Einheits-Gulasch

In diesen Wochen wird die Gesundheitsreform umgesetzt und so ins praktische Leben eingeführt, dass sie pünktlich zum 1. Januar 2009 starten kann. Diese Reform war ja heftig umstritten in der großen Koalition. Bei der Gesetzgebung durften die Bundeskanzlerin und die Union ja noch mitschnabeln, sich zwischendurch auch mal als Sieger fühlten. Jetzt aber wird das Monsterwerk von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und den Beamten ihres Ministeriums endgültig auf den linken Kurs gebracht. Dabei zeigt sich: Die ursprünglichen Befürchtungen waren berechtigt – Deutschland bewegt sich auf das Einheits-Gulasch eines einheitlichen, miesen Staatsgesundheitssystems zu.

Äußerlich bleiben Namensschilder und Organisationsformen unverändert: Es wird weiterhin Ortskrankenkassen geben und solche für Betriebe oder Angestellte. Das muss schon deshalb so sein, weil die vielen gut dotierten Gremien der Selbstverwaltung ja in Wirklichkeit warme Plätze für verdiente Gewerkschaftsfunktionäre sind: Bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen werden die der IG Metall versorgt, bei den Angestellten die Kollegen von Verdi. Zu sagen haben die Genossen aber noch weniger als zuvor, denn zukünftig ist das, was die Kasse leistet, endgültig vereinheitlicht, Standard-Versorgung und nicht mehr. Wettbewerb um die bessere, effizientere Leistung – das war einmal. Auch der Wettbewerb auf der Beitragsseite wird durch einen Einheitsbetrag ausgehebelt.

Das klingt gerecht und entspricht der bei deutschen Sozialromantikern so beliebten Vorstellung, dass sich alle besser fühlen, wenn es allen gleich schlecht geht: Nicht die Qualität der Versorgung soll zählen, sondern die Gleichheit in der Unterversorgung. Vorbei sind mit der Reform auch die Zeiten, in denen sich Unternehmen durch die Gründung von Betriebskassen hervortun und damit die Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen senken konnten. Es lohnt sich nicht mehr, über Gesundheitsvorsorge und Kassenorganisation nachzudenken, wenn die Früchte des Bessermachens an die Faulen fallen.

Das gilt auch für die öffentliche Gesundheitspolitik: Dort, wo kluge Organisation und Investitionen in Krankenhäuser und andere Einrichtungen die Kosten halbwegs in Grenzen halten, ist diese Bemühung umsonst. Die vereinheitlichten Finanzierungsströme fließen wie Wasser an den tiefsten Punkt – dorthin, wo die Kosten, der Verbrauch am höchsten sind. Effizienz wird nicht belohnt, sondern durch Missachtung bestraft.

Auch die private Krankenversicherung darf noch ein Weilchen existieren. Auf 100 Milliarden Euro werden ihre Rücklagen geschätzt, die die Beiträge stabil halten sollen, wenn in den kommenden Jahrzehnten die Ausgaben durch die Überalterung der Bevölkerung steigen. Aber schon liegen die großen Löffel der Politik bereit, um möglichst schon heute zu verschwenden, was morgen so dringend gebraucht würde. Wie lange die Schutzmechanismen gegen die von der SPD angestrebte Verstaatlichung des privaten Sektors noch halten, ist ungewiss. Es ist so ungewiss wie alle wichtigen Regelungen in diesem so lebenswichtigen Bereich. In einer dreiteiligen Serie wollen wir daher erläutern, worauf Sie zukünftig achten müssen – denn nichts bleibt, wie es ist, und viele Auskünfte, die Ihnen heute erteilt werden, sind nachweislich falsch und irreführend.

Gewiss ist nur eines: Bislang hat die Selbstverwaltung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer im weltweiten Maßstab ein hohes Maß an Gesundheitsleistung erzeugt. Zukünftig werden Leistung und Beiträge durch die Politik massiv manipuliert. Das hat der Sache noch nie einen guten Dienst erwiesen. Bleiben Sie gesund. Das Gulasch der Einheitskasse werden Sie nicht so gut vertragen.

(Erschienen auf Wiwo.de)

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