Die demokratie-zerstörende Schlusspredigt des Kirchentags

Pfarrerin Dr. Sandra Bils hat bei der Schlusspredigt am ev. Kirchentag im Dortmunder Iduna-Park das Ende der Demokratie eingeläutet.

imago images / epd
Kirchantagspastor Arnd Schomerus aus Fulda, Sandra Bils, Pastorin der oekumenischen Bewegung Kirchehoch2 (Hannover), die die Predigt hielt, Kirchentagspraesident Hans Leyendecker und die westfaelische Praeses Annette Kurschus, Ev. Kirchentag 23.06.2019

Ein Mensch ist selbstbewusst fest davon überzeugt, politisch die richtige Meinung zu haben. Doch o Schreck! Der Nachbar hat eine andere Meinung und ist genauso selbstbewusst von seiner Meinung überzeugt.

Und genau da beginnt Demokratie. Man schlägt sich nicht die Birne ein oder grenzt den anderen nicht aus. Sondern man trägt seine unterschiedlichen Meinungen ohne Gewalt im Gespräch und Streit miteinander aus. Natürlich auf Augenhöhe. Denn in einer Demokratie geht es von Mensch zu Mensch ganz menschlich-allzumenschlich zu.

Genau dieses demokratische Gespräch auf Augenhöhe verlässt die Pfarrerin Dr. Sandra Bils bei der Schlusspredigt am ev. Kirchentag im Dortmunder Iduna-Park. Sie redet in politischen Dingen nicht mehr als Mensch, weil sie genau weiß, wo Gott in der Politik ist. Ich zitiere: „Wir sehen, wo Gott in der Welt wirkt – durch die Leute von Sea-Watch, SOS-Mediteranee und Sea-Eye, durch Greta Thunberg und die Schülerinnen und Schüler, durch so viele andere – und dabei machen wir mit … Behaltet euer Vertrauen, seid unerschrocken, zeigt gemeinsam euren Glaubensmut. Wir haben Gott an unserer Seite.“

Tja, damit hat sie das Ende der Demokratie eingeläutet.

Wenn einer genau weiß, wo Gott in der Politik wirkt, dann braucht man keine Demokratie mehr. Dann braucht man auch kein Misstrauen und keine Kritik mehr. Dann braucht man nur noch (blindes) „Vertrauen“ – das Motto-Stichwort am Kirchentag.

Die Auflösung der Demokratie im Schafspelz!

Und Menschen, die es tatsächlich wagen, anderer Meinung zu sein, die sind dann natürlich ganz eindeutig gegen Gott. Und wer gegen den eindeutigen Willen Gottes wirkt, der ist leider nun mal eindeutig ein Ketzer.

Wer bei den Leuten von Sea-Watch die leise Anfrage stellt, ob diese sich nicht als Puzzleteil einer Schlepper-Mafia missbrauchen lassen, der ist eindeutig ein Ketzer.
Wer die Welt nicht so anschaut wie Greta Thunberg und angesichts des Klimawandels nüchtern bleibt, der ist eindeutig ein Ketzer.

Und wer meint, dass wir kluge Schüler brauchen, die die Schulpflicht fröhlich nutzen sollten, um mit Klugheit den Problemen dieser Welt begegnen zu können, die sind nach Frau Dr. Sandra Bils gegen das Wirken Gottes. Ketzer halt!

Dabei sollte eine ev. Kirche, die durch den Ketzer Martin Luther gegründet wurde, doch vorsichtig sein, Ketzerhüte zu verteilen.

Vielleicht sollte Frau Dr. Bils ihren Satz vom Anfang der Predigt ernster nehmen. Ich zitiere: „Das sind wir: Gottes geliebte Gurkentruppe.“

Die Kirche als Gurkentruppe, die in politischen Dingen durchaus Fehleinschätzungen unterliegen kann.

So wie die evangelische Gurkentruppe 1914, die auch genau zu wissen meinte, wo Gott wirkt: Nämlich in den dt. Waffen, die die ev. Pfarrer fleißig gesegnet hatten.

Oder so wie die evangelische Gurkentruppe 1933, die deutschchristlich auch genau zu wissen meinten, wo Gott wirkt: Nämlich in der nationalsozialistischen Erhebung.

Inhaltlich natürlich krass entgegengesetzt zu Frau Doktor, aber formal theologisch fatalerweise auf der gleichen Ebene: Mit der Berufung auf Gott verlässt man den menschlich-allzumenschlichen demokratischen Diskurs.

Vielleicht sollte die ev. Gurkentruppe endlich mal aus ihrer Geschichte lernen, und nicht noch einmal in politischen Dingen den Satz schwingen: „Wir haben Gott an unserer Seite.“

Das „Immanuel“ (= „Gott mit uns“) gilt für den Messias – und eben nicht für die politischen Ansichten von Frau Dr. Bils.

Meine eigene politische Ansicht und auch die aller anderen ev. Pfarrer sind menschlich-allzumenschlich. Wie die politischen Ansichten der AfD oder der SPD oder der Grünen. Alles Gurkentruppen, die darum das demokratische Gespräch brauchen. Die offene Diskussion der Sachargumente.

