Wie immer spielten sie „Hail to the Chief“ zwei mal

Donald J. Trump ist als 45. Präsident der ältesten Demokratie der Welt vereidigt. Und er griff bei seiner Rede ordentlich in die Harfe. Schauen wir uns noch einmal das Spektakel an. Klappe, Donald, die Erste ...

© Alex Wong/Getty Images

Nein, heute geht es uns nicht darum, den Präsidenten der USA in den Himmel zu loben oder zu verdammen. Wir beteiligen uns nicht am deutschen Kleinklein und den Spökenkiekereien. Nein, wir sehen mit einer gewissen Rührung auf die Inaugurations-Zeremonie in dem Land, das seit mehr als zweihundert Jahren die Phantasie der Welt entzündet.

1933 war auch für Amerika nicht das beste Jahr. Damals wurde jedenfalls festgelegt, dass die Inauguration des Präsidenten fürderhin alle vier Jahre am 20. Tag des kalten Januar stattfinden soll. Zuletzt also gestern. Bis in die letzten Tage wurde in deutschen Mutmedien spekuliert, dass im Falle eines Attentats vor der Vereidigung ein Obama-Minister vorübergehend das Präsidentenamt ausüben müsse, bis neu gewählt würde. Ansonsten nahmen sich unsere Eliten fest in den Arm und versicherten sich standhafter Loyalität beim Kampf gegen kommendes transatlantisches Übel.

Wir haben uns zur Beobachtung der Vorgänge in Washington DC den Sender abc ausgeguckt, der mehr die Bilder als Kommentatoren sprechen ließ. Hillary Clinton, in weißem Mantel, lachte pflichtschuldig über die Scherze des neben ihr stehenden George W. Bush, Gatte Bill schien ein wenig entrückt. Die Kamera schwenkte zwischen den Kindern des DJ Trump und den geschätzt erwarteten 800.000, die trotz Sauwetter gekommen waren.

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Trompetenstöße kündeten vom letzten Auftritt Barack Obamas als amtierendem Präsidenten, der unter den Klängen von „Hail to the Chief“ gewohnt lässig die Bühne betrat. Er begrüßte Freund und Feind und hatte kurz noch alle Aufmerksamkeit, bis die Kamera den Nachfolger backstage einfing.

Die Inauguration eines amerikanischen Präsidenten ist dem Deutschen fremd. Etwa wenn zunächst die kommende First Lady am Arm eines schmucken Gardeoffiziers an den Ort der Einschwörung ihres Gatten geleitet wird, fühlt man sich an Amerikas britisches Erbe und dessen royales Getue erinnert. Der Rest ist Gottesdienst. Mindestens sechs kirchliche Würdenträger diverser Konfessionen durften ihre „Prayers“ verrichten, und alle gucken fromm, am frommsten übrigens Barack Obama. Das ist schon ganz große Schauspielkunst, wie der aus dem Stand vom lockeren New Yorker in tiefreligiösen Bible-Belter zu wechseln vermag. Chapeau!

Trompetenstöße, Trump, Trump, Trump-Sprechchöre, Ladies and Gentlemen, the 45th President oft he United States … Und wieder wird gebetet. Gott segnet die Verleumdeten. Das scheint treffend ausgesucht. Überhaupt. One Nation under God. The greatest country in the world. Best days still to come. Eines kann man den Amis nicht absprechen, Selbstbewusstsein haben sie.

Der Vize-Präsident schwört den Eid. Trompeten, Gebete. Und dann fordert der Chief Justice Donald J. Trump auf, die Eidesformel nachzusprechen. Die eine Hand in die Höhe, die andere auf die Bibel, die ihm Gattin Melania in taubenblauem Outfit hinhält. Congratulations, Mr. President. „Hail to The Chief“. Salut aus Kanonen, die vielleicht schon die erste Amtseinführung eines gewählten und nicht gesalbten Staatsoberhaupts schützend wie salutierend begleiteten. Seit 1789 alle vier Jahre, sagt der Ehrenwerte Roy Blunt als Intro zum Eid. Recht hat er, das muss erst mal einer nachmachen. Common Place and Miraculous. Schon gewöhnlich und immer noch wunderbar. Was übrigens in diesem unserem Lande immer mehr in Vergessenheit zu geraten scheint. Bei uns scheint sich in sogenannten Eliten-Kreisen parteiübergreifend die Ansicht durchzusetzen, ihre Macht käme von irgendwelchen Göttern. DEI GRATIA, statt Populus sei Dank.

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Ein bisschen Klatsch muss sein, bevor es ans Eingemachte geht. Also die Obamas und die Clintons werden keine besten Freunde mehr, eher nehmen Laura Bush und Hillary täglich ihren 5 o´Clock Tea. Madonna war nicht da. Elton war nicht da. Leonardo di Caprio war nicht da. Keine Jungfrau Ciccione, keine Kerzen im Wind, der Wolf of Wall Street wurde nicht durch einen Schauspieler repräsentiert.
Dann also hob der Präsident an: Er dankte seinen „Fellow Americans“ und gleich der ganzen Welt. Er, Donald wird die Dinge jetzt in die Hand nehmen und „we will get the job done.“ Der 20. Januar 2017 sei der Tag, an dem das Volk wieder dieses Land zurückbekommen und regieren würde. Ein Satz wie designt fürs Geschichtsbuch. Überhaupt hat der 31jährige Redenschreiber Stephen Miller schwer in die Harfe gegriffen. Washingtons Triumphe waren nicht Eure Triumphe, Amerikas wirtschaftlicher Erfolg war nicht Euer Erfolg. Junge, Junge! Klar, America First fehlte nicht. Und dass wahrer Patriotismus keinen Platz für Vorurteile lasse, das Blut aller Patrioten ist rot, die Hautfarbe Nebensache.

Die 800.000 waren ohrenscheinlich recht begeistert von ihrem Donald. Der versprach noch, den American Way of Life nicht mehr exportieren zu wollen, sondern eher wie ein leuchtendes Vorbild auf freie Nachahmer dieses Lebensstils zu setzen. Und inspiriert von einem Welterfolg von Taylor Swift versprach Donald J. Trump: I will never ever… let you down.

Wieder folgten Gebete. Angeblich steht irgendwo in der Bibel, dass der Regen ein Segenszeichen des Herrn sei, behauptete jedenfalls einer der Fürbitter. Und siehe: Es regnete. Jesus spielte auf dieser Veranstaltung eine größere Rolle als in einem modernen evangelischen Gottesdienst in Germany. Dann die Hände auf die Brust. Die Nationlhymne von einem 16-jährigen Schnuckelchen vorgetragen. God Bless You. Good Night.

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