Bei der Merkel-Nachfolge sind Umfrageergebnisse keine korrekten Wegweiser

Eine echte Entscheidungshilfe wären nur Umfrageergebnisse, die im Rahmen des demoskopisch Möglichen - Auskunft gäben, wieviele Wähler die CDU mit Kramp-Karrenbauer, Merz oder Spahn verlieren und welche sie insbesondere von FDP und AfD zurückgewinnen könnten.

Getty Images

Natürlich liefern die Demoskopen zum Kampf um die Merkel-Nachfolge ständig neue Zahlen. Das „Politbarometer“ sieht Annegret Kramp-Karrenbauer bei den Unionsanhängern mit 38 Prozent in Führung vor Friedrich Merz mit 29 Prozent. Bei INSA liegen beide mit 30 und 22 Prozent gleichauf. Die Frage ist nur, was „lernt uns das“, wie man in Süddeutschland sagt? Denn weder CDU-Anhänger noch die Wahlberechtigten insgesamt haben etwas zu entscheiden; dasselbe gilt sogar für die rund 450.000 CDU-Mitglieder. Etwas zu sagen haben allein die 1001 Delegierten, die am 7. Dezember wählen dürfen – und niemand sonst.

Natürlich denken die CDU-Delegierten am 7. Dezember auch daran, wer der Partei am ehesten zu einem attraktiven Grundsatzprogramm verhelfen, wer sie wieder besser positionieren und die Mitglieder stärker in den innerparteilichen Willensbildungsprozess einbinden könnte. Die viel wichtigere, entscheidende Frage müsste jedoch sein, ob AKK, Merz oder Jens Spahn der bessere Kanzlerkandidat wäre – bei eventuellen Neuwahlen oder spätestens 2021. Was nützte auch die beeindruckendste Parteireform, wenn der scheinbar unaufhaltsame Niedergang der CDU sich unverändert fortsetzte?

Erobert die CDU die Partei von Merkel zurück?
Kandidaten-Roulette
Es werden noch viele Umfragezahlen vor dem Parteitag bekannt werden. Und die Kombattanten und ihre Adjutanten werden sie jeweils in ihrem Sinne interpretieren und zu nutzen versuchen. Doch es sind Zahlen, die nicht wirklich zählen. Eine echte Entscheidungshilfe wären für die Delegierten nur Umfrageergebnisse, die im Rahmen des demoskopisch Möglichen – Auskunft gäben, wieviele Wähler die CDU mit Kramp-Karrenbauer, Merz oder Spahn verlieren und welche sie insbesondere von FDP und AfD zurückgewinnen könnten. Denn die CDU ist – ganz anders als die in ihre Spiegelstrich-Aussagen verliebten Sozialdemokraten oder die vor allem auf Lebensgefühl setzenden Grünen – unverändert eine pragmatische Partei: pragmatisch wie eine Räuberbande. Eine solche entscheidet sich auch für den Anführer, der die größte Beute verspricht. Und in der Politik besteht die Beute aus Stimmen und Mandaten.

Genau diese Informationen liegen bisher nicht vor. Folglich ersetzen Vermutungen und Behauptungen über die Zugkraft der drei Bewerber relevante demoskopische Erkenntnisse. Deshalb haben die 1001 Delegierten in zwei Wochen die Wahl – aber auf einer unzureichenden Grundlage.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 28 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

28 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Juergen F. Matthes
5 Jahre her

Die CDU hat bei der letzten Bundestagswahl 7,3 % Wähler und 55 Mandate verloren. Die AFD hat 7,9 % und 94 Sitze gewonnen.
Nach aktuellen Umfragen hat die CDU nur noch 22 % zu erwarten, somit verlieren weitere 50 Funktionäre ihre Mandate, wenn keine Kurskorrektur erfolgt
Da eine Korrektur mit AKK als Merkels Ikone nicht zu erwarten ist, könnten die Aspiraten auf ein CDU-Mandat auf Merz setzen, mit dessen Rückkehr zum wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Kurs die Chance besteht, statt weiteren Mandatsverlusten wieder 50 Mandate oder mehr zurück zu gewinnen.

Heinrich Niklaus
5 Jahre her
Antworten an  Juergen F. Matthes

Es ist ganz einfach: Wer ein Merkelt-weiter-so will, wählt Akk. Wer kein Merkelt-weiter-so will, wählt Merz oder Spahn.

Alfonso
5 Jahre her
Antworten an  Heinrich Niklaus

Sehr naiv zu glauben, wer Merz oder Spahn wählt, würde damit das Merkelsystem beenden.

Heinrich Niklaus
5 Jahre her
Antworten an  Alfonso

Verehrter Mit-Kommentator Alfonso, es ist naiv zu glauben, jemand sei in Deutschland aktuell in der Lage, gegen das Merkel-System, gegen die Merkel-Medien, gegen die Merkel-Parteien, gegen die Merkel-Justiz, gegen die Merkel-Finanzglobalisten gegen die Merkel-EU/EugH und gegen alle sonstigen Merkel-NGO eine grundlegende Politikveränderung zu erzwingen.
Nun kommt die Merkel-Methode: In kleinen Tippelschritten.

Vielleicht auch ein größerer Schritt: Wenn die Wähler aufwachen.

