Die Türkei ist tot

Kemal Atatürk formte eine nach Westen ausgerichtete totalitäre Republik. Am Ende des Tunnels stand das Ziel einer westlichen Demokratie. Das ist nun vorbei. Die Türkei gibt es nicht mehr. Recep Tayyip Erdogan hat sie in ein neues, faschistisches Reich gewandelt.

© Adam Berry/Getty Images

Am 24. Juli 1908 setzen die sogenannten Jungtürken im Rahmen eines Putsches liberale und republikanische Reformen im Osmanischen Reich durch. Kemal Atatürk formte daraus eine nach Westen ausgerichtete totalitäre Republik. Bei allen Greueltaten und Irrwegen, die diese Republik seitdem beschritten und zu verantworten hatte, stand am Ende des Tunnels immer das Ziel, in einer westlichen Demokratie anzukommen. Das ist nun vorbei. Die Türkei gibt es nicht mehr. Ein Prolet aus Konstantinopel hat sie in ein neues, faschistisches Reich gewandelt.

„Hoch oberhalb des Bosporus – Gibt’s einen Platz für viel Verdruß
Denn einst an diesem wicht‘gen Orte – Lag der Osmanen hohe Pforte.
Dort säß am liebsten Erdogan – Zu fröhnen dem Kalifenwahn
Denn jener war, wie wohlbekannt – Der einz‘ge Chef im ganzen Land.

So führt Recep im Erdowahn – Gemeinsam mit dem Erdoclan
Das wunderschöne Land Türkei – Zurück zu Osmans Barbarei“

So formulierte ich im Januar 2014 den zu erwartenden Weg der Türkei in einem Bill-Bush-Gedicht. Das ist nun fast zwei Jahre her.

Im November 2015 – ziemlich genau vor einem Jahr – sagte ich hier bei Tichy’s Einblick die Umwandlung der Türkei in eine faschistische Diktatur voraus.

Nach dem Wahlsieg Erdogans
Türkei: Abkehr von Europa, noch mehr Flüchtlinge
Doch das Kartell aus Politik und Medien wollte davon nichts hören. Gemeinsam hielt man sich beide Augen zu, wollte nicht sehen, wie der proletarische Kleinbürger aus Konstantinopel die Türkei zu Grabe trug. Statt Druck auf die Türkei zu machen, den mühsam eingeleiteten Weg in die Demokratie weiter zu gehen, leistete Bundeskanzler Angela Merkel Wahlkampfhilfe für den Möchtegern-Diktator. Die EU träumte weiter davon, durch die endlosen Verhandlungen zum Beitritt europäisches Gedankengut in das Land am Bosporus zwingen zu können.

Dabei gilt seit Jahren: Wer Augen hat zu sehen, der konnte sehen.

Er konnte sehen, wie die Opposition mundtot gemacht wurde.

Er konnte sehen, wie unabhängig denkende Künstler aus dem Land getrieben wurden.

Er konnte sehen, wie kritische Oppositionelle wie der Armenier Sevan Nisanyan unter fadenscheinigen Anklagen in den Gefängnissen verschwanden.

Er konnte sehen, wie kritische Publizisten Opfer von Mordanschlägen wurden.

Er konnte sehen, wie Erdogan mit seinem Vernichtungsfeldzug gegen die kurdische Bevölkerung ganze Landstriche verheerte.

Er konnte sehen, wie missliebigen, frei gewählten Abgeordneten die Immunität entzogen wurde.

Er konnte sehen, wie Erdogan mit seinem herbeigeputschten Staatsstreich Verwaltung, Justiz und Militär gleichschaltete.

Er konnte sehen, wie die Medien unter AKP-Kontrolle gebracht wurden.

Kurz: Er konnte sehen, wie Erdogan dieses Land unter seine absolute Kontrolle zwang.

Die Augen fest verschlossen

Doch man wollte nicht sehen. Wenn überhaupt, dann war man ein wenig besorgt. Und so kam es, wie es kommen musste. Vergangene Nacht wurden nun – wie von mir bereits vor einem Jahr vorhergesagt – die führenden Oppositionspolitiker der HDP festgenommen. Der Vorwurf ist ebenso lächerlich wie die Begründung, mit der seit diesem Sommer massenhaft Menschen um ihre Existenz gebracht werden. Selahatin Demirtash und Figen Yüksekdag , Vorsitzende der HDP, hätten terroristische Propaganda verbreitet.

In der Logik des Alleinherrschers Recep Tayyip Erdogan trifft dieser Vorwurf zu. Denn die HDP hatte sich in der Vergangenheit immer wieder für eine friedliche Lösung des jahrzehntelangen Konflikts zwischen türkischer Regierung und Kurden eingesetzt. Das allein reicht schon, um in den Augen des Psychopathen Terrorist zu sein.

Demirtash und Yüksekdag werden das Schicksal der zahllosen Unbekannten teilen, die bereits in Erdogans Folterkellern verschwunden sind. Sie werden das Schicksal jener frei gewählten Volksvertreter der kurdischen Städte im Osten Kleinasiens teilen, die in den vergangenen Wochen nur deshalb eingekerkert wurden, weil sie Kurden sind.

