Aus Feuersbrunst erwächst Hoffnung auf Frieden

Könnte die Hilfe in der Feuerkatastrophe eine Basis für die Beilegung des israelisch-arabischen Konfliktes werden? Unmöglich? Keineswegs. Israels Staatsgründer Ben Gurion wusste: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

© Uriel Sinai/Getty Images

Angesichts der vielfach durch Brandanschläge verursachten Großfeuer erinnern sich ältere Israelis an einen melancholischen jüdischen Witz aus der Diaspora: „Der Herr gleicht in seiner unendlichen Güte alles aus. Selbst das, was auf den ersten Blick schlecht erscheint. Hat einer ein zu kurzes Bein, so ist das andere umso länger.“

Die Feuersbrunst war verheerend. In der Hafenstadt Haifa mussten 75.000 Bewohner zeitweise evakuiert werden. Mehrere Vororte der Hauptstadt Jerusalem brannten. Besonders im Norden Israels, wo dank Jahrzehnte währender Aufforstungsarbeiten des Israelischen Nationalfonds Wälder entstanden waren, brannte es im Freien und in mehreren Ortschaften. Insgesamt wurden bislang knapp 2.000 Wohnungen ein Raub der Flammen. Die Sachschäden belaufen sich nach ersten Schätzungen auf circa eine halbe Milliarde Euro.

Die ersten Brände wurden durch eine selbst für israelische Verhältnisse extreme Trockenheit verursacht, ihre Ausbreitung durch Herbstwinde begünstigt. Doch nach einigen Tagen ließ sich nicht länger abstreiten, dass die Feuer keine Naturkatastrophen oder Zufälle waren. Es wurden zunehmend Hasstiraden via elektronische Medien aus der arabischen Welt registriert. Unter #Israelisburning sandten Terroristen per Twitter ihre Hetzbotschaften an die Araber in Israel und den besetzten Gebieten. Dies wurde durch moslemische Geistliche unterstützt. Einer ist der Kuwaitische Iman Mishary Rashid Al Afsay mit 11 Millionen Followern. Seine „besten Wünsche für die Feuer“ fanden sogleich 16.000 likes im Netz.

Von dieser Propaganda angestachelt, machten sich Männer aus den israelisch besetzten Gebieten ans Feuerlegen. Bislang wurden 30 Personen unter dem Verdacht der Brandstiftung festgenommen. Aus Angst vor Nachahmungstaten weigerte sich die Regierung in Jerusalem zunächst anzuerkennen, dass es sich um koordinierte Aktionen handelte. Erst, als es nichts mehr zu verheimlichen gab, bekannten Premier Netanyahu, seine Minister, Polizei und die Nachrichtendienste, was ohnehin jeder wusste und die Presse verbreitete: die Brände wurden absichtlich gelegt. Die Verursacher werden verfolgt.

Doch selbst eine derartig katastrophale Mixtur aus verheerenden Umweltbedingungen, Hass und Kriminalität kann der Nährboden eines Prozesses sein, der langfristig positive Folgen haben könnte. Denn in seiner höchsten Not erfuhr der jüdische Staat Unterstützung und seine Bewohner Hilfe von unerwarteten Seiten. Dass die Vereinigten Staaten trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten Israel in der Not beistehen würden, konnte man annehmen. Die USA schickten ihren „Supertanker“, ihr größtes Löschflugzeug, nach Israel. Selbstverständlich unterstützt auch Deutschland Israel. Aufgrund ihrer Vergangenheit können Deutsche Juden nicht leiden sehen. Russland hilft den Israelis ebenfalls. Präsident Putin ist daran interessiert, zu allen Seiten im arabisch-israelischen Konflikt gute Beziehungen zu unterhalten. Humanitäre Aktionen sorgen für ein positives Presseecho.

Auch Zypern und Griechenland beteiligen sich an Hilfsaktionen, besonders Hellas. Griechenlands linksradikaler Ministerpräsident Tsipras sympathisierte früher eher mit der arabischen Seite. Sein Koalitionspartner von der antisemitisch-nationalistischen „Morgenröte“ ist ohnehin der Zuneigung gegenüber Zion unverdächtig. Doch aufgrund geostrategischer Interessen neigt Athen dazu, ein gutes Verhältnis zu nicht-moslemischen Staaten in der Region aufzubauen.

Bemerkenswert ist auch die jüngste Unterstützung der Türkei für die Israelis. Dies wäre bis vor einem halben Jahr undenkbar gewesen. Doch seither sind sich Ankara und Jerusalem entscheidend nähergekommen. Nicht aus Liebe, sondern wiederum aufgrund nationaler Interessen. Israel hat die türkischen Opfer des Gaza-Solidaritätsschiffes Mavi Marmara entschädigt und sich bei Ankara entschuldigt. Die Türken wiederum wollen aufgrund ihrer Verwicklung in den syrischen Bürgerkrieg an der israelischen Flanke Stabilität wahren. Zudem ist die Türkei auf Energieimporte angewiesen und Israel besitzt dank riesiger neu entdeckter Erdgasquellen im Mittelmeer diesen Energieträger im Überschuss. Auch Ägypten hat sich bereit erklärt, Israel bei der Brandkatastrophe zu helfen. Das Regime von Präsident Abd Al Fatah Sisi sitzt auf den spitzen Bajonetten des Militärs. Es ist vor allem an Stabilität interessiert. Radikale islamistische Tendenzen wie jene der Moslembrüder werden bekämpft und Israel ist im Verständnis Al Sisis und der ihn tragenden Militärs ebenfalls eine Macht des Status quo. Daher erfährt Jerusalem von Kairo Unterstützung.

Unterhalb der Metaebene internationaler Politik leben Menschen. Sie haben ihre solidarischen Regungen nicht verloren. Nach dem Ausbruch der Brände halfen zahllose Palästinenser in Israel und den besetzten Gebieten den vom Feuer betroffenen Juden. Sie luden sie ein, in ihren Häusern Obdach zu finden. Palästinensische Feuerwehren, auch aus den besetzten Gebieten, unterstützten die Israelis bei der Bekämpfung der Feuersbrunst. Dies geschah mit Zustimmung von Palästinenserpräsident Abbas. Dafür bedankte sich Israels Ministerpräsident Netanyahu sogleich beim Chef der palästinensischen Autonomiebehörde. So entwickelt sich abseits der Heimsuchung durch Feuer und Hass eine potenzielle Gemeinschaft, die durch nationale Interessen, aber auch menschliche Solidarität getragen wird.

Dies könnte eine Basis für die Beilegung des israelisch-arabischen Konfliktes werden. Unmöglich? Keineswegs. Israels Staatsgründer Ben Gurion wusste: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

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