, des Euro
Z.B. recht gut ausgeführt bei einem Artikel bei Cicero

Dieter Rose
4 Jahre her

Gesetze sind dazu da,
gebrochen zu werden.
Staatsmaxime Nr. 1.
in diesem „unseren“ Land.

Th.F.Brommelcamp
4 Jahre her

Spielt es noch überhaupt eine Rolle, inwieweit unsere Regierung ein Grundgesetz verändern oder umgehen darf? Gibt es nicht genügend bereits geschehene, willkürliche Durchsetzung ihrer Macht?

Wolff-Simon
4 Jahre her

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Wo bleibt der bürgerliche Widerstand? Eine Gesellschaft läßt sich durch rot-grünen Meinungsterror und Rechtsverstöße der opportunistischen Regierungsclique von Orange-Rot gängeln – wann steht die Mehrheit der Menschen, die diese Gesellschaft durch ihre Steuerabgaben am Leben erhalten, endlich auf?

Heinrich Niklaus
4 Jahre her

Lieber Herr Murswiek, sehen Sie eine Möglichkeit, die Bundesregierung rechtlich zur Einhaltung dieser grundgesetzlichen Bestimmung zu zwingen?

Dr No
4 Jahre her

Nicht zu vergessen, dass ja auch die Herstellung von WKAs und Solaranlagen Energie verbraucht (Produktion von tonnenweise Beton, Stahl, Kupfer, seltene Erden, Kunststoff, Transport, Aufbau, Wartung, Rückbau), Räder und Paneele jedoch weit unter 20Prozent der ausgewiesenen Nennleistung Strom produzieren, einfach deshalb weil viel zu wenig Wind weht bzw. Sonne scheint. Bereits an diesem Punkt produzieren WKAs und Solaranlagen nur wenig mehr Energie als sie tatsächlich auch verbrauchen. Sobald nun jedoch Speichertechnologien ins Spiel kommen, ohne die die so genannte Energie unmöglich durchgeführt werden kann, wird MEHR Energie verbraucht als gewonnen!!!! Denn auch Bau und Betrieb von Speichern KOSTET Energie, z.B.… Mehr

Diplom Schlitzklopfer
4 Jahre her

Völlig überflüssiger Aritkel!
Wer glaubt denn noch wirklich, dass Gesetze eingehalten werden, wenn es hart auf hart kommt? Alles nur für das schöne Wetter gemacht.
Dublin von der Führerin gekippt, Eurorettung vom BGH bestätigt, offene Grenzen werden geduldet.
Nur beim Falschparken und anderen kleinen Verstößen, da wird das Recht durchgesetzt. Sogar Drogenhandel soll in manchen Regionen schon geduldet werden…
Ich hoffe für unsere Parlamentarier inständig, dass der Graben um den Reichstag tief genug ist.

Schwabenwilli
4 Jahre her

„Der forcierte Windkraftausbau ist verfassungswidrig“
Ja und, hat sich diese Regierung je um Gesetzte die ihnen im Weg standen geschert?

Aparatschik G.Thomsen
4 Jahre her

Moin Herr Murswiek Ich würde mich freuen wenn Sie und dieser Blog hier nicht nur große Töne spucken und Hoffnungen wecken würde. Wenn der Windwahn tatsächlich dem § xy widerspricht, dann werden Sie aktiv. Klagen Sie öffentlichkeitswirksam. Es warten zig tausende Anwohner darauf dass sich endlich mal jemand dem ideologisch motivierten und ungezügelten Ausbau entgegenstellt. Ich kann es nicht. Weder finanziell, noch habe ich den kompletten Überblick wie dieser die Landschaft und Natur den noch geltenden Gesetzen wider spricht. Aber bitte bald, denn wer weiß was die Friday for Panik Politik sich noch ausdenkt. Als Info zu meiner Wut und… Mehr

Lars L.
4 Jahre her

Die Flüchtlingspolitik verstößt auch gegen das Grundgesetz, interessiert entweder nur niemanden oder aber ein „einfacher“ Bürger ist schlichtweg zu blöde das Grundgesetz, was ja eigentlich für ihn gemacht wurde, zu verstehen.