Linke Gewalt ist Systemgewalt

Analyse: Ist linke Gewalt systemkonform? Ist linke Gewalt prinzipiell gute Gewalt? Warum ist der Staat teils unfähig und teils nicht willig linke Gewalt adäquat zu verfolgen und zu ahnden? - Teil 1

Gewalt gegen Personen. Gewalt gegen Sachen. Der erlaubte Tyrannenmord. Man ist gegen die Todesstrafe, aber für den Tyrannenmord garniert mit Revolutionsromantik und einem erschütternd hohen Maß an Gewaltphantasien – derlei Gedanken oder besser Wörter waren Klassiker der Neuen Linken und der 68er-Bewegung.

Warum immer die 68er-Bewegung? Weil der Unrat in dieser Bewegung bis heute aktiv ist. Das linksterroristische Milieu, das ohne Anführer auftritt, ist extrem aktiv, sei es in Leipzig, in Göttingen, in Hamburg oder in Berlin, wie letztes Wochenende: Man unterstütze Aufrufe, „jeden Angriff auf Projekte in Berlin” mit einem Sachschaden von einer Million Euro zu vergelten, hieß es.

Welche Aufrufe meinen die Bekenner? Klar, sie meinen Aufrufe, die ebenfalls aus derselben linksterroristischen Szene kommen. In Berlin wurde übrigens eine Journalistin verfolgt und ihr das Mikro geraubt. (Angriffe auf Journalisten, die nicht ihrer Meinung sind, haben im linken Gewaltmilieu eine uralte Tradition). Und dann noch der Tweet vom SPIEGEL-Hauptstadt-Korrespondenten, der sehr schön zeigt, wie die Strategie-Assistenz zu Gunsten linker Fanatiker einfach so, unabgesprochen, aber effizient funktioniert:

Natürlich sind die fanatischen radikal Linken oder Linksradikalen, derer es sehr viel mehr gibt, als man gemeinhin glaubt, Wiederkäuer nicht reflektierter 68er-Ideen. Systemumsturz, das System bekämpfen, Staatsumsturz, den Staat bekämpfen, die politische Klasse wegrevolutionieren, war ein Gedankengut, das die neue Linke in den späten fünfziger und sechziger Jahren von den Altkommunisten übernommen hatte. Das System: Das System des Kapitalismus. Das System des Imperialismus. Das System des Westens. Das System, das System, das System: alles radikal weg! Weg damit, ohne die geringste Idee zu haben, was stattdessen auf dem Boden der bis dato existierenden Staaten kommen sollte.

Die Kongruenz zwischen links, intellektuell und gut

Die Lufthoheit über den Stammtischen des Kulturbetriebes haben seit den sechziger Jahren ganz selbstverständlich die Intellektuellen, die ebenso selbstverständlich Linksintellektuelle genannt wurden. Auch wenn das Wort „Intellektueller“ ein bisschen aus dem Diskurs raus ist, das Phänomen ist geblieben. Insbesondere wird immer wieder an der Kongruenz zwischen links, intellektuell und gut gearbeitet.

Dieses linksintellektuelle gute Milieu als Elite des linken Lagers hat in den sechziger Jahren die Vokabel vom „Kampf der Systeme“, dem Kampf zwischen Ost und West, zwischen Demokratie und Kommunismus, zwischen Amerika und Russland geprägt und ständig im Munde geführt. Der Kampf der Systeme war gewissermaßen die globale außenpolitische Variante des Lagerkampfes innerhalb der westlichen Demokratien zwischen links, heute grün-links, linksradikal auf der einen Seite und konservativ auf der anderen Seite mit einem gewissen liberalen Appendix. Über all die Jahrzehnte hin, war linksaußen, war fanatisch links inklusive fanatischer Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit gegen Menschen und Sachen, wie so feinsinnig unterschieden wurde, heißgeliebter und peinlich herunter gefahrener integraler Bestandteil linker Politik.

Rechtsradikale oder neonazistische Positionen waren nie integraler Bestandteil des konservativen Lagers. Aber das konservative Lager hat sich regelmäßig politisch unbeholfen von den aggressiven linken Kritikersekten in eine Latenz drängen lassen, sich ständig aus einer Betroffenheitssituation gegen Rechtsaußen abgrenzen zu müssen.

