Wie Berlin islamistischen Terror routiniert abarbeitet

GroKo-Protagonisten und assistierende Medien üben bei islamistischen Terrorakten und Bedrohungslagen ein Verfahren aus Betroffenheit, Tabuisierung und Ablenkung , hat Klemens Volkmann beobachtet.

Besteht ein Zusammenhang zwischen IS-Terror, Islamismus  und Flüchtlingskrise in Deutschland, haben muslimische Gettos in deutschen Städten sogar ein Molenbeek-Problem? Natürlich nicht, beteuert das politische Berlin und weigert sich beharrlich, nach den Terrorakten in Frankreich und Brüssel  eine wie auch immer geartete Verbindung öffentlich einzuräumen. Alles andere würde auch die Kanzlerin in Gefahr bringen. Je deutlicher aber ein Zusammenhang zwischen willkommensoffenen Grenzen und Terror zutage tritt, desto routinierter, beinahe kaltblütig wirkt das Abarbeiten auswärtiger Anschläge. Die Protagonisten der GroKo und der ihnen assistierenden Medien haben bei islamistischen Terrorakten und Bedrohungslagen inzwischen das Verfahren aus Betroffenheit, Tabuisierung und Ablenkung beachtlich perfektioniert.

Die Reaktionen von deutschen Regierungsverantwortlichen und ihrer Entourage auf Terroranschläge, von denen Deutschland bislang zum Glück verschont wurde, folgen dabei dem gleichen Schema. Die nachfolgenden Meldungen entstammen sämtlich der Berichterstattung deutscher Medien.

Phase 1: Der Betroffenheits- und Beileidsauftakt.

Hier machen politisch Unerfahrene die ersten Fehler. Politisch korrekt sind kurz nach dem Anschlag ausschließlich Trauer- und Beileidsbekundungen. Wer sich jetzt schon aus naheliegenden Gründen an Ursachenforschung und Schuldzuweisungen versucht, hat verspielt und wird Kanonenfutter für Pharisäer. Allenfalls sind Kraftmeiereien gegen die Terroristen erlaubt. Betroffenheits-Spitzenreiter ist in dieser Phase oftmals Heiko Maas.

  • Bundesjustizminister Heiko Maas hat die Terroranschläge verurteilt. „Das ist ein schwarzer Tag für Europa. Diese abscheulichen Taten treffen uns alle. Wir stehen an der Seite von Stadt und Bürgern“, schrieb der SPD-Politiker auf Deutsch und Englisch bei Twitter.
  • Regierungssprecher Steffen Seibert spricht den Opfern Solidarität zu und kündigt ein konsequentes Vorgehen gegen den Terror an.
  • Bundespräsident Joachim Gauck hat in einem Schreiben sein Beileid ausgesprochen. Gauck, der sich zurzeit zu einem Staatsbesuch in China aufhält, schrieb: „Die schrecklichen Verbrechen, die so viele Opfer gefordert haben, verurteile ich auf das Schärfste.“
  • Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) meldete sich per Twitter. Er rief zu Solidarität und Zusammenstehen gegen den Terror auf.
  • Ralf Stegner (SPD) per Twitter: „Grausame Terroranschläge in Brüssel. Gedanken sind bei Opfern und Angehörigen. Freiheitliche Gesellschaft darf niemals zurückweichen!“
  • Stefan Weil(SPD), dito: „Es ist unfassbar und schrecklich. Mein Mitgefühl gilt den Opfern und Verwandten
  • Der Zentralrat der Muslime hat die Terrorangriffe als „feige Anschläge auf unschuldige Bürger“ verurteilt. Der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek erklärte: „Lasst uns allen Terroristen, egal welcher Couleur, entgegnen: Euch wird der Zorn Gottes und der gesamten Menschheit treffen.“
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich erschüttert über die Terroranschläge gezeigt. Die CDU-Vorsitzende sprach von „tiefer Bestürzung und Trauer“ über das, was „Terroristen den Menschen heute angetan haben, was Terroristen uns allen angetan haben“.

