Corona-Update zum Morgen des 22. März: statistische Schummelei oder greifen Maßnahmen?

Nordrhein-Westfalen überholt Baden-Württemberg und ist nun wieder auf Platz Zwei der Erkrankten pro Hunderttausend. Die Zahl der Neuerkrankten bricht ein: doch warum? In der Slowakei reagiert die neue Regierung auf die Pandemie und in Bayern eilen Schnapsbrenner den Krankenhäusern zur Hilfe.

imago Images/Lichtgut
Erste Anzeichen für eine Beruhigung oder die Ruhe vor dem Sturm? In Deutschland sind mittlerweile 22.142 Personen als Corona-erkrankt gemeldet (Johns Hopkins Universität: 21.828). Gestern waren es 19.442. Damit wurden 2.700 neu gemeldet; doch gestern wurden auch 4.400 Personen neu Corona-positiv getestet. Auf den ersten Blick scheint dies wie eine massive Verbesserung der Lage, denn es sieht so aus, als würden die Neuerkrankungen sinken. Wie haltbar diese Zahl jedoch ist, ist nicht klar. Viele Bundesländer kommen mit dem Testen nicht mehr hinterher, getestet wir nur, wer aus einem Risikogebiet eingereist ist (Deutschland zählt anscheinend nicht dazu), Kontakt mit einem bestätigten Fall hatte oder zu einer systemrelevanten Gruppe gehört.

Es ist eine Anordnung wie aus Schilda: Um sich testen zu lassen, muss man Kontakt zu einem Positiv-Getesteten gehabt haben, aber wie soll man das wissen, wer an Corona erkrankt ist, wenn niemand getestet wird? So sinken die Zahlen – statistisch.

Insofern ist es fragwürdig, wenn von einem Tag auf den anderen weniger Personen als erkrankt gemeldet werden. Werden weniger krank oder wurde die getestete Gruppe einfach nur so weit eingeschränkt, dass eine statistische Verbesserung vorliegt? Das ist schwer einzuschätzen. Sollten jedoch in den kommenden Tagen die Zahlen der Neuinfektionen wieder steigen, so ist dies ein Hinweis auf letzteres: es werden nicht weniger Menschen krank, sondern es wurde nur die Dunkelziffer vergrößert.

Nachtrag: Es wird nun klar warum die Zahlen zusammenbrechen. Aufgrunnd des Wochendes aktaulisieren einige Gemeinden ihre gemeldeten Fallzahen nicht, deswegen werden auch weniger Neuerkrankungen gemeldet. Selbst eine Pandemie ist in deutschen Amtsstuben kein Grund Samstags auch zu arbeiten.

In Deutschland sind nun 26,6 Personen pro Hunderttausend als Erkrankt gemeldet. Hamburg führt mit 41,7 pro Hunderttausend die Statistik weiterhin an (gestern: 36,1 / HT), wieder dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 37,6 / HT (gestern: 32,0 / HT). Baden-Württemberg fällt auf platz drei mit 34,5 / HT (gestern: 33,1 / HT).

Ein Blick in die Fallzahlen der Bundesländer offenbart Interessantes. In Hamburg steigen die Fallzahlen fast ungebremst an, ebenso in Nordrhein-Westfalen. Die neuen Länder liegen in der Statistik weit unter dem Durchschnitt. Das lässt sich mit dem dort relativ späten Ankommen des Virus und der geringeren Bevölkerungsdichte erklären.

In einigen Bundesländern flachen die Kurven seit dem 20. März plötzlich ab. Besonders offensichtlich ist dies in Baden-Württemberg (rote Strich-Punkt-Linie) und Hessen (türkis gestrichelt). Zeigen dort die Eindämmungsmaßnahmen Wirkung oder werden dort die oben beschriebenen statistischen Schummeleien vorgenommen?

Die orange Linie repräsentiert das Saarland, in dem – ähnlich wie in Bayern – die Landesregierungen schon früh sehr weitreichende Maßnahmen ergriff. Das langsame Abflachen dieser Linie ist ein Hinweis, dass die Maßnahmen langsam Wirkung zeigen. Auch dass Bayern (blau gestrichelt) immer noch sehr nah am Bundesdurchschnitt liegt, obwohl das Coronavirus dort zu allererst ankam, ist auch ein Hinweis auf die Effektivität der dortigen Maßnahmen.

Die Aussage, dass die Grenzen und Flughäfen geschlossen seien, wird immer wieder Lügen gestraft. So berichtet ein Ägyptenreisender, das nach seiner Ankunft am Hamburger Flughafen seine Gesundheit nicht kontrolliert wurde. Nicht einmal nach seinem Gesundheitszustand wurde er gefragt. Besonders brisant: Das RKI stuft Ägypten sein dem 21. März als Risikogebiet ein.

