NetzDG – Herr Maas, so geht Gesetzgebung richtig

Massive Entgleisungen in sozialen Netzwerken sind eine Tatsache. Niemand muss sich beleidigen lassen, keine freie Gesellschaft sollte Volksverhetzung ein Forum geben. Dies geht aber alles ohne die drastischen Eingriffe in Freiheitsrechte des Maas’schen Entwurfs.

© Steffi Loos/Getty Images

An diesem Freitag steht das von Justizminister Maas geschaffene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ auf der Tagesordnung des Bundestages (19.05.2017, TOP 38). Das Gesetz ist eine 30-seitige, verfassungs- und europarechtswidrige juristische Totgeburt. Es verstößt gegen Art. 3, 5 und 12 GG (Gleichheitsgebot, Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit). Hinzu kommt, dass das Gesetz überflüssig ist. Hier unser Gegenentwurf.

Für den Kampf gegen strafbare und zivilrechtlich unzulässige Inhalte im Netz genügen die Gesetze, die wir haben. Der Kampf lässt sich mit einer hinreichend ausgestatteten Justiz ohne weiteres erfolgreich führen. Es bedarf der drastischen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bevölkerung und der drohenden automatisierten Massenvernichtung freier Rede nicht.

Die massiven Entgleisungen in den sozialen Netzwerken sind eine Tatsache. Sie sind zu ahnden, wenn sie bestehende straf- oder zivilrechtliche Vorschriften verletzen. Niemand muss sich beleidigen lassen, keine freie Gesellschaft sollte Volksverhetzung ein Forum geben. Dies lässt sich aber alles ohne die drastischen Eingriffe in Freiheitsrechte bewerkstelligen, die Maas’ Gesetz vorsieht.

NetzDG
Netzwerkdurchsetzungsgesetz - Meinungsfreiheit in Gefahr
Schon nach geltendem Recht haftet jedes soziale Netzwerk ab Kenntnis für die dort befindlichen Inhalte. Und zwar sowohl zivil- als auch strafrechtlich. Löscht das Netzwerk nach Beschwerde einen z.B. beleidigenden Inhalt nicht, kann man Facebook ebenso verklagen, wie die Bild-Zeitung. Die Strafverfolgungsbehörden können gegen die verantwortlichen Personen vorgehen, wenn strafbare Inhalte nicht entfernt werden. Aber anstatt die Justiz entsprechend auszustatten, damit sowohl schnelle zivilrechtliche Abhilfe, als auch strafrechtliche Ahndung erfolgt, verlagert der Justizminister diese hoheitliche Aufgabe unter Verletzung verfassungsrechtlicher Vorgaben und der Gewaltenteilung an ein privates, durch drohende Sanktionen von bis zu € 50 Millionen maximal eingeschüchtertes Privatunternehmen. Eine Vorschrift, die den von zu Unrecht erfolgten Löschungen oder Profilsperrungen Betroffenen eine Handhabe gibt, ist in dem Entwurf nicht vorgesehen. Es geht besser:

Entwurf eines Gesetzes zur Gewährleistung freier Rede und Einhaltung straf- und zivilrechtlicher Vorschriften in den sozialen Netzwerken (Meinungsfreiheitsgesetz – MfG)

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt für soziale Netzwerke. Dies sind Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht im Inland Plattformen im Internet betreiben, die es Nutzern ermöglichen, beliebige Inhalte mit anderen Nutzern auszutauschen zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

§ 2 Inländischer Zustellungsbevollmächtigter

Anbieter sozialer Netzwerke haben für Zustellungen in Deutschland in ihrem Impressum einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen.

§ 3 Haftung für rechtswidrige Inhalte Dritter

Anbieter sozialer Netzwerke haften auch für von Dritten eingestellte rechtswidrige Inhalte, wenn sie diese nach Kenntnis nicht unverzüglich entfernen.

§ 4 Haftung für Löschungen und Sperrungen

(1) Anbieter sozialer Netzwerke können auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie Inhalte Dritter entfernen, deren Veröffentlichung nicht gegen deutsches Recht verstößt.

(2) Anbieter sozialer Netzwerke können auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn sie Profile Dritter löschen oder befristet sperren, soweit der betroffene Dritte deutsches Recht nicht verletzt hat.

(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten dann nicht, wenn der betroffene Dritte die AGB (Gemeinschaftsregeln) des sozialen Netzwerks verletzt hat und die AGB ihrerseits rechtmäßig sind. Dies gilt dann nicht, wenn das soziale Netzwerk eine marktbeherrschende Stellung hat.