Phase 2: Die Tabuisierung

Die wohl wichtigste Phase. Alles, was politisch nicht passt, wird in die (meistens) rechtspopulistische/radikale Ecke gestellt. Wer anders denkt und argumentiert, ist automatisch mit dem Makel des Rechtspopulisten oder Schlimmerem behaftet. Für die politischen Follower im Umfeld der Regierung ist die Tabuisierungsphase gleichzeitig Richtschnur und Korridor für eigene Aussagen. Wichtig ist, dass alles, was mit deutschen Zuständen negativ vergleichbar wäre, totgeschwiegen oder vehement bestritten wird. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

  • Bundesjustizminister Heiko Maas hat davor gewarnt, einen Zusammenhang zwischen der Flüchtlingskrise und der Terrorbedrohung herzustellen. „Die meisten Männer, die in den vergangenen Monaten diese grauenhaften Anschläge verübt haben, sind bei uns in Europa zu einer terroristischen Bedrohung herangewachsen“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Sie sind keine Flüchtlinge.“
  • Berlin ist nach Einschätzung von Innensenator Frank Henkel (CDU) keine „Brutstätte für den Terror“. Es gebe hier nicht ganze Wohnviertel, die von Islamisten – wie im Stadtteil Molenbeek in Belgiens Hauptstadt Brüssel – dominiert würden, sagte Henkel der Welt.

Phase 3: Weichenstellen, Vernebeln, Legenden stricken

Hier kommt es darauf an, beim Volk und den Medien halbwegs plausible Gründe für das Versagen bei der Abwehr des Terroranschlages anzutesten. Am besten, man speist streitige politische Themen ein. Wenn es glückt, beißen sich die Medien daran fest und vertiefen die angeblichen Gründe durch das Palaver von „Experten“, gerne auch aus dem Dunstkreis der regierenden Parteien.

  • Als Konsequenz aus den Terroranschlägen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière seine Forderung nach einem besseren Austausch sicherheitsrelevanter Daten in Europa bekräftigt. Der CDU-Politiker stellte klar: „Datenschutz ist schön, aber in Krisenzeiten wie diesen hat Sicherheit Vorrang.“
  • Die Terrorgefahr in Deutschland sei unverändert hoch, sagte de Maizière weiter. Anschläge können nicht ausgeschlossen werden. Die Sicherheitsbehörden täten jedoch alles, um Anschläge zu verhindern.
  • Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte an, „den Kampf gegen den Terrorismus hart und entschlossen zu führen“. Auch in Deutschland seien Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.
  • Klaus Bouillon, der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, fordert ein europäisches Register über Ein- und Ausreisende sowie eine bessere Zusammenarbeit der EU-Länder beim Datenaustausch. „Es nutzt ja nichts, wenn jeder auf seinen Datenbänken sitzen bleibt und die Menschen sterben“, sagte Bouillon,
  • Aus der SPD kommen Forderungen nach mehr Geld zur Terrorbekämpfung und für die innere Sicherheit. „Was wir in der Finanzplanung bis 2020 beschlossen haben, geht in die richtige Richtung, reicht aber bei Weitem nicht aus“, sagte der SPD-Obmann im Haushaltsausschuss, Johannes Kahrs,
  • CDU-Bundesvize Thomas Strobl hat nach den Terroranschlägen von Brüssel ein funktionsfähiges europäisches Anti-Terrorzentrum gefordert. Darüber werde bereits seit Jahren verhandelt, aber derzeit gelinge nicht einmal der europaweite Datenaustausch in ausreichendem Maße, sagte Strobl. „Das ist angesichts der Terrorlage, die wir in Europa haben, so nicht mehr länger hinnehmbar. Wir brauchen auf die terroristische Herausforderung auch eine europäische Antwort.“

Phase 4: Auf der Suche nach Ersatzschuldigen

Die Öffentlichkeit lechzt nach Tätern und deren Bestrafung. Weil das zu früh ist, ist es hilfreich, den Fokus auf Personen oder Gruppen zu lenken, die schon immer im Verdacht standen, politisch unkorrekt zu sein und die man digital abwatschen kann. Es fällt auf, dass sich hier bekannte Politiker inzwischen mit persönlicher und direkter Kritik zurückhalten. Mit einer erstarkten AfD und einem möglichen Präsidenten Trump will sich wohl keiner mit offenem Visier mehr anlegen. Nützlich sind dann vor allem einige Medien oder ein fleißig kolportierter Shitstorm in den sozialen Netzwerken.

