Abschiebung: „Helfer“ mit Willen zur „nationalen Kraftanstrengung“ gesucht

BMI: "Gebraucht werden rund 420 Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes, die für sechs bis 15 Monate freiwillig die Länder unterstützen, um im Bereich der Rückkehr zu sichtbaren Ergebnissen zu kommen".

© Sean Gallup/Getty Images

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht seit Oktober 2016 von einer „Nationalen Kraftanstrengung.“ Was da so im Höcke-Sound daherkam, war die Eskalation des „Wir schaffen das.“ Klar wurde allenfalls: Wenn eine Kraftanstregung der Nation, also aller Bürger, Institutionen und Einrichtungen nötig geworden ist, dann schaffen wir es mit „normalen Mitteln und Ressourcen“ offensichtlich doch nicht.

Soweit die Canossa-Lippenbekennntnisse. Nur wie soll das nun praktisch aussehen? Sollen wir Deutschen uns jetzt die Nationalhymne singend unterhaken, in die Hände spucken oder alle zu irgendeinem Arbeitsdienst antreten, um die Probleme der Welt auf heimischem Boden mit deutscher Gründlichkeit zu wuppen? Ein Appell an die so geschmähten deutschen Tugenden also, die ja eigentlich nur noch im Ausland eine so große Anziehungskraft haben? Fleiß, Disziplin und Ehrlichkeit?

Tatsächlich ist es so gemeint. „Wir brauchen bei Rückführungen eine nationale Kraftanstrengung“, forderte Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union. Man will sich die Augen reiben, denn das war die Umkehrung ihres humanitären Imperatives. Beschwor sie die Nation noch im Dezember 2015, dass Deutschland doch ein starkes Land sei, weil es zu „unserer Identität gehört, Großes zu schaffen.“ Und meinte sie damit die Integration und Aufnahme von einer Millionen Migranten, meint diese nationale Kraftanstrengung im Frühjar 2017 allerdings etwas ganz anderes: Künftig sollen deutlich mehr abgelehnte Asylbewerber Deutschland auch tatsächlich verlassen. Das erfordere die Kraft von uns allen.

Dafür läßt man beispielsweise prüfen, ob eine ausreichende Zahl von Abschiebehaftplätzen in der Nähe von Ausreiseeinrichtungen bereitstehen. Die nationale Kraftanstrengung richtet sich hier sicher eher an die SPD, Grünen und sonstigen Linken, die nun doch bitte ihren Prostest dagegen dem nationalen Gedanken unterordnen sollen.

Warum man es auf Basis genannter deutscher Tugenden nicht selbst ermitteln kann, ist unerklärlich, jedenfalls hatte die Beraterfirma McKinsey in einer Analyse für die Regierung auf Steuerkosten ermittelt, dass die Zahl der Ausreisepflichtigen bis Jahresende auf 485.000 steigen könnte. Nun ist Abschiebung eigentlich Ländersache, also keine Frage einer nationalen Anstrengung. Auch das will der Bund ändern, um die Länder zu entlasten. Die McKinsey-Studie nennt drei Hauptmotivationen zur Vortäuschung von Abschiebungshindernissen: fehlende Konsequenzen bei Mitwirkungspflichtverletzungen der Migranten, Überlastung der Mitarbeiter in den Ausländerbehörden und die hohe finanzielle Absicherung im Duldungsstatus.

Was macht man also, wenn man sich national anstrengen will? Man erinnert sich an die eigenen Ressourcen, an den guten deutschen Beamten, der das alles nun richten soll. „Gebraucht werden rund 420 Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes, die für sechs bis 15 Monate freiwillig die Länder unterstützen, um ‚im Bereich der Rückkehr zu sichtbaren Ergebnissen zu kommen'“, wie es in einem Aufruf des Bundesinnenministeriums heißt, der dem SPIEGEL vorliegt.

Man darf gespannt sein, wie hoch die finanziellen Anreize für die Beamten sein müssen, damit sich freiwillig ausreichend Personal für so ein Himmelsfahrtkommando findet. Vorkenntnisse im Asyl- und Ausländerrecht seien nicht erforderlich. Die Einarbeitung erfolge „vor Ort durch die Ausländerbehörden“. Also durch jene Behörden, die gerade einen unter Terrorverdacht stehenden deutschen Bundeswehrsoldaten als Flüchtling aufgenommen, untergebracht und durchfinanziert haben? Da darf man nur bange hoffen, dass hier wenigstens das Prinzip wirkt: Aus Fehlern wird man klug.

