Das Menetekel von Stuttgart

Die Krawalle zeigen, welche Gefahr darin liegt, wenn das staatliche Gewaltmonopol systematisch verachtet wird.

Screenprint: via Twitter

Die Krawalle von Stuttgart könnten zu einem Wendepunkt werden. Die Zerstörungswut eines jugendlichen Mobs, der zahlreiche Geschäfte demoliert hat, scheint so etwas wie ein Menetekel zu sein. Werden solche Gewaltausbrüche künftig keine Ausnahme mehr sein? Die Spekulationen über die Deutung des Ereignisses werden überlagert von einer unglücklichen Wortwahl seitens der Polizei. Hier war von Tätern aus einer sogenannten „Party- und Eventszene“ die Rede.

Verdacht, die soziale Zugehörigkeit solle verschleiert werden

Schnell war der Verdacht da, hier solle die soziale Zugehörigkeit der Randalierer verschleiert und der Krawall an sich verharmlost werden. Zumal viele der Verhafteten über einen Migrationshintergrund verfügten und bei den Krawallen von einigen auch „Allahu Akbar“-Rufe erklangen. Inzwischen zeichnet sich schon eine neue Debatte ab: Der ehemalige Vorsitzende der Grünen, Cem Özedemir, mahnte bereits, viele Jugendliche mit Migrationshintergrund drohten der Gesellschaft zu entgleiten.

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Wie wird aber diese Debatte nun weiter verlaufen? Ahmad Mansour, Autor des Buches „Generation Allah“, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Gefahren, die seitens einer islamistischen Radikalisierung in migrantischen Milieus drohen. „Wer die Ursache für den Terror in Stuttgart in Corona oder Alkohol sieht, will die Debatte über die tatsächlichen ideologischen Ursachen vermeiden“, sagt der Psychologe gegenüber der Tagespost. Die Ursache sieht Mansour „in der systematischen Verachtung des staatlichen Gewaltmonopols und der hohen Gewaltaffinität vieler junger Menschen“. Stuttgart sei nicht der erste Fall. „Schon am Rande der Anti-Rassismus-Demonstrationen und im Göttinger Quarantänegebiet konnte man solche Phänomene beobachten. Auch Polizisten in Berlin berichten von täglichen Beleidigungen und sogar Gewalt“, erläutert er. Wie Mansour überhaupt der Meinung ist, dass die seit einigen Wochen andauernde Debatte über vermeintlichen Rassismus und eine hohe Gewaltbereitschaft bei der Polizei eine negative Wirkung habe: „Diejenigen, die seit Wochen Polizeiarbeit per se verunglimpfen, abwerten, Gewalt gegen Polizisten relativieren und verharmlosen, Plünderung und Zerstörung als legitimes Protestmittel betrachten, haben zu einer Anti-Polizei-Stimmung beigetragen, die jetzt auch zu Gewalt führte“, hebt er hervor.

Mansour: Explosive Mischung in Stuttgart

Zur Frage, inwieweit junge Menschen mit Migrationshintergrund hier eine besondere Rolle spielten, stellt er fest: „Leider gibt es auch unter manchen Migranten eine Verachtung gegenüber dem Staat und vor allem gegenüber der Polizei.“ Diese Tatsache dürfe nicht in der öffentlichen Diskussion einfach ausgeklammert werden, betont der Psychologe. „Wir müssen den Mut haben, das zu besprechen.“ Grundsätzlich gelte: „Wird die Justiz als schwach wahrgenommen und kommen Gewaltaffinität, Sozialisation und Erziehungsmethoden hinzu, macht das die Jugendlichen zu potentiellen Tätern.“

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In Stuttgart sei es mit Blick auf die Täter zu einer „explosiven Mischung“ gekommen: „Linksradikale und Migranten brachten in Stuttgart Ablehnung des Staates und Gewaltbereitschaft mit.“ Und wie schätzt Mansour die „Allahu Akbar“-Rufe ein? „Die Rufe deuten auf muslimische Täter“, sagt er und fügt hinzu: „Ja, es waren welche dabei.“ Der Grund für die Verachtung des staatlichen Gewaltmonopols liege bei diesen Tätern vor allem in ihrer Sozialisation begründet.

Ob die Debatte wirklich in die Richtung verlaufen wird, wie Ahamd Mansour es sich erhofft, wird sich zeigen. Im Moment ist eher ein Effekt zu erkennen, der sich in den letzten Jahren auch bei anderen vermeintlichen Tabuthemen gezeigt hat, wie etwa bei der Diskussion über die Folgen der Flüchtlingskrise. Die Diskussion verlagert sich in die sozialen Netzwerke. Doch hier zählt weniger das abgewogene Argument als die starke Meinung. Vielfach ist auch hier ein Verrohungseffekt zu erkennen. Auch dafür sind die Ereignisse von Stuttgart eine Art Menetekel.


Dieser Beitrag von Sebastian Sasse erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autor und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.

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Kommentare ( 69 )

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69 Comments
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gorbi
3 Jahre her

Das Ganze ist durch. Die Linksgrüne-Merkel-Medientruppe hat ganze Arbeit geleistet.
Für Einzelne bleibt wahrscheinlich nur noch die Option , die schon der berühmte
chinesische Militärstratege Sun Zi vor 2500 Jahren gelobt hat. Heute bekannt unter
dem Namen „Asymetrische Kriegs/Konfliktführung. Auch der Stratege
Carl von Clausewitz hat dies thematisiert.

