Was nottut in Berlin

Nach dem Wahltheater geht der Vorhang auf für das, was wirklich zu tun ist. Egal, wer mit wem – was die neue Regierung anpacken muss.

Energie: Merkels Energiewende ist längst Gefahr für Wohlstand und Arbeitsplätze. Dabei geht es nicht um pro oder contra Atomstrom. Aber wer teuren, wetterabhängigen Wackelstrom auf Teufel komm raus fördert und ihm die Vorfahrt gegenüber billigem und nachhaltigem Strom einräumt – der bewirkt, dass Kraftwerke stillgelegt werden und Strompreise steigen. Noch mehr Windräder und noch größere Sonnenpaneele verschärfen nur die Problemlage. Für die Politik ist das die große Mutprobe. Die Sonne schickt keine Rechnung, haben die Wahlkämpfer versprochen. Jetzt aber wohl doch. Millionen Haushalte müssen für Nachzahlungen zum Jahresende in die Tasche greifen – was sich viele nicht leisten können. Ohne Begrenzung des Ausbaus der grünen Ausbeuter-Energien, ohne Lösung für fossile Kraftwerke, ohne eine Beteiligung der Solarbauern und Windmüller an den Kosten der für sie errichteten Stromnetze steigen die Strompreise ins endgültig Unerträgliche. Zu viele Profiteure der Energiewende gibt es, die gierig an den Subventionseutern hängen. Zu viel Eitelkeit – die Grünen kleben an ihrem Erneuerbaren-Energien-Gesetz so wie die CDU am Atomausstieg. Zu viele Illusionen wurden genährt, die jetzt platzen.

Steuern und Staatsausgaben: Entgegen den rot-grünen Verhetzungsbehauptungen ist der Staat nicht klamm, obwohl die Sparanstrengungen minimal waren. Mit fantastischen 30 Milliarden Euro Haushaltsüberschuss kann bis 2017 gerechnet werden. Damit sind auch ohne jede Steuererhöhung mehr als genug Mittel für Investitionen in Bildung und Infrastruktur vorhanden. Der neue Finanzminister hat gar ein Luxusproblem: Wohin mit dem Geld? Er sollte diese Chance nutzen, die Schulden senken und die Steuerzahler entlasten.

Soziales: Die Überalterung der Bevölkerung hat zwar viele Kommissionen genährt – aber keine Ergebnisse gezeitigt. Die Altersversorgung von immer mehr Menschen kommt unter Druck: Die Renten sinken, aber wegen der niedrigen Zinsen schrumpfen auch die Auszahlungen der Lebensversicherungen und der Betriebsrenten. Gleichzeitig vervielfachen sich die Ausgaben für Beamte im Ruhestand. Nur kurz hat Peer Steinbrück im Kanzlerduell darauf hingewiesen; Angela Merkel hat das schwierige Thema sogleich unter den Teppich gekehrt. Aber die Altersversorgung muss wieder ins Lot gebracht werden. Zudem steigen die Ausgaben der Krankenkassen und Pflegeversicherungen. Lösungskonzepte sind schmerzhaft, vielfach unpopulär – aber unumgänglich.

Arbeitsmarkt: Im Wahlkampf haben sich die Parteien mit dreisten wie billigen Vorschlägen zu Mindestlöhnen und vermeintlich prekärer Beschäftigung übertrumpft. Jetzt sollten grobe Fehler korrigiert werden – ohne dass der Arbeitsmarkt wieder unter dem Leichentuch der Regulierer erstickt.

Euro-Rettung: Der Preis für die Euro-Rettung ist gigantisch, nicht nur in Euro und Cent: Verträge wurden gebrochen, Vertrauen missbraucht, mit der Europäischen Zentralbank ist eine Art Über-Regierung entstanden, die handelt – ohne demokratische Legitimierung und Kontrolle. Die neue Bundesregierung muss jetzt mutig genug sein, um den Kurs zu halten, den sie aus Angst vor dem Wähler eingeschlagen hat: Die europäischen Länder müssen wieder wettbewerbsfähig werden wollen; der billige Ausweg, nämlich via Bankenunion oder anderen trickreichen Methoden sich bei den Deutschen zu bedienen, darf auch nach der Wahl nicht offenstehen.

Das alles stand so nicht zur Wahl, aber jetzt muss es entschieden werden. Das Überraschende ist nicht das Wahlergebnis – sondern was daraus gemacht werden muss. Bislang hat in Deutschland immer noch die Vernunft über die Ideologen und Wahlkämpfer gesiegt. Wünschen wir uns, dass es dabei bleibt.

(Erschienen auf Wiwo.de am 21.09.2013)

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