§ 5 Bagatellklausel

Die Ansprüche aus § 3 MfG können nur dann geltend gemacht werden, wenn die rechtswidrigen Inhalte geeignet sind, die Interessen des Betroffenen spürbar zu beeinträchtigen.

§ 6 Gerichtsstand

Für Klagen aufgrund dieses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

§ 7 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag der Verkündung in Kraft.

(2) Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird mit Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben. Alle etwa aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Entscheidungen sind gegenstandslos.

Einige Worte zur Erläuterung:

§ 2: Eine Zustelladresse im Inland ist deshalb wichtig, weil deren Fehlen zu dramatischen Verzögerungen der Verfahren führt.

§ 3 ist im Prinzip redundant, weil sich dies bereits aus dem Telemediengesetz ergibt. Dennoch gehört diese Klarstellung hierher.

§ 4 Abs. 1 gewährt eine klare Handhabe gegen Eingriffe der sozialen Netzwerke in das grundrechtlich verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung durch das Entfernen rechtmässiger Inhalte. In der Begründung zu dem Gesetz von Maas heißt es zwar: „„Niemand muss hinnehmen, dass seine legitimen Äußerungen aus sozialen Netzwerken entfernt werden.“ Sein Entwurf schafft aber keine entsprechende Regelung. Dem helfen wir mit § 4 Abs. 1 ab. Abs. 2 begründet einen Anspruch auf Schadensersatz bei befristeter Sperrung oder gar Löschung von Profilen, wenn der Nutzer deutsches Recht nicht verletzt hat. Abs. 3 räumt den sozialen Netzwerken einen gewissen Ermessenspielraum ein, was sich auf den Plattformen abspielen darf. So darf ein Portal der Dackelfreunde durchaus jemanden sperren oder löschen, wenn er ständig Vandalismus betriebe und seine Lieblingskatzenfotos veröffentlicht oder Texte zur veganen Esoterik. Allerdings soll dies dann nicht gelten, wenn das soziale Netzwerk, und dies würde zB für Facebook gelten, eine marktbeherrschende Stellung hat und nicht zB auf bestimmte Interessen- oder Themenbereiche beschränkt ist.

§ 5 soll in geringem Maße den etwas anderen Kommunikationsformen im Netz Rechnung tragen. Nicht jede im Eifer des Gefechts gemachte Äußerung soll justiziabel sein um so einer Sinflut von Abmahnungen und Gerichtsverfahren vorzubeugen. Wann eine „spürbare Beeinträchtigung“ vorliegt, soll der Entscheidungshoheit der Gerichte überlassen bleiben.

Herr Maas, gerne hören wir von Ihnen, warum sie unseren Entwurf nicht übernehmen und Ihr Gesetz fallen lassen.

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Kommentare ( 42 )

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42 Comments
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Erast Van Doren
6 Jahre her

Nein, jegliche Einschränkung der Redefreiheit verbieten. Und zwar grundsätzlich.

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her
Antworten an  Erast Van Doren

Öffentliche Gewaltaufrufe müssen verboten bleiben, sonst könnte sich jene politische Richtung mit der am meisten gewalttätigen Anhängerschaft leicht durchsetzen. Was sollte man zum Beispiel tun, wenn Erdogan seine Drohung, kein Europäer könnte mehr sicher sein, weiter treibt und die Imame hier zum Dschihad trommeln lässt?

Erast Van Doren
6 Jahre her

Deshalb sollten diese Leute gar nicht hier sein.

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her
Antworten an  Erast Van Doren

Dann gäbe es immer noch die radikale Linke/Rechte. Mordaufrufe muss niemand tolerieren.

Klausi
6 Jahre her

Bei aller Sympathie, aber Paragraph 4 schießt weit über das Ziel hinaus, er schränkt die Privatautonomie genauso ein wie das Maas’sche Machwerk, indem er Unternehmen nunmehr verpflichtet, Inhalte Dritter auf ihren Seiten zu dulden anstatt sie zu löschen. Wenn, dann müsste das schon auf einige sehr mächtige Anbieter wie Facebook beschränkt und mit deren Marktmacht begründet werden, etwa nach dem Modell des Kontrahierungszwangs.

F.Peter
6 Jahre her

Der letzte Satz soll wohl Ironie sein?? Ein Minister von einer Regierung, die alternativlos und somit doch unfehlbar ist, wird sich doch nicht eine wirklich gute Sache zu Eigen machen! Das verstößt doch erheblich gegen die Selbstherrlichkeit der „Selbstherrlichen Partei Deutschlands“!