Erdogan hat die Türkei ermordet

Erdogan hat es geschafft. Er hat die Türkei ermordet. Sie, diese Republik, die trotz zahlloser Irrwege und trotz Vertreibung und Genozid an christlichen Mitbürgern sich am Ende des vergangenen Jahrhunderts auf dem Weg in eine freiheitliche, moderne Demokratie zu befinden schien, ist tot. Das über ein Jahrtausend christliche Land, das vor rund fünfeinhalb Jahrhunderten von fanatisierten, islamischen Horden vernichtet wurde, fällt zurück in die faschistische Diktatur der osmanischen Sultane.
Dieses Land, diese nun islamische „Republik“, die eine fundamental-islamische Diktatur sein wird, hat seinen Weg gewählt. Wir sind wieder da, wo wir über Jahrhunderte waren: In einer Konfrontation zwischen christlich geprägter, europäischer Zivilisation und kollektivistisch-mohamedanischem Mittelalter. Der Clash of Civilisations ist in der Ägäis angekommen.

Das Erdoganische Reich wird im Bürgerkrieg versinken. Die Kurden werden entweder das Schicksal der Armenier teilen – oder sich nunmehr mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen den Faschisten in Ankara zur Wehr setzen. Ihnen zur Seite stehen werden jene Türken, deren Träume von einer freien, demokratischen Republik nun abschließend brutal zu Grabe getragen wurden.

Das neue Rom steht vor der Entscheidung

Es ist gerade drei Tage her, als ich davon schrieb, dass der türkische Bürgerkrieg auch in Deutschland ausgefochten werden wird. Denn anders als 1683, als das Abendland am Kahlen Berge im letzten Moment vor Wien vor der Übernahme durch die islamischen Glaubenskrieger gerettet werden konnte, stehen die Hilfstruppen des Erdoganischen Reichs längst mitten in Europa. Mit Verbänden wie DITIB, Islamrat und Co. sind sie tief in die Strukturen der europäischen Demokratie und Kultur eingedrungen. Mit ihrer beständigen Durchsetzung islamischer Sonderrechte haben sie den Virus der Sharia erfolgreich in die Wurzeln unserer Freiheit eingepflanzt.

Kurden und freiheitliche Türken werden der Vernichtung ihrer Heimat durch die Erdoganische Clique nicht tatenlos hinnehmen. Wer wollte es ihnen verübeln. Stehen wir an ihrer Seite?

Als 1453 die osmanischen Horden das zweite Rom vernichteten, schaute das erste Rom verstohlen weg. Die orthodoxen Christen haben das ihren katholischen Glaubensbrüdern bis heute nicht verziehen.

Heute stehen die Demokraten des neuen Rom vor der Wahl: Schauen sie wie damals verstohlen weg – oder stellen sie sich entschlossen an die Seite jener türkischen Staatsbürger, die sich ihr Land nicht von einer faschistischen Clique stehlen lassen wollen?

Noch kann man das Erdoganische Reich bezwingen

Vladimir Putin hat vorgemacht, wie man Ankaras Faschisten in die Knie zwingt. Das Erdoganische Reich ist nicht nur wirtschaftlich abhängig von Europa. Wenn sie will, kann die EU der Türkei über Nacht den Hahn zudrehen. Die Wirtschaft der Türkei steht dank AKP-Politik ohnehin schon nah am Abgrund. Also gilt es, wenn man den freiheitlichen Kräften der Türkei helfend an die Seite treten will, umgehend und konsequent zu handeln.

Dazu gehört es auch, den AKP-islamischen Sumpf in Deutschland auszutrocknen. AKP-Propagandaorgane wie die „Sabah“, die türkei-stämmige Deutsche wie Cem Özdemir, Sevim Daghdelen und Ali Ertan Toprak quasi offiziell als „Verräter“ zum Abschuss durch fanatisierte Anatolier freigibt, sind mit rechtsstaatlichen Mitteln an ihrer Hasspropaganda zu hindern. AKP-gesteuerte Verbände haben in diesem Land nichts zu suchen. AKP-finanzierte Moscheen sind Brutstätten des erdoganischen Faschismus – nichts anderes. Ein Islam in Deutschland darf nur ein deutscher Islam sein – kein anatolischer. AKP-finanzierte Imame sind Terroristen im Schafspelz mit dem Kampfauftrag, die freiheitliche Demokratie aus den Köpfen bei uns lebender Muslime herauszubeten. Sie haben in Deutschland nichts verloren.

Ceterum censeo

Die in Deutschland lebenden Kleinasiaten werden sich der Frage stellen müssen, ob sie sich zu Demokratie und Menschenrecht bekennen – oder zum Islamfaschismus Erdogans. Und nicht nur Deutschland wird sich die Frage stellen müssen, ob es die islamfaschistischen Umtriebe weiter duldet und durch ständige Propaganda selbst in öffentlich-rechtlich finanzierten Medien befördert – oder sich endlich an die Seite der türkischen Demokraten stellt, deren Staat derzeit von Erdogan zu Grabe getragen wird.

Die Türkei, die sich vor gut hundert Jahren mühsam auf den Weg nach Westen machte, ist tot.

Nicht zuletzt deshalb möchte ich wie einst Cato schließen:

Ceterum censeo – Deutsche Truppen haben in diesem Erdoganischen Reich nichts mehr zu suchen.

Diese Erdoganische Nach-Türkei kann nicht einen Tag länger Teil des Wertebündnisses der NATO sein, das sich in seinen Statuten bindend verpflichtet hat, die Demokratie in ihren Mitgliedsländern gegen jeden Angriff zu verteidigen.

Und ohnehin: Der neue Sultan hat bereits wiederholt öffentlich angekündigt, Europa mit „Flüchtlingen“ zu fluten und die griechischen Inseln zurückzuholen. Gut möglich, dass die NATO demnächst gebraucht werden wird, um Europa gegen den Erdoganfaschismus zu verteidigen. Auch deshalb hat sie in Kleinasien nichts mehr zu verloren.

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