Die grüne Dreifaltigkeit. Pfingstpredigt eines Ungläubigen.

Wie einst die katholische Kirche, ist auch die Grüne Kirche den Anfechtungen der Macht verfallen. Und zwar der Macht um ihrer selbst willen. Aus einem Angebot für Suchende wurde ein Unterdrückungsapparat für alle.

Zur Feier des Pfingstfestes, liebe Brüder und Schwestern, spreche ich zu Ihnen über das Wesen des grünen Glaubens. In der Grünen Religion ist die Welt und alles, was sie zusammenhält, im Grunde ganz einfach zu erklären. Deshalb ist sie ja eine Religion.

I.

Es gibt nur einen Gott. Natürlich ist es ein weiblicher. Alles liegt in der Hand von Mutter Natur. Ihr haben wir uns zu unterwerfen. In einer anderen Religion machen wir sie uns untertan. Wir nannten es Zivilisation. Aber in der Grünen Religion ist Vater Staat kein Ausdruck von Zivilisation, sondern quasi Kind von Mutter Natur. Er tritt als Erlöser auf, der uns zu bedingungsloser Anbetung ermuntert und notfalls zwingt. In der Grünen Religion ist der Staat also Gott. Es gibt auch einen Heiligen Geist. Die Grüne Religion nennt ihn Wissenschaft. Wir haben es also erneut mit einer Heiligen Dreifaltigkeit zu tun. Wie alle Religionen hält die Grüne Religion den Glauben für Wissen. Wenn aber der Glaube nicht angezweifelt werden darf, ist Wissenschaft wertlos. Sie dient dann nicht der Erkenntnis, sondern der Bewahrung des Glaubens. Das ist objektiv ein Problem, nur die Gläubigen sehen es nicht.

II.

Es gibt Zweifelnde, die behaupten, die Grüne Religion sei eine Mischung aus Technologiefeindlichkeit und Fortschrittsoptimismus. Das ist natürlich ein Widerspruch in sich. Aber wie alle Religionen produziert auch die Grüne Widersprüche und erklärt diese zu Mysterien. Mysterien kann man nicht erklären. Sobald man es versucht, fallen sie in sich zusammen. Dazu nur ein Hinweis: Was gilt heute als Fortschritt? Der Siegeszug der Grünen Religion hat bewirkt, dass der Begriff des Fortschritts im Bewusstsein der Gläubigen ins Gegenteil gewendet wurde. Der technische Fortschritt hat an Bedeutung verloren, was zählt, ist das Bewusstsein, der einzig wahren Kirche zu dienen.

III.

Als Fortschritt noch Fortschritt war, ging es der Grünen Urkirche um die Verbesserung der Umwelt. Heute geht es der Grünen Kirche darum, den Menschen zu verbessern. Wie immer, wenn der Mensch selbst und nicht nur sein Handeln verbessert werden soll, werden die Verbesserungsmaßnahmen totalitär. Man kann sich die Rolle und die Bedeutung der Grünen Kirche etwa so vorstellen wie die der katholischen Kirche im Mittelalter. Auch die Grüne Kirche kennt inzwischen unverrückbare Dogmen. Dogmen dürfen nicht hinterfragt werden, es sind Glaubenssätze. Damit ist der wissenschaftlich-technische Fortschritt, der eigentlich dem Gesetz von Trial and Error, also der praktischen Vernunft folgen müsste, entwertet. Galileo Galilei musste widerrufen. Heute widerrufen Politiker, um ihren Hals zu retten. Die Sonne dreht sich trotzdem nicht wieder um die Erde.

IV.

Dogmen stehen hinter der Ablehnung der Gentechnologie. Es steht zwar fest, dass ohne Gentechnik die übervölkerte Erde nicht ernährt und viele Krankheiten nicht bekämpft werden könnten; trotzdem hält der Grüne Glaube Gentechnik für eine Lästerung von Mutter Natur. Ein anderes Dogma ist die Ablehnung der Kernenergie. Auch sie gilt als des Teufels. Damit wird zwar dem Klima nicht geholfen und die wichtigste Brücke zwischen fossiler Energie und künftiger Fusionsenergie geopfert. Aber Dogma bleibt Dogma. So ist das in Religionen. Die Gegenwart ist ihnen gleichgültig. Heute büßen, morgen auferstehen. Jede Gegenwartsverachtung ist letztlich Menschenverachtung. Wer die Menschen mit dem Hinweis auf fernes Heil leiden lässt, verlässt den Boden der Politik. Politische Bewegungen fordern bessere Lebensbedingungen im Hier und Heute. Kirchen versprechen Erlösung in einer anderen Welt.

