Siemens-Chef Kaeser: Nach unten treten, nach oben buckeln

Zuhause bläst Joe Kaeser gerne die Backen auf und wettert gegen die „Rechten“. Doch im Ausland hält er Autokraten und Diktatoren die Händchen – gestern Erdogan, heute den Saudis.

Christof Stache/AFP/Getty Images

Gaaanz mutig war Joe Kaeser vor ein paar Monaten: „Lieber ‚Kopftuch-Mädchen‘ als ‚Bund Deutscher Mädels‘“, twitterte der Siemens-Konzernchef, nachdem die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel im Bundestag über importierte „Kopftuch-Mädchen und Messermänner“ geschimpft hatte. Kaeser, der eigentlich Josef heißt, sich aber schick „Joe“ nennt, wollte auch andere DAX-Chefs zu einer Anti-AfD-Kampagne mobilisieren, doch winkten die anderen Konzernlenker ab. Sie wollten sich politisch nicht zu sehr aus dem Fenster hängen.

Nun wird genau das Kaeser zum Verhängnis, seine vorgetragene Moral ist nämlich tief verlogen. Der Siemens-Chef, der sich im Inland so betont politisch korrekt gibt und nach den Chemnitz-Protesten gleich Deutschland beschädigt sah, hat keinerlei Probleme damit, mit ausländischen Autokraten und Potentaten Geschäfte zu machen. Etwa mit dem türkischen Quasi-Sultan Erdogan. Der Türkei will Siemens zehn neue Hochgeschwindigkeitszüge verkaufen, ein Auftrag mit dreistelligem Millionenvolumen.

Die Doppelmoral fängt inzwischen so zu stinken an, dass auch große Medien sie kritisieren. „Der mächtige Siemens-Chef, der gegen die AfD wettert und mit Erdogan arbeitet“, titelte die „Welt“. Auch mit dem ägyptischen Machthaber Abdel Fatah Al-Sisi, nur sehr eingeschränkt ein Demokrat, hat der 61-jährige Kaeser keinerlei Probleme. Dem verkaufte er Kraftwerke und ließ sich dann im Kreis von Militärs ehren, als er pünktlich lieferte.

Nun aber wird es besonders widerlich: Soeben haben sich die Hinweise verdichtet, dass die Saudis in ihrem Konsulat in Istanbul den kritischen Journalisten Jamal Kashoggi brutal ermordet haben (mutmaßlich bei einem „Verhör“ wurde er getötet). Während die Amerikaner nun auf Distanz zu Riad gehen, zucken auch immer mehr Wirtschaftsführer zurück, zu einer von der saudischen Herrscherfamilie organisierten Investorenkonferenz Ende Oktober nach Riad zu fahren. Die Liste der Absagen ist schon lang: Wall-Street-Größen wie Jamie Dimon (JP Morgan Chase), Steve Schwarzman (Blackstone) und Laurence Fink (Blackrock) haben als Redner abgesagt, die Chefs von Credit Suisse und HSBC kommen auch nicht mehr, obwohl ihre Banken Sponsoren der Konferenz sind.

Nur „Joe“ hält die Treue zum radikal-islamischen Saudi-Königshaus und seinen Ölmilliarden. Ein „Armutszeugnis“ sei das, kommentierte die FAZ. „Gerade der Siemens-Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser, der sich gerne als AfD-Gegner zur moralischen Instanz aufspielt, sollte sich anders verhalten, wenn er seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen will. Mutig ist es nicht, eine von Medien beklatschte, populäre Position zu beziehen. Mutig ist es, auch dann Haltung zu zeigen, wenn das kurzfristig Geld kosten kann.“ Glaubwürdigkeit, Geld kosten? Eher lautet Kaesers Motto „Geld stinkt nicht“.

Der Siemenskonzern macht seit dem Verkauf der Handy-Sparte keine Geschäfte mehr mit Privatleuten, nur noch mit Regierungen und (staatsnahen) Konzernen, die seine Züge, Kraftwerke und Turbinen kaufen. Einfachen Bürgern muss der Siemens-Chef nicht mehr gefallen. Deshalb kann er es sich auch erlauben, die 17 Prozent der Bevölkerung, die laut derzeitigen Umfragen AfD wählen wollen, vor den Kopf zu stoßen (die anderen Dax-Konzerne wollen nicht Millionen potentielle Kunden vergraulen und sind daher eher zurückhaltend).

Für Kaeser ist dagegen vor allem wichtig, dass das Kanzleramt ihm applaudiert. Mutti Merkel findet es bestimmt gut, wenn er die rechte Oppositionspartei anrempelt.

Und mit den Saudis hat sich ja auch Berlin lange ganz gut verstanden. Deutschland ist ein großer Waffenlieferant für das wahhabitische Golf-Königreich, das im Gegenzug mit dreistelligen Millionenbeträgen seine Version eines besonders rückständigen, radikalen Islams auch nach Europa exportiert und hier fleißig Moscheen baut und unterstützt.


Robert Mühlbauer

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Kommentare ( 39 )

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Gerro Medicus
5 Jahre her

Die Kriegsgewinnler von damals sind die Migrations- und Multikulti-Gewinner von heute! Was schert sie das Leid von Menschen, das durch ihre Taten hervorgerufene Elend, wenn nur die eigene Kasse stimmt?

Kaeser *** ist eine Gallionsfigur dieser charakterlosen, ausschließlich auf eigenen Profit fokussierten und ohne Ethik handelnden Menschen. Wie solche Leute an die Spitze von Weltkonzernen gelangen können, bleibt mir schleierhaft.