Heinz Stiller
6 Jahre her

Es geht doch alles viel einfacher, warum sich solche Mühe machen. Der demokratischen Intention unseres lieben Herrn Maas wäre doch am besten gedient, wenn wir den Paragraphen 106 des DDR-Strafrechts („Staatsfeindliche Hetze“) wortgetreu übernehmen würden. Das wäre die ehrliche Lösung.

Sabine Ehrke
6 Jahre her

Was reden Sie denn da, erst überflüssig, dann Gegenentwurf? Ganz einfach geht das und braucht weder Ihre Ausführung noch die von Stasibeauftragten Maas. Pflicht zur Hinterlegung des echten Namen per Nachweis, sodass (wer unter Pseudo postet) jeder vor ORDENTLICHEN Gerichten zur Verantwortung gezogen werden kann wenn eine Straftatbestand vorliegt. Wer sonst zum Teufel sollte Recht und Unrecht definieren? MFG… Ihre Köterrasse

Dennis Hahn
6 Jahre her

Schon seltsam dass man wenn es um Deutsche geht argumentiert „man könne ein Volk nicht als ganzes beleidigen“ und somit jede Klagemöglichkeit quasi negiert, aber der Gegenseite bei jedem Wort an der Lippe hängt. Deutsche eine „Köterrasse“? Geht klar. Man stelle sich mal vor von Storch oder gar Gauland hätte die Türken als „Köterrasse“ bezeichnet. Wochenlange Talkshowauftritte der ewig gleichen Islam-Apologisten, wahrscheinlich auch noch die Dauerbeleidigten, das Dynamische Duo Kaddor und Mazyek. Und wozu machen sich Menschen wie Herr Steinhöfel und viele Andere noch die Mühe Jura zu studieren wenn die Politik auf die juristisch vorgegebenen Rahmen scheisst? Die Trennung… Mehr

MUKS
6 Jahre her

Ich habe x Mal erlebt,dass ich aus der Foren verbannt würde, wenn ich von Mainstream Abweichungen Meinung hatte.Diese Art von Zensur läuft seit Jahren. Aus Deutschland ist es gerade absurd, wenn Grüssen Ungarn die Pressefreiheit abspricht. So kontrovers zu diskutieren als dort ist hier undenkbar. Trotzdem wird jetzt nachdem Junker und Soros geheim gesprochen haben ,,Nuklearwaffen,, gegen Ungarn in Stellung gesetzt. Ist Maas Vorhaben EU Kompatibel?

Franz Liszt
6 Jahre her

Das Durchwinken dieses Gesetzes öffnet den Weg zum unbegrenzten Staatsterror, es erinnert, wenn nicht an Goebbels, so doch an Hilde Benjamin. Schon die Höhe der Strafen, auch Angesichts der vielen Streichelurteile bei Gewalttaten, ist ungeheuerlich. Letztendlich aber erweist sich, daß jede Einschränkung der Meinungsfreiheit, nach der Gründung der Bundesrepublick mit guter Absicht erlassen (auch wegen des Holocausts und der Tradition der Bestrafung der Majestätsbeleidung), der Unfreiheit den Weg öffnet und den Beginn einer neuen Ära des totalitären Staates einläutet. Wie hieß es doch im Kapitalmagazin: „Amerika Du hast es besser“ – die Verfassung der USA garantiert die freie Meinungsäußerung, schon… Mehr

Poco100
6 Jahre her

Die Entgleisung des Maas: „SchulzZug“ ist schon entgleist, noch aber rast der „Maaszug“ weiter Richtung „Volksverhetzung“, komme, was da wolle, sagte einst der böse in Rheydt geborene Mann, an den mich komischerweise der Hüter der „Maasschen Justiz“, also der eigenen, irgendwie, irgendwo u. irgendwann ganz merkwürdig halt: erinnert, nicht nur oder gerade nicht nur von oder wegen seiner ähnlichen Statur……, komisch oder ?? Lieber berühmter und WeltklasseJustizminster Heiko Maas und auch würdiger Nachfolger von Hilde Benjamin , was würden Sie denn dann sagen oder verbal als Wort von sich geben, wenn es, was demnächst passieren wird, mit Ihnen oder ohne… Mehr

Michael Berg
6 Jahre her

Habe mich mal schlau gemacht, also Hasskriminalität ist etwas anderes als das was uns vorgemacht wird: http://www.kriminalpolizei.de/ausgaben/2012/september/detailansicht-september/artikel/hasskriminalitaet.html