  • Die Zahl der Opfer war noch nicht bekannt, da nutzten die ersten Populisten wie Marcus Pretzell oder Beatrix von Storch die Anschläge von Brüssel schon für ihre Zwecke, entrüstet sich die FAZ.
  • Die Twitter-Nachricht der AfD-Frau Beatrix von Storch kommentierte der Merkur: Während andere EU-Politiker ihre Betroffenheit und Solidarität mit Opfern und Angehörigen bekundeten, wetterte die AfD-Frau los: Die eigene Kultur der Deutschen sei „verschütt gegangen unter all dem Multi-Kulti-Gequatsche“. Und: „Wer jetzt immer noch nicht verstanden hat, worum es geht, wer jetzt wieder die Warner und Mahner attackiert und meint, das Problem löse sich mit Lichterketten, Integrationskursen und Wegsehen, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir haben ein Problem in Europa. Das Problem ist importiert.“ Mit diesen Worten macht von Storch also tatsächlich die Flüchtlingspolitik für die Anschläge verantwortlich – obwohl es schon lange vor der Grenzöffnung für Flüchtlinge im vergangenen Jahr verheerende Anschläge von radikalen Islamisten in Europa gab – beispielsweise in London im Jahr 2005 und Madrid im Jahr 2004.
  • Die WAZ: Dass sich Beatrix von Storch gerne mal im Ton vergreift, ist nicht neu. Genauso wenig wie die Tatsache, dass AfD-Mitglieder bewusst Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen, indem sie grenzwertige Äußerungen tätigen. Dennoch darf man es als erstaunlich ansehen, dass die „Rechtspopulisten“ nicht müde werden, Respekt und Anstand ruhen zu lassen, um wahrgenommen zu werden. Selbst wenn sie dafür Opfer eines Terroranschlags instrumentalisieren müssen.
  • Die Welt: Die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld hatte sich auch via Facebook geäußert. Sie gibt Angela Merkel die Schuld an den Anschlägen. Lengsfeld schrieb, die Kanzlerin habe „alles dafür getan, dass der Terror in Europa Fuß fassen kann“. „Lasst uns Angela Merkel feiern, sie hat es geschafft!“, forderte Lengsfeld ihre Follower außerdem auf. Später revidierte sie allerdings das Posting als Versehen.
  • Einige Netzwerker wandten sich direkt an die Politikerin, was gerne von einigen Medien aufgegriffen wurde „Sie sind so widerlich“, schrieb Cansu Özdemir auf Twitter.
  • Die FAZ: „Auch Donald Trump, der immer aussichtsreichere amerikanische Präsidentschaftskandidat der Republikaner, reagierte im Kurznachrichtendienst Twitter umgehend auf die Brüsseler Anschläge. Ein Wort der Trauer? Fehlanzeige, stattdessen nimmt Trump die Anschläge zum Anlass, Grenzschließungen das Wort zu reden. Die Forderung wiederholt er später auch beim Sender Fox News: „Ich würde unsere Grenzen zumachen.“
  • „Donald Trump begeistert sich fürs Waterboarding, Ted Cruz will einen antimuslimischen Polizeistaat. Nach den Anschlägen von Brüssel übertrumpfen sich die US-Republikaner mit kruden Aussagen“, lästert Spiegel Online.

Phase 5: Relativieren, verharmlosen, totquatschen

Das ist die Stunde der Talker. Am besten, man trennt sich nach jeder Runde friedlich-schiedlich und beklatscht die Maßnahmen der Politiker, die jetzt unbedingt und schnell eingeleitet werden sollen. Und bitte verbal nicht vom regierungsamtlichen Mainstream abweichen.

  • Über Plasbergs „Spezial“ nach Brüssel berichtet die FAZ in einer TV-Kritik u.a.: „Die grüne Europaabgeordnete Terry Reintke sagt, Angst und Hass könnten nicht die Reaktion auf den Terror sein und erzählt auf Plasbergs Nachfrage, dass sie Brüssel wegen der Vielfalt schätze und am Wochenende den Stadtteil Molenbeek doch ganz gerne besuche.
  • Armin Laschet, der nordrhein-westfälische Oppositionsführer von der CDU, würde da sicherlich mitgehen, er bleibt gern im Ungefähren und spricht mal von der Notwendigkeit des repressiven Staats in solchen Situationen, dann wieder von der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit.
  • So gefährlich naiv wie Laschet klingt auch Markus Lanz im ZDF, der am Ende seiner Sendung wissen will, ob „wir nicht umdenken“ müssten.

Klemens Volkmann ist Redakteur im Ruhestand und hat viele Jahre in einer obersten Landesbehörde gearbeitet.

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