Das konservative Lager hat viel mehr als Empörung über linke Gewalt nie zustande gebracht und sich selber defensiv immer wieder neu generalverdächtigen lassen „rechts“ zu sein, böse kapitalistisch oder irgendwie nazikontaminiert. Kein Wunder, dass je konservativer, desto doller, eine ihrerseits verdächtige Abgrenzungshaltung gegen Rechtsaußen entwickelt wurde und dass es Konservative sind, die unter Zwang zu stehen scheinen, auf zum Beispiel jedes linke NPD-Verbot ein noch wütenderes oben drauf zu setzen. Diese permanente Distanzierungs- und Abgrenzungsfloskeln gegen Rechts, so als hätte man das nötig, erhöhen allerdings per Saldo die eigene Verdächtigkeit.

Der Systemkampf oder der Kampf der Systeme der Lager, letzterer wird völlig sinnlos in einem bestimmten politischen Schweinezyklus immer mal wieder als überwunden, nicht mehr existent erkärt, hat in der Tat eine bundesrepublikanische „Systempresse“ aus sehr vielen zu ähnlich klingenden und zu unkritischen, regierungsfreundlichen Medien hervorgebracht, die wegen der intellektuellen Schwäche des konservativen Lagers und der kulturellen Siegerenergie des linken Lagers schon aus kapitalistischem Gewinnstreben der Presse heraus überwiegend linkskonform ticken musste und muss. Der Gewinnermainstream – und der rotiert nunmal links – verkauft sich nun mal besser und dies selbst bei denen, die eigentlich eine abweichende konservative Meinung haben.

Auf den Trick geistiger (sich links gebender) Heckenschützen, die die Mär aufgebracht haben, dass der Gebrauch des Wortes „Systempresse“ einen Neo-Nazi offenkundig machte, fällt das konservative Lager und fällt das linke Mitläuferheer reflexartig herein. Systempresse könnte indes auch ein 68er-Begriff sein, denn genauso haben die 68er einst über Herrschaft, System und Kapital herumschwadroniert.

Hier in diesem Text geht es jedoch nicht um „Systempresse“, ein Wort, das angesichts der historischen Entwicklung der Bundesrepublik seit 1949 sehr angebracht ist und erklärende Dienste leisten kann, hier geht es um die Systemgewalt, die natürlich mit dem Geschehen im veröffentlichten Raum etwas zu tun hat.

Systemgewalt ist linke Gewalt, linke Gewalt ist Systemgewalt

Selbst die RAF, deren Mordtaten weder sämtlichst bekannt noch zu Ende gezählt sind, die heutzutage auf gut 30 herunter gerechnet werden, war, entgegen dem Märtyrergequatsche des gesamten linken Lagers, schon in Echtzeit ab den siebziger Jahren ein heiß geliebtes Kuscheltier. Die RAF war von Beginn an ein vom Faszinosum der Gewalt begruseltes, grundsätzlich der gemeinsamen politischen Sache verpflichtetes und diese politische Sache durch Gewalt auch vorantreibendes Gewaltphänomen des linken Lagers.

Die RAF, von der Polizei gejagt, von der Justiz, die zunehmend selber in den 68er-Topf gefallen ist, im Regelfall privilegiert behandelt und von mehreren Bundespräsidenten und kleineren Vertretern des linken politischen Establishments hofiert. Sie war und ist in Grenzen noch immer eine durchaus als systemkonform zu bezeichnende, gewalttätig ausgerastete Terrororganisation gewesen, die bekanntlich von den deutschen Leitmedien nicht einmal „Bande“ genannt wurde, sondern „Gruppe“, weil das Wort „Bande“ doch zu hart wäre für Menschen, die aus edlen Beweggründen, von höchster Moral geleitet, so die damalige Lesart in ZEIT, stern, Spiegel, Süddeutsche usw., etwas Gutes für alle Menschen bewegen wollten und an ihrer moralischen Sensibilität verzweifelt und ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen seien. Gewalt nützt, so pervers es ist, politischen Ideen und den Lagern, die sie vertreten. Gerade so, als wenn erst die aus dem Rahmen herausgefallene Gewalttätigkeit der Sache das richtige Gewicht, den rechten Ernst und natürlich Publicity ohne Ende liefert.