Jan
5 Jahre her

„Denn die CDU ist – ganz anders als die in ihre Spiegelstrich-Aussagen verliebten Sozialdemokraten oder die vor allem auf Lebensgefühl setzenden Grünen – unverändert eine pragmatische Partei: pragmatisch wie eine Räuberbande. Eine solche entscheidet sich auch für den Anführer, der die größte Beute verspricht. Und in der Politik besteht die Beute aus Stimmen und Mandaten.“ Was dabei rauskommt, haben wir die letzten 13 Jahre gesehen. Diese Partei macht Politik zum Schaden des Landes, was wir demnächst mit dem Migrationspakt und der EU-Schuldengemeinschaft präsentiert bekommen. Die Partei hat sich einen weiteren Sinkflug wahrlich verdient. Wir werden in den nächsten Jahren die… Mehr

Monika Medel
5 Jahre her

Bei der ganzen Kandidatenkür steht der rosa Elefant im Raum. Immer wieder blitzt es durch: War und ist September ´15 ff. vielleicht doch ein Fehler? War die ganze Merkelei ein Fehler? Wie stellen sich die Kandidaten dazu? Natürlich werden so ungehörige Fragen gleich verdrängt, klar und deutlich werden sie nie ausgesprochen, aber sie drängen sich immer wieder auf. Auch ein Dementi ist ein Hinweis darauf, dass da etwas unter dem Teppich vorschaut. Und die Kandidaten handeln nach dem Motto: eins vor, zwei zurück. Ein bisschen Kritik, ein bisschen „da muss etwas anders gemacht werden“, aber eigentlich doch nicht und vor… Mehr

Winni
5 Jahre her
Antworten an  Monika Medel

Genau so ist es. Wenn sich die Deligierten wieder als Klatschhasen betätigen und nicht kallhart gestritten wird, hat sich die CDU endgültig selbst erledigt. **

Marc Hofmann
5 Jahre her

Wer mit Merkel ist, der wird mit Merkel untergehen. Wer gegen Merkel ist, der wird von der AfD gestellt.
Merkel hat somit ganze Arbeit geleistet beim Untergang der CDU. Die CSU sollte sich also genau überlegen ob man sich der AfD immer noch so feindlich gegenüber stehen will.

Misteredd
5 Jahre her

Mit einem Merkel Klon kann man die CDU vergessen.

Toni
5 Jahre her

Die Umfragen berücksichtigen Folgendes nicht:

Anhand des „Schulz-Hypes“ der die SPD kurzzeitig auf über 30 % brachte, hätte man erwarten müssen, dass die Ansage, Merkel kandidiert nicht mehr für den CDU Vorsitz, eine Steigerung von min. 8 – 10 % hervor gebracht hätte. Hat es nicht; die CDU krebst immer noch bei 24 – 27 % rum. Der Grund ist der Migrationspakt; was Merz, Spahn und AKK rausholen, wird von der Wut über diesen Teufelspakt absorbiert.

Gerd Koerner
5 Jahre her

„Denn weder CDU-Anhänger noch die Wahlberechtigten insgesamt haben etwas zu entscheiden; dasselbe gilt sogar für die rund 450.000 CDU-Mitglieder.“

Das ist formal sicherlich richtig. Und dennoch müssen sich die entsanndten Deligierten im Sinne der Basisdemokratie an das jeweilige Mehrheitsvotum ihrer Bezirks- und Kreisparteitage halten!

grenzenlos
5 Jahre her

Ein Vorschlag von Roman P.:
„Gelbe Weste an und protestieren.“
Sehr guter Vorschlag!
Bei jedem Gang aus dem Haus: Gelbe Weste an!
Das spricht sich herum und ist sichtbar und hat nichts mit der bösen AfD zu tun!

Hadrian17
5 Jahre her

Ach was, … nun ja, nicht die Wähler wählen den/die PV, sondern die Delegierten … . Und die bilden nicht unbedingt den Wählerwillen ab. Wenn man aber den Wählerwillen-Umfragen glauben schenken darf, dann wollen 56 %, dass die Richtlinienkompetenzinhaberin diese ihre Richtlinienkompetenz bis zum Ender der Legislaturperiode ausübt. Implizit liegt darin natürlich auch der Wunsch, dass sich an der bisherigen Politik nichts ändert und die Auswahl der/ des entsprechend gewogenen Kandidatin/en. „So ruhig“ und „Wer soll es denn sonst machen“ und „wir brauchen eine erfahrene Kraft bei den derzeitigen Spannungen in Europa (einer der PV-Kandidaten, wenn ich das recht erinnere)… Mehr

honky tonk
5 Jahre her

„Bei INSA liegen beide mit 30 und 22 Prozent gleichauf“.Ist die Mathereform schon durch?

T. Pohl
5 Jahre her
Antworten an  honky tonk

Klingt nach kleinerer Hälfte, und danach, dass Sozialwissenschaftler wieder mal versuchen, Statistik zu betreiben.

Deutschland, du ehemaliges Land von Ingenieuren und Wissenschaftlern, gethrashed durch die Geschwätzwissenschaften (in der Politik wie auch den Medien). Rechnen und Mathematik jetzt allgemein: Glückssache.