Die Bundesregierung sucht „freiwillige Abschiebe-Helfer“, wie die WELT aktuell berichtet. Gesucht werden für 6-15 Monate 420 Beamtinnen und Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes, die die Länder bei Abschiebungen unterstützen. Die Freiwilligen sollen „im Bereich der Rückkehr zu sichtbaren Ergebnissen zu kommen.“

Wie muss man sich das vorstellen? Soll das vom Büro aus passieren? Oder ziehen die Beamten mit dem gepanzerten Häscherwagen los, fangen die Unwilligen ein, verbringen sie in Abschiebeeinrichtungen? „Wo Recht gesetzt ist, muss dieses Recht auch umgesetzt werden“, erklärte Angela Merkel bei der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbunds in Köln. Was klingen soll wie Politik der starken Hand, macht allerdings den Eindruck einer weiteren großen Hilflosigkeit. Wer ernsthaft glaubt, dass 420 wackere Freiwillige das nun alles bewerkstelligen sollen, der hofft auf so etwas wie die Schlacht bei den Thermophylen. Das dürfte allerdings auch für einen deutschen Beamten eine deutlich zu große Herausforderung sein.

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Kommentare ( 64 )

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64 Comments
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Harald Riefenschneider
6 Jahre her

Ich würde mich schon gerne als Abschiebehelfer melden oder für weniger Ausländer spenden.
Merkel würde zweifellos ausreichend freiwillige Abschiebehelfer finden, wenn es nur ernsthaft organisiert ist.

BHKW
6 Jahre her

– Inter-Nationalsozialistin wie ihr bärtiges Double Schulz.

Steffen Schöps
6 Jahre her

Und diese Beamten will der Staat wieder für lau haben. Ausgeliehen – als wenn die anderswo nicht fehlen würden? Oder wer übernimmt ihre Aufgabe denn im Ursprungsamt? Sind sie da unterbeschäftigt?

jossi
6 Jahre her

„Wir brauchen bei Rückführungen eine nationale Kraftanstrengung“, forderte Angela Merkel.

Der zentrifugale Irrsinn steigert sein Drehmoment.

Die charakterlose Beliebigkeit der Aussagen unserer Kanzlerin wie gehabt.

Richtig wählen!

Volker Reklov
6 Jahre her

Solange die Bundesrepublik nicht offen darüber redet, dass Merkel genau so ein großer, wenn nicht gar größerer Spaltpilz ist wie Trump, wird sich nichts ändern. Trump spaltet – den deutschen Medien nach – die USA. Davon, dass Merkel nicht nur Deutschland sondern ganz Europa spaltet und möglicherweise komplett zerstört darf nicht geredet, geschweige denn geschrieben werden.

kostanix
6 Jahre her

Ja, Arsch huh, Angi und Hanni. Damit man richtig kräftig reintreten kann.

fein_geist
6 Jahre her

Fast richtig. Ich gebe einigen Migranten schon die Schuld, zumindest denen die sich hier daneben benehmen. Raub und Gewalt sind auch in deren Herkunftsländern nicht frei von Strafe. Die Verbrecher (siehe neueste Gewaltstatistik der träumenden Misere), wissen was sie tun.

fein_geist
6 Jahre her

Sie sagen es Kerstin. Die Regierungen seit Kohl haben uns verkauft, und das meine ich wortwörtlich. An internationale Großkonzerne und internationale Märkte. So etwas kann man aber nur durchsetzten, wenn man zuvor die Infrastruktur eines bis dato stabile Landes plättet und den Zusammenhang der Menschen zerstört. In dieser Phase befinden wir uns gerade.

signorinetta
6 Jahre her

Und das Schlimmste ist, dass die Offiziellen aller Art tun, als wäre alles paletti, sie machen einfach weiter, es ist lles in Ordnung.

fein_geist
6 Jahre her

Sehr schmerzkiche lieber Westen, sehr schmerzliche. Mit vielen „hässlichen Bildern“.