V.

Wie einst die katholische Kirche, ist auch die Grüne Kirche den Anfechtungen der Macht verfallen. Und zwar der Macht um ihrer selbst willen. Aus einem Angebot für Suchende wurde ein Unterdrückungsapparat für alle. Moralische Strenge korrespondiert mit materieller Verweltlichung. Kirche ist Geld. Kirche ist Klerus. Es gibt heute in der Grünen Kirche wie in der römisch-katholischen einen Funktionärsklerus. Er betreibt Ablasshandel. Hoch offiziell wird nicht nur mit Kohlendioxyd gehandelt. Wer das Klima rettet, darf die Erde belasten, der Artenvielfalt schaden.

VI.

Wie die katholische Kirche hat auch die Grüne Kirche ihre ursprünglich humanen Ideen verraten. Der Vorstellung vom Menschen als Ebenbild Gottes verdankt Europa den Vorrang des Individualismus vor jeder Art von Kollektivismus. Allerdings hat die Kirche selbst mit ihrer verqueren Moraldiktatur Individualismus unterdrückt. In der Grünen Religion ist das nicht anders. War die Urkirche noch der Selbstverwirklichung verpflichtet, zwingt die Grüne Staatskirche die Gesellschaft unter das Joch kollektiver Ziele. Als Aufklärer gestartet, sind die grünen Oberhirten heute Feinde der Aufklärung.

Im Namen von Mutter Natur, von Vater Staat und der grünen Wissenschaft wünsche ich Ihnen allen ein erhellendes Pfingstfest!

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Kommentare ( 51 )

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Weisheitszahn
1 Jahr her

Die Grünen sind für mich eher eine Sekte. Denn anders als beim christlichen Glauben, basiert ihre Gedankenwelt nicht auf göttlicher Inspiration und hatte auch niemals das Heil des Menschen im Fokus. Eine Sekte kopiert die religiösen Mechanismen, um sie zu ihrem eigenen Vorteil und Machterhalt zu nutzen. Dabei fehlt auch hier die logische Stringenz, weil sie keine echte Wahrheit besitzt sondern lediglich den eigenen Interessen folgt – hier bei den Grünen der Idee eines verschwurbelten Mixes aus dem Grützenfüllhorn des linken 68er Neosozialismus von absurder Sexuallehre, über Weltbürgertum bis hin zum Antikapitalismus. Das alles mit ein bisschen, abblätterndem grünen Anstrich,… Mehr

Karl Schmidt
1 Jahr her

Ein toller Text mit vielen ingteressanten Gedanken. Doch die Grünen bleiben ganz dicht an Mutter Natur: Auch sie wechseln im Herbst ihres Seins von grün zu braun. Die Brünen und Bräunen haben sogar schon richtig Lust auf Krieg im Osten. Eine Armee um selbst mitzumischen haben sie zwar noch nicht, doch das ist nur noch eine Frage der Zeit; dann können ihre Kreuzzüge beginnen. Soweit hier im Leserforum eine Abkehr der Brünen vom Verbot der Gentechnik diskutiert wird, muss darauf hingewiesen werden, dass dieses Gebot zwar in der Sache gefallen ist, doch solange die Gentherapie als Impfung verkauft wird, fällt… Mehr

amendewirdallesgut
1 Jahr her

Wie der Weg in die selbstgewählte grüne Teokrathie endet entscheiden sicher nicht die Gläubigen .

Gottfried
1 Jahr her

Hätte es die Grünen schon vor 200 Jahren gegeben, dann wären wir heute kein bedeutendes Industrieland. Aber vielleicht ist es ja gerade das, was die Grünen wollen: Keine Autos, kein motorisierter Verkehr, geringer Energieverbrauch, gesundes Essen ohne Fleisch, idyllisches, entschleunigtes Leben in einer intakten Natur. Wer möchte das nicht, diese einfache, beschauliche und friedliche Leben und diese menschenverachtende Technisierung unseres Lebens? Ja, zurück zur Natur!