Nicht nur deutsche Textilfirmen tragen zum Kampf gegen Corona bei: Laut Bayrischem Rundfunk beliefern Bayrische Schnapsbrennereien Krankenhäuser und Apotheken mit ihren Vorräten an Neutralalkohol, der eigentlich für die Herstellung von diversen Spirituosen vorgesehen war. Doch mit 96-prozentigem Schnaps lassen sich nicht nur Leber und Nieren herausfordern, sondern auch Krankheitserreger bekämpfen.

Das Corona-Virus bringt auch ganz neue Stilblüten hervor: In der Slowakei wird die neue Regierung vereidigt; man trägt Anzug, Kostüm, Krawatte und Schutzmaske.

Dieser Artikel wurde am 22. März mit neuen Informationen des RKI aktualisiert. Samstags wurden die Fallzahlen in weiten Teilen Deutschlands nicht aktualisiert, daher auch das scheinbare Einbrechen der Neuerkrankungen.

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Kommentare ( 102 )

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102 Comments
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Prometheus
4 Jahre her

Eine Entspannung gibt es nicht. Auch die Maßnahmen zeigen keinerlei Wirkung. Dafür sind die statistischen Erhebungen viel zu ungenau, um solche Effekte erkennen zu können. Auswertungen werden nur noch bei Risikopatienten durchgeführt. Und selbst dort dauert die Auswertung über 8 Tage. Bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 7-10 Tagen, hängen wir insgesamt vermutlich 15-18 Tage hinterher. Die aktuellen Zahlen, die auch nicht das wahre Ausmaß aufzeigen, sind die Zahlen von vor 2 Wochen. Seit dem gab es schon mindestens 4 Verdopplungszyklen(3,5 Tage). Man kann also aktuell von mindestens 400.000 Infizierten ausgehen. Infektionsherde werden nur verschoben. Statt in der Disco oder dem… Mehr

Prometheus
4 Jahre her

„In einigen Bundesländern flachen die Kurven seit dem 20. März plötzlich ab. Besonders offensichtlich ist dies in Baden-Württemberg (rote Strich-Punkt-Linie) und Hessen (türkis gestrichelt). Zeigen dort die Eindämmungsmaßnahmen Wirkung oder werden dort die oben beschriebenen statistischen Schummeleien vorgenommen?“
In BW müssen rund 2.000 Proben neu ausgewertet werden, da die nötigen Chemikalien zur Auswertung nicht vorrätig sind…
https://www.schwaebische.de/sueden/baden-wuerttemberg_artikel,-coronavirus-proben-nicht-ausgewertet-nachtestungen-nötig-_arid,11203457.html

Muensteraner
4 Jahre her

Man hätte Karneval absagen müssen. Das ging 2016 auch, wegen eines angeblichen Sturrms, der meines Wissens nicht kam. Allen war klar, dass Karneval wegen der berüchtigten Sylvesternacht in Köln angesagt wurde. Warum konnte man es diesesmal nicht auch absagen. Nach Tirol war Karneval der zweite Corona Schub.

Haegar der Schreckliche
4 Jahre her

Die Corona-Fallzahlen-Statistik in Deutschland ist doch sowieso geschönt … oder wie erklärt man sich die Diskrepanz von aktuell (Stand 23.02.2020 1:32 Uhr laut Woldometers.info) 24,873 Erkrankten und 94 Toten gegenüber Spanien mit 28,603 Erkankten und 1,756 Toten, Frankreich mit 16,018 Erkrankten und 674 Toten, Schweiz 7,474 Erkrankten und 98 Toten … von Italien mit 59,138 Erkrankten und 5,476 Toten ganz zu schweigen …

Vielleicht liegt der Grund darin, dass eben bei uns 1. nicht ausreichend getestet wird!? Tote, ohne Vorfeldtestung im Nachhinein schon mal garnicht und/oder viele Krankenhäuser bei den Toten die Diagnose J11.0 (Grippe, Viren nicht nachgewiesen) ausweisen!?

kasimir
4 Jahre her

Vermutlich sind diese Zahlen garnicht geschönt. In Deutschland wird flächendeckend einfach viel zu wenig getestet. Diese Zahlen zeigen also sicherlich nur Tendenzen, wie schnell/langsam sich das Virus ausbreitet, darum liegen die eigentlichen Werte sicherlich sehr viel höher…

Haegar der Schreckliche
4 Jahre her
Antworten an  kasimir

sciencefiles(dot)org/2020/03/13/anreiz-zum-verschweigen-in-deutscher-covid-19-statistik-fehlen-tote/

Prometheus
4 Jahre her

Man hat in Krankenhäusern zu wenig Schutzausrüstung. Deswegen werden keine Autopsien durchgeführt. Und somit wird nicht offiziell Corona als Todesursache gemeldet.