Maskenball
5 Jahre her

Die EU entspringt in der Hauptsache der Idee der großen Konzerne, sich von der Mitfinanzierung der Gesellschaftlichen Notwendigkeiten zu verabschieden. Deren Wunschvorstellung ist eine jederzeit zu geringsten Konditionen zu Verfügung stehende so gut wie rechtlose und unorganisierte Slavenmasse.

Maskenball
5 Jahre her

Ein Wesen aus der Parallelgesellschaft der abhängig beschäftigten Millionäre, mit all den notwendigen schlechten Eigenschaften. Sozusagen der Ackermann Prototyp.

Klaus
5 Jahre her

Kein Mitleid, Herr Kaeser hat das Moral-Fass selbst aufgemacht. Seine Einlassung zur AFD war nicht nur peinlich sondern auch ein Management-Fehler, als Unternehmen sollte man sich grundsätzlich aus der Politik raushalten

jboese2
5 Jahre her

Dieser *** Kommentar ist ein gutes Beispiel dafür, warum es in Deutschland besser ist, den Mund zu halten. Mal wird man gefeiert, dann gefeuert. Wenn Siemens durch politische Vorsortierung Milliardenaufträge verliert und Arbeitsplätze abbauen muss dann ist auch das Management Schuld. Statt dessen jubeln einschlägige Kreise den Iran hoch, der täglich Menschen – auch Minderjährige- wegen ‚Verbrechen‘ wie Homosexualität öffentlich hängen läßt. Was Saudi Arabien gemacht hat ist nicht ok. Es ist aber gemessen an dem was andere Länder unkritisiert täglich tun eine Bagatelle. Aber an die trauen wir uns nicht ran. Und fühlen uns toll, wenn man andere vermeintlich… Mehr

Gerro Medicus
5 Jahre her
Antworten an  jboese2

Wie hieß es doch gleich in einem Bond-Film im Gespräch zwischen M und dem Premierminister? Wenn wir mit Schurkenstaaten nicht mehr reden dürften, würden wir bald Selbstgespräche führen. Nicht, dass ich das gutheiße, jedoch ist es wohl Realität. Hochproblematisch finde ich jedoch, dass wir dauernd versuchen, uns in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Die Wild card dazu heißt Menschenrechte! Die Durchsetzung derselben sollte jedoch jeder Staat nur für sich vornehmen und nicht Staaten das Recht einräumen, bei anderen Staaten wegen deren Mängel zu intervenieren. Aber selbst diese Interventionsgründe sind verlogen, denn dann dürfte niemand mit irgendeinem islamischen Staat, die… Mehr

Klaus
5 Jahre her

Unfassbar, was die Saudis sich hier geleistet haben.

Interessant ist übrigens nicht nur die (fehlende) Reaktion von Herrn Kaeser (ein peinlicher Mensch) sondern auch die wachsweiche Haltung der politischen USA und ihrer Verbündeten.

Man stelle sich nur mal vor, der Iran hätte sich bei sowas erwischen lassen.

HH 1966
5 Jahre her

@Bubi111 Es geht doch gar nicht darum, ob die AfD dieses“Bashing“ verkraften kann oder nicht. Es geht darum, das Menschen wie Josef Kaeser eine „Doppelmoral“ an den Tag legen und vertreten, die man ohne großes Nachdenken als „heuchlerisch“ bezeichnen kann. Das schlimme daran ist aber nicht einmal dieses „Heuchlerei“, sondern das solche Personen es anscheinend nicht einmal mehr merken, wie scheinheilig sie agieren. Entschuldigen sie, aber das ist mehr als „unterste“ Schublade und zeigt nur eines sehr deutlich, „Geld stinkt nicht“ und „menschlich eine Fehlbesetzung“. Aber anscheinend muß man in solchen Positionen alle Skrupel, die man einmal hatte, wohl auch… Mehr

bkkopp
5 Jahre her

Ob D abwirtschaftet oder nicht ist die Verantwortung der Regierung und der Wähler. Die Konzerne, aber auch eine grosse Zahl international erfolgreicher, grösserer Mittelständler, brauchen keine Sintflut in D, oder Europa, zu befürchten. Sie sind längst, mit freundlicher Unterstützung des deutschen Steuerrechts, sehr breit international aufgestellt. Auch wenn ich die Zahl nicht genau weiss, aber Siemens/Kaeser sind bestenfalls zu 25% deutsch. Wie andere auch. Es ist kaum davon die Rede, dass die Internationalisierung tatsächlich auch ein wirtschaftliches Auswandern bedeutet.

Ulrich Bohl
5 Jahre her

Einer von der Sorte, die Herr Tichy in einer Talkshow als gewissenlos
bezeichnete. Er erntete dafür zu Unrecht Kritik.

Jo_01
5 Jahre her

Ich kann zwar Ihre Sicht auf die Dinge verstehen, aber ich teile sie nicht. Ich bin gegen die politische Instrumentalisierung von Wirtschaftsunternehmen – und zwar prinzipiell. Allerdings bin ich auch gegen die „Haltung“, die Hr. Kaeser immer mal wieder meint, kundtun zu müssen. Er soll sich um Siemens kümmern und hätte mal den Mund aufmachen können zu Themen, von denen Siemens direkt betroffen ist: der grünen sog. „Energiewende“, die seiner Kraftwerkstechnik-Sparte hierzulande die letzten Kunden nimmt. Und in deren Folge er selbst Hr. Trump versprochen hat, die Forschung und den Bau in dieser Sparte nunmehr in die USA zu verlegen… Mehr