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Gottfried

Doch die gab es früher auch. Auch die Nationalsozialisten hatten solche Gruppierungen in ihrer Frühphase „assimiliert“.
 grüßte sich fortan mit „Heil!“ und sang bevorzugt Volks- und Marschlieder“ =>
https://de.wikipedia.org/wiki/Wandervogel

H. Priess
1 Jahr her

Was sagt uns das? Die Deutschen wollen glauben und nicht wissen! Dazu gehören Menschen die eine Religion gründen, den Menschen das Heil für die Zukunft versprechen und auf alle Fragen eine simple Anwort haben. Diese muß nicht zwingend Logisch oder gar Wissenschaftlich sein, sie muß nur ein gutes Gefühl erzeugen. Man erzeugt ein Zusammengehörigkeitsgefühl und in dem man alle Nichtgläubigen zu Aussätzigen erklärt, festigt man die eigenen Reihen. Um sich allerdings ein Alleinstellungsmerkmal zu verpassen muß man Theorien entwickeln die sich auf dem geistigen Nivea 🙂 der Gläubigen bewegen. Deshalb wird die Wissenschaft bemüht, einerseits wird sie benutzt Dogmen zu… Mehr

Max Mustermann
1 Jahr her

Sehr geehrter Herr Herles,
vielen Dank auch heute wieder für Ihren treffenden Vergleich in sprachlich knapper Form.

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Jede Religion bedarf einer großen Masse Ungebildeter oder Halbgebildeter. Nur wer nichts weiß, glaubt wirklich tief an das, was man ihm vormacht. Mit dem Wissen wächst der Zweifel. Die Wahrheitsbesitzer der Grünen kennen keine Zweifel, ihre Anhänger erst recht nicht. Die guten Wahlergebnisse der Grünen sind am Ende eine Bestätigung für die Bildungsmisere in unserem Land. Die mangelnde Bildung vieler grüner Schwätzer spricht aus all ihren Äußerungen. Die ständige Wiederholung der grünen Weltuntergangsfantasien wird wohl auch einen gewissen Abnutzungs- bzw. Gewöhnungseffekt bei vielen deutschen Untertanen erzeugen. Man wird sehen, wie lange der grüne Aufwärtstrend noch anhält, wenn die weltfremden Ablassprediger… Mehr

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Juergen P. Schneider

der Sinn einer Religion ist: „großen Masse Ungebildeter oder Halbgebildeter“ auf eine Linie zu bringen.

horrex
1 Jahr her

Ich erinnere mich dunkel an Zeiten, da wurde man/ich verlacht, für „nicht ganz dicht“ gehalten, wenn man den Religionscharakter von „Grün“ per Vergleichen mit der mittelalterlichen Kirche versuchte heraus zu stellen. Darauf hinwies, dass es nicht mehr weit hin ist bis man jeden Predigt-Kritiker als Ketzer bezeichen wird. Heute droht jedem „Ketzer“ längst, und nicht nur zart, vielleicht nicht Fegefeuer oder Scheiterhaufen, aber, und nicht nur selten die gesellschaftliche Ächtung, wenn nicht gar der Verlust der „Existenz“. Es lebe das „Ketzer-Unwesen“!!! In Abwandlung der 68er Parole „schafft 2,3, … schafft viele Vietnams“ sage ich heute „seit mutig, seit Ketzer, schafft… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Willst du an der Zukunft nicht verzagen, stets die lieben Grünen fragen. Denn die wissen wie es geht, jeden Tag ein neu Pamphlet.
Heute stehen wir zwar am Abgrund, aber morgen sind wir dank der Profis der Grünen einen großen Schritt weiter.

Gerd Sommer
1 Jahr her

Den GRÜNEN Missionaren gehört das Handwerk gelegt. Die Geschichte zeigt, daß Missionare nie Heil über die Bevölkerung gebracht haben!

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Gerd Sommer

Ich erinnere eine Kirche in Portugal, ich glaube in Porto, wo sie an 4 in Afrika vor Zeiten geköpfte Missionare mit schaurigen Bildern erinnerten.

Last edited 1 Jahr her by Kassandra