Donald G
3 Jahre her

Wie wird die Debatte weitergehen fragt der Autor. Welche Debatte? Ein Abgeordneter der die Problemlage zwar polemisch aber immerhin auf den Punkt bringt wird in seiner Rede massiv gestört und dann des Saales verwiesen.
https://youtu.be/iH337X2KimU
Es gibt keine Debatte. Weder in der Politok noch in den Qualitätsmedien.

Nixverstehen
3 Jahre her

Von jugendlichem Mob kann man wohl kaum sprechen. Das waren ausgebildete Kämpfer. So einen Sprung wie auf den Polizisten, den macht man nicht einfach aus einer Laune heraus. Den hat man gelernt und geübt.

Kassandra
3 Jahre her

„Cem Özedemir, mahnte bereits, viele Jugendliche mit Migrationshintergrund drohten der Gesellschaft zu entgleiten.“

Wo lebt der Mann? Ahnungslos, wie er sich zeigt.
Seit Özil ist überdeutlich, welche Menschen Parallelgesellschaften bilden.
Was braucht er noch?
Buchtitel sprechen Bände:
Eure Heimat ist unser Albtraum
Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus
Unter Weißen: Was es heißt, privilegiert zu sein
Deutschland schafft mich: Als ich erfuhr, dass ich doch kein Deutscher bin

Nachdenklich
3 Jahre her

Vielen Dank für die ausführlichen Informationen!

Tedesco_In_Carinthia
3 Jahre her

Schon die Überschrift
„Das Menetekel von Stuttgart“
erinnert mich heftig an einen Film aus den 80ern „Die Klasse von 1984“ –

vor allem an eine Beschreibung, die ich bis heute noch im Kopf habe …

„Wir sind die Zukunft – stoppt uns,
WENN IHR KÖNNT !“

Kann die fortschreitende Verwahrlosung überhaupt noch gestoppt werden ?

moorwald
3 Jahre her

Ich brauche keine Psychologen, Soziologen, Politologen … um „Stuttgart “ richtig einordnen zu können. Ich brauche nur ganz „obvrflächlich“ die Tatsachen zu betrachten, Augen und Ohren aufzusperren.
Da ist niemand „entglitten“. Das ist alles nur hilfloses Gewäsch, um der Wahrheit nicht ins Auge blicken zu müssen – und das brave, arbeitende Volk weiter zu verdummen.
Gewaltbereitschaft gehört zum Menschen. Gewalt bedarf keiner Ursachen, sondern nur eines – beliebigen – Anlasses, den der Gewalttäter sich bei Bedarf auch selbst schaffen oder erfinden kann.
Und das einzige Mittel dagegen ist Gewalt.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  moorwald

Zumal man weiß, welche da ins Land kamen und wohl auch in Stuttgart dabei waren – der erste link ist von 2012. Dachten die, man könne welche ohne Sozialisation hier Resozialisieren? Und weshalb? https://www.nzz.ch/aggressiv_und_straffaellig-1.14634557 und das https://www.nzz.ch/feuilleton/migrationspolitik-auf-dem-holzweg-1.18681328 https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/auffangbecken-fuer-kriminelle-1.18680108 Und 2020 geht es einfach so weiter: „#coronavirus sei Dank setzt der Iran 70.000 Strafgefangene auf freien Fuß. Nächster Halt griechische Grenze?“ https://twitter.com/maternus/status/1236991154811437056 Und mit jugendlichen Straftätern hatte man schon 2014 arge Last – der Artikel beschreibt, dass in HH rund ein Viertel der 115 bekannten schwerkriminellen jugendlichen Intensivtäter unbegleitete junge Flüchtlinge sind. https://amp.welt.de/regionales/hamburg/article134823100/Polizei-kapituliert-vor-kriminellen-Fluechtlingskindern.html?wtmc=socialmedia.facebook.shared.web&fbclid=IwAR33T9RBI7MLCer9rMKwDFIUUyKBP1XYL50xR4qs29YWTmK-P7mzfauvBHc&__twitter_impression=true19.10.2019 Statistik des Bundeskriminalamts und der 16 Landeskriminalämter über… Mehr

country boy
3 Jahre her

Eine Frage hätte ich noch. Ich weiß nicht, wie hoch der Ausländeranteil der Stuttgarter unter 18 Jahren ist. Aber ab welchem Prozentsatz darf man eigentlich von Überfremdung reden?

Jack Black
3 Jahre her

„Viele Jugendliche mit Migrationshintergrund drohten der Gesells chaft zu entgleiten“ – wenn Politiker wie Cem Özdemir endlich aufgewacht sind, dann ist das Kind längst in den Brunnen gefallen. Die „entgleiten“ und „entgleisen“ bereits sichtbar seit 5 (!) JAHREN und nicht erst seit Stuttgart. Trotzdem haben die Politiker – allen voran Grüne und CDU nichts dringenderes zu tun, als gleich nach mehr unbegleiteten „Migranten“ zu schreien, sobald wieder Boote in Italien oder Griechenland angekommen sind. Stellt sich also die Frage: „Wie offen wollen Sie uns eigentlich noch veralbern, Herr Özdemir?“

Thorsten
3 Jahre her

Der Kampf gegen „Rächts“ hat Priorität. Die links-grünen „Aktivisten“ genießen ihre Narrenfreiheit.