2000 Demonstranten für freies Internet in Nürnberg – CDU schlingert

Nun kommt die CDU ins Schlingern: Sie will Uploadfilter in Deutschland verhindern, die sie in EU-Europa einführen will. Mehr Chaos war selten.

imago/ipon

Man kann es ruhig das große Durcheinander nennen: Aus der Jugendorgansiation der CDU kommt aktuell der Vorstoß, den Einsatz der umstrittenen Uploadfilter durch die nationale Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform zu verhindern. Das heißt: In Deutschland soll nicht gelten, was man in EU-Europa gerade zum „Gesetz” macht. So jedenfalls sieht es eine von Generalsekretär Paul Ziemiak initiierte Einigung der Rechts- und Digitalpolitiker der Partei vor, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Auch Ziemiaks Nachfolger als JU-Vorsitzender plädiert dafür, in Deutschland eine Sonderregelung einzurichten. Offensichtlich hat die CDU den Druck unterschätzt, der insbesondere von jungen Leuten ausgeht, die die Freiheit des Internets durch das neue Urheberrecht der EU in Gefahr sehen und dagegen demonstrieren. Die SPD dagegen forderte ebenso wie die Grünen und die FDP eine EU-Lösung.

“Nationale Alleingänge zu Uploadfiltern, wie von der Union jetzt vorgeschlagen, sind nicht sinnvoll”, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Samstag in Berlin. Für eine europäische Lösung sei es noch nicht zu spät, sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol der Deutschen Presse-Agentur. “Wenn die CDU es Ernst meint, dann müssen ihre Abgeordneten im EU-Parlament gegen Artikel 13 stimmen, der die Upload-Filter ermöglicht.” Das trifft den Punkt. Denn es ist der CDU-EU-Parlamentarier Axel Voss, der als oberster Lobbyist für Uploadfilter gilt und sie durch allerlei parlamentarische Tricks und Schiebereien durchgesetzt hat – trotz Warnungen. Angesicht nahender EU-Wahlen und zahlreicher Demonstranten kippt die CDU jetzt und stimmt gegen sich selbst.

Erreichen will die CDU den Verzicht auf Uploadfilter dadurch, dass eine „gesetzlich verpflichtend ausgestaltete Pauschallizenz“ geschaffen wird. Auf Basis dieser Lizenz sollen Urheber vergütet werden, wenn sie nicht auf einer Löschung der hochgeladenen Inhalte bestehen. Nach Ansicht der CDU entfällt durch die Pauschallizenz die Überprüfungspflicht auf Urheberrechtsverletzungen nach Artikel 13 und damit die Gefahr durch Overblocking. Private Nutzer würden von einer Haftung durch Urheberrechtsverletzungen befreit.

Aber wie genau Pauschallizenen funktionieren sollen, weiß derzeit kein Mensch. Es drängt sich der Verdacht auf: Möglicherweise wird da ein Popanz aufgebaut, der nur bis zur EU-Wahl hält und danach kommt das häßliche Gesicht Uploadfilter doch. Oder es entsteht ein Bürokratie-Monster, das dem schnellen Internet und den grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Weg steht.

Zukunftsweisend sind beide Wege nicht. Das kommt eben davon, wenn man Lobbyisten wie Axel Voss ein ganzes Parlament überlässt.

— Julia Reda (@Senficon) March 16, 2019

Presseerklärung Die Piraten (17.03.2019):

„Am vergangenen Samstag folgten über 2.000 Menschen dem gemeinsamen Aufruf von SaveTheInternet, der Piratenpartei, des StopACTA2-Bündnis sowie des Chaos-Computer-Club, des K4cg und des Kollektiv Union-Watch und demonstrierten in Nürnberg gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform. Die Demonstration in Nürnberg galt als internationaler Auftakt für den europaweiten Demonstrationstag am 23. März.

„Wenn selbst der UN-Menschenrechtsausschuss die EU auffordert, die Reform mit internationalen Standards für Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen, gerade dann ist es an der Zeit, auf die Straße zu gehen. Ich danke allen Rednern, die aus ganz Europa angereist sind, für diese gelungene Auftakt-Veranstaltung“,

kommentiert Jonathan Babelotzky, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Bayern und Bundesthemenbeauftragter für Urheberrecht der Piratenpartei.

Patrick Täsler, Hauptkoordinator der Proteste in Polen und einer der Redner in Nürnberg erklärt:

„Wir haben bereits etliche Proteste organisiert, die Menschen in Polen sind ebenfalls sehr besorgt. Wir sind der Meinung, dass die Urheberrechtsreform gekippt werden muss, aber vor allem müssen Artikel 11 bis 13 verhindert werden.“

„Zum Abschluss der Demonstration direkt an der Straße der Menschenrechte mit all den vielen Menschen zusammen ‚Die Gedanken sind frei‘ zu singen, das war ein wirklich bewegender Moment. Wir hoffen auf eine große Protestwelle, die Politik muss wieder begreifen, dass sie gewählt wurden, um uns Bürger zu vertreten.“

ergänzt Anja Hirschel, Bundesthemenbeauftragte für Digitalisierung.“

Wie bereits zuvor in den Städten Berlin, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart kamen in Nürnberg am vergangenen Samstag nun abermals über 2.000 Menschen zusammen, die gegen Uploadfilter demonstrierten, bevor es am 23.03.2019 weitergeht.


Nürnberg #savetheinternet 16.03.2019:

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