Harmlose Apo der Opas

Deutschland hat rechts gewählt und wird nun links regiert. Das will unser Wahlrecht und zeigt, dass in der Politik Irrsinn Methode hat.

Der Stimmanteil von SPD, Grüne und Linke ist auf 43 Prozent gesunken; die der bürgerlich-liberalen Parteien auf 51 Prozent gestiegen. Trotzdem liegen im Deutschen Bundestag die (noch nicht ganz) vereinten Linken mit acht Sitzen vorne. Obwohl die Deutschen also Steuererhöher abgewählt haben, werden sie zur Kasse gebeten. Deutschland rückt nach links: Um gewählt zu werden, mutierte die CDU zu einer schwarz lackierten SPD und hat Mindestlöhne zu lieben gelernt. Weil sie einen Partner von links zum Regieren braucht, wird sie schnell weitere Reste ihres marktwirtschaftlichen Erbes verscherbeln.

Übrigens: In Großbritannien läge die Union mit 236 Direktmandaten vor der linken Opposition mit nur 63 weit vorne. Wegen der Fünf-Prozent-Klausel sind hierzulande die Stimmen für FDP und AfD nicht repräsentiert; nach den Regeln des Europaparlaments wären beide vertreten – dort gilt nur eine Drei-Prozent-Hürde. In der Wirtschaft würde hier das Kartellamt Strafbescheide wegen Verschwörung gegen den Wettbewerb verschicken. In der Politik gilt der Ausschluss lästiger Wettbewerber dagegen als demokratieförderlich. Das wird teuer: Ohne liberale Stimme wird es einfacher sein, die Staatsquote auf über 50 Prozent der Wirtschaftsleistung zu treiben. Schließlich hat die große Koalition von 2005 die Mehrwertsteuer gleich um drei Punkte erhöht. Trotz gegenteiliger Wahlversprechen redet die Union schon am Tag danach über Steuererhöhung, statt über die zielgerichtete Verwendung dessen nachzudenken, worüber sie schon im Überfluss verfügt. Eine Stimme der wirtschaftlichen Vernunft braucht sie nicht mehr zu fürchten. Der Wirtschaftsrat der CDU ist eine verfolgte Minderheit, die in ihren Katakomben inbrünstig Litaneien betet. Aber davon dringt nichts an das Ohr ihrer fernen Gottheit Angela, die sich gerne über die Glaubensstärke ihrer treuesten Anhänger lustig macht. Der Wirtschaftsflügel der Union fliegt so hoch wie ein Wiesn-Hendl. Die AfD muss erst mit sich selbst klarkommen; die FDP überleben. Bürgerliche Protestanten werden nicht gehört, denn sie demonstrieren in den Sälen feiner Hotels, werfen keine Steine und zünden keine Autos an. Ihnen droht das Schicksal einer außerparlamentarischen Opposition (Apo) rechthaberischer Opas, die erzählen, wie es damals war, in den goldenen Zeiten der Marktwirtschaft, die jetzt abgewickelt wird.

Auch die Verbände sind hilflos. Denn diese werden höchst unterschiedlich wahrgenommen. Es gibt die guten, das sind die Gewerkschaften und die Verbraucherverbände. Die Gewerkschaften zählen wenigstens viele Mitglieder, die Verbraucherverbände sind staatsfinanzierte Funktionäre, die sich selbst das Testurteil “sehr gut” aufpappen. Dagegen werden die Wirtschaftsverbände als Lobbyisten abgestempelt, es sei denn, sie verfolgen das grüne Gute, wie die Interessengruppen der heute meist chinesischen Solarindustrie.

Nun haben wir ein Trommelfeuer von Behauptungen erlebt, wie selbstzerstörerisch freie Märkte wirken, wenn sie nicht von politischen Nannys gehütet werden. Jetzt erleben wir, wie die eingebauten Regeln der Verfassung den Wählerwillen ins Gegenteil verändern. Es wird Zeit, an James Buchanan zu erinnern, der die ungewollte perverse Wirkung von Verfassungen analysiert hat. Sein Misstrauen gegen eine überbordende Dominanz der Politik hat ihm zwar den Nobelpreis eingetragen, aber kaum Aufmerksamkeit in Deutschland. Hier gilt das unbegrenzte Primat der Politik, das zwar alle arm und unfrei macht, aber irgendwie trotzdem als moralisch überlegen gilt.

Die Deutschen sind eben eine romantische Nation, die gerne an das Gute glauben will und dann in der Schlange der Versorgungsempfänger darauf warten muss. Die kommenden Jahre werden spannend. Sie werden geprägt sein durch den Kampf gegen Bevormundung und Enteignung der Leistungsträger.

(Erschienen auf Wiwo.de am 28.09.2013)

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