Wer diese offene Diskussion mit dem Verweis auf Gottes eindeutiges Wirken in der Politik untergräbt, der ist ein Totengräber der Demokratie. Auch wenn er sich als nettes und liebliches Schäfchen auf dem Kirchentag präsentiert und dort in seiner Filterblase viel Applaus bekommt.


Pfarrer Achijah Zorn

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Kommentare ( 171 )

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Axel Fachtan
4 Jahre her

Es gibt keinen Gottheit außer Gott
und Greta Thunberg ist ihr Prophet.

Hemai
4 Jahre her

Frage, wieviele sind in diesem Jahr ausgetreten? Sind noch welche dabei?

jorgos48
4 Jahre her

Der Erwerb eines Doktortitels erfordert eine wissenschaftliche Arbeit die neue Erkenntnisse hervorbringt. Wie das auf der Märchenbuch Ebene geschehen soll ist mir absolut Schleierhaft. Diese Institution Kirche dient der Sicherung der Macht der Mächtigen. Sagt der Mächtige zum Pfaffen:” Du hälst sie dumm ich mach sie arm!”

Axel Fachtan
4 Jahre her
Antworten an  jorgos48

Neue Erkenntnissse ? Kein Problem ! Die Wege des Herrn sind wunderbar. Oder doch eher sonderbar ?

RalledieQ
4 Jahre her

Gott sei Dank hat dieser peinliche Haufen keine Zukunft in Deutschland.

h.milde
4 Jahre her

Ich interpretiere mal die og.z usammengfasste „Predigt“ der evangelischen Polit-Geistlichen als Ankündigung eines „Deutschen GottesStaates“, und gleichzeitig eine Fraternitas mit dem politischen Islam. Fehlt noch die RK- wo Kardinal Marx ja die christliche Historie Europas als „ausgrenzend“ bezeichnet, ein anderer Greta mit Jesus vergleicht, etc.- zur Komplettierung, als Trio Infernale. Die Abschaffung des GG, der Grundrechte, wird schon von Merkels – die wiederum Tochter eines angeblich unrechtsregimeloyalen evangelischen Pastors, sie selbst Karriere id FDJ/SED- cDU Tauber ua., probiert. Als Ersatz die Scharia?

Eddie
4 Jahre her

Zunächst hätte der Kirchentag klären müssen, welchen Anteil Gott am Klima hat, und was der menschengemachte Teil ist. Dann kann entschieden werden auf wessen Seite Gott ist.

bfwied
4 Jahre her

Die gesamte Veranstaltung war mehr als nur peinlich, sowohl mit ihren Äußerungen als auch mit ihrer Malerei! Die Kirchen versuchen wieder Fuß zu fassen, aber wenn sie so sind, wie beide sich benehmen und äußern, wird es ihnen hoffentlich nicht mehr gelingen. Sie geben sich als Sektierer zu erkennen, die nicht mehr in unsere technologisch dominierte Zeit passen. Sie haben versäumt, sich den Zeitumständen anzupassen und weiterzudenken. Aber das gelang der Kirche ja noch nie, Galilei ist nur ein berühmtes Beispiel.

Lore
4 Jahre her

„Wir haben Gott an unserer Seite“ Das hat Bush auch gedacht, als er seine Kriege begann…

Oblongfitzoblong
4 Jahre her

Diese Abschlussrede ist doch offensichtlich eine Bewerbungsrede an die deutsche Bundesregierung, indem sie die Flüchtlingspolitik Lob preist. Wir, die evangelische Kirche in Deutschland, möchten gerne Staatskirche werden. Wir unterstützen die Regierung nach Kräften und möchten, wie das Staatsfernsehen, interessentenunabhängig alimentiert werden. Wir sind auch dazu bereit, das Kreuz abzulegen, wie schon in Arabien geschehen.

Wolfbert
4 Jahre her
Antworten an  Oblongfitzoblong

Kleine Korrektur: Meines Wissens haben Marx und Bedford-Strohm ihre Kreuze am Jerusalemer Tempelberg abgelegt – und der liegt (noch) nicht in Arabien …

jorgos48
4 Jahre her
Antworten an  Oblongfitzoblong

Sie (ev/rk) sind doch schon Staatskirche, sie waren es schon immer. Die Pfaffen werden wie Beamte besoldet. Die Kirchensteuer hat damit nichts zu tun. Kein Politiker traut sich die Trennung von Staat und Kirche konsequent zu vollziehen.

4 Jahre her

„Wir haben Gott an unserer Seite.“- Wenn das nicht reine Blasphemie ist. Erinnert mich
an „Gott mit uns“ aus einer gottlosen Zeit, in der EKD sich klar auf der Seite der Macht ,
(des Gottes?) gesehen hat. Wie hat sich später gezeigt- es war die falsche, die gottlose Seite. “ Die Wege des Herrn sind unergründlich“, verehrte Pastorin.

Ulrich
4 Jahre her
Antworten an  [email protected]

„Gott mit uns“: Umschrift auf dem Koppelschloss der deutschen Wehrmacht bis 1945.
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“: Jesus‘ letzte Worte am Kreuz.