Haegar der Schreckliche
4 Jahre her
Antworten an  Prometheus

Man muss keine Autopsie durchführen, um einen eben Verstorbenen nach Corona zu testen: Ein einfacher Speicheltest wie bei einem Lebenden reicht dazu aus!

Eco
4 Jahre her

Die Kurve an sich verwundert mich gar nicht. Jede Infektion folgt einer Logistischen Kurve oder auch Gompertz-Kurve genannt. Ob das überhaupt etwas mit den Maßnahmen zu tun hat kann keiner sagen.
Aber da die Bevölkerung offensichtlich harte Maßnahmen erwartet und Politiker dafür belohnt werden, gibt es sie eben auch.

U.S.
4 Jahre her

Nach Meinung des „Satirikers“ in dem ÖR- SWR Sendung „funk“: „Wir sagen zu Corona!…“Interessant wie fair dabei das Corona Virus ist: es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen die Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht. Immerhhin habe die Generation 65+ den Planeten in den vergangegen 50 Jahren „voll an die Wand gefahren…..“ „Vielleicht erleben wir bald ein grünes Paradies. Nicht nur die Alten erwischt es, sondern auch die Menschen mit Herz- Kreislerkrankungen, die wir vor allem in den entwickelten Wohlstandsgesellschaften finden, bzw. dort, wo die Menschen sich wenig bewegen, und alle ein bißchen fetter sind, z.B. die… Mehr

schwarzseher
4 Jahre her

Der Corona Virus, bei Alten und Kranken oft tödlich während Junge und Gesunde gute Überlebenschancen haben, bringt die ganze Welt durcheiander und wird, wenn nicht bald ein Impfstoff gefunden wird, erhebliche wirtschaftliche Folgen haben und noch mehr Armut und Elend verursachen. Seit einigen Tagen muß ich permanent daran denken, wie die Welt nach dem Einsatz von biologischen Waffen aussehen würde, deren Wirkung die von Corona noch weit übertreffen. Das müßte ein einziger Horror sein und würde wohl die Zivilisation beenden. Ich hoffe, daß Corona ausreicht und zumindest Politiker und vielleicht auch die sog. Mainstream Journalisten insofern vernünftig werden, daß sie… Mehr

Maja Schneider
4 Jahre her

Die jahrelange Verfälschung und Schönfärberei von Statistiken hat dazu geführt, dass man mehr als misstrauisch geworden ist und gar keiner mehr glaubt.

ilmstromer
4 Jahre her

Die neuen Länder haben weniger Fälle, weil es weniger Tiroltouristen gibt.

Silke Spaeth
4 Jahre her

Das Gesundheitsamt des Landkreises Waldshut schreibt unter der Rubrik „Abstriche auf Coronavirud“ Folgendes: „Da die Laborkapazitäten und Testmaterial nur noch stark eingeschränkt zur Verfügung stehen, müssen Abstriche auf Personen begrenzt werden, die
1. direkte Kontaktperson zu einem positiv getesteten Corona-Fall sind und Symptome zeigen
und
2. ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsvetlauf haben…“

Was soll man dazu sagen? Kein Hinweis auf Risikogebiete, als vermeintlich gesunder Mensch kommt man trotz Symptomen nicht an einen Test.

Dr. Michael Kubina
4 Jahre her
Antworten an  Silke Spaeth

Verhalten Sie sich doch einfach vernünftig! Meiden Sie jeden Kontakt, der nicht sein muss. Was wollen sie ohne Symptome mit einem Test? Ihre Panik bekämpfen? Beim Test können Sie sich infizieren oder kurz danach und Sie bilden sich ein, virusfrei zu sein. Test von Symptomfreien kann man machen, wenn man nichts besseres zu tun hat.

Silke Spaeth
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Michael Kubina

Es geht gar nicht um mich., Herr Dr. Kubina. Ich will ohne Symptome gar keinen Test. Es geht um das System. dass die Corona-Fälle gar nicht in den Statistiken auftauchen. Im Waldshuter Fall geht es um einen Teenager, der mit Husten und Fieber mit dem letzten Flieger aus Barcelona heimgekommen war. In seiner Familie sind alle vernünftig und machen freiwillig 2 Wochen Quarantäne. Der Test wurde verweigert.