Die RAF war über Jahrzehnte eines der Lieblingsthemen des linken Lagers, angereichert mit gelegentlichen Distanzierungen. Neben die RAF, die eigentlich zu Unrecht in der öffentlichen Wahrnehmung ein bisschen singulär der Kristallisationspunkt linker Gewalt geworden ist, gesellten sich von Anfang an andere, ähnlich gehätschelte Gewaltgruppen. Daraus ist dann schnell der bunte Strauß vieler regionaler Gewaltgruppen geworden. Von der Häuserkampfszene der Joschka Fischers und Daniel Cohn-Bendits in Frankfurt in den siebziger Jahren, zur Hafenstraße in Hamburg in den achtziger Jahren bis zu den heutigen Antifagruppen in Berlin, Hamburg und Leipzig, Göttingen, um nur die bekannten Namen zu nennen. Und heute die Rigaer Straße in Berlin und ihr Freunde in der Hauptstadtredaktionen.

Weil linke Gewalt Systemgewalt ist, ist es auch systemkonform und regelrecht folgerichtig oder gar zwingend, dass sich selbst der Merkel-Staatsapparat im „Kampf gegen Rechts“ der Antifadienste versichert und sich in linksradikalen Gruppierungen, die öffentlich unterstützt und finanziert werden (im Kampf gegen Rechts) eine verbotene Privatpolizei leistet.

Jede Sicherheitsfirma, deren es heute viele gibt, stößt heute schnell an ihre Grenzen, weil das Gewaltmonopol bei der verbeamteten Polizei liegt. Nur die Linksfanatiker, die selbsttätig zur Gewalt schreiten, gleichsam autonom, unterliegen, obwohl öffentlich bestallt, keiner Beschränkung und keiner Kontrolle. Natürlich dürfen sie im „Kampf gegen Rechts“ nicht die Regeln des feinen deutschen Strafgesetzbuches verletzen, aber genau das tun sie und man gewinnt den Eindruck, als wenn diese Regelverletzungen im „Kampf gegen Rechts“ den Staatsvertretern ganz recht ist. Denn sonst wäre ja wohl der „Kampf gegen Links“ etwas erfolgreicher.

Der Minimalkampf gegen Links

Leider spielt die Justiz keine gute Rolle in diesem Zusammenhang. Seit Jahrzehnten wird die Polizei mit einem Minimalkampf gegen Links beschäftigt. Die Beamten lassen sich die Köpfe blutig schlagen und die Politik, die die Polizei zu unterstützen hätte, fasst eben diese, ihre eigene Polizei, wenn es hart auf hart kommt, mit spitzen Fingern an. Schließlich will niemand der Bundeskanzler oder der zuständige Minister eines Polizeistaates sein. Bevor dieser Vorwurf aufkommen könnte, unterlässt man es eben lieber, linke Systemgewalt mit den gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln zu verfolgen.

Das Legalitätsprinzip, das die zuständigen Organe des Staates, also den Staat und seine Führung selber bindet, kriminelle Gewalttaten zu verfolgen, zu unterbinden und zu verunmöglichen, ist in Ansehung linker Gewalt de facto ausgesetzt. Es ist Teil des bundesrepublikanischen Systems, dass linke Gewalt gegen Menschen und Sachen als harmlos und regelrecht niedlich betrachtet und das bürgerliche Empörungsgehabe als lächerliche und maßlos übertriebene Reaktion der falschen Seite abgetan wird. Sicherlich, es gibt nach jedem Attentat immer wieder einzelne Stimmen, die zur Mäßigung mahnen oder die linken Terror sogar als linken Terror bezeichnen, aber diese Erkenntnis steht eben nicht auf dem Titel des Spiegel, der Süddeutschen oder wird von Ministern zum Chefthema gemacht.

Kein Wunder, dass linke Gewalt verharmlost und von Amts wegen regelrecht aus dem öffentlichen Diskurs herausgehalten wird. Die Realität linker Gewalt wird bis in die Statistiken hinein verharmlost, schöngefärbt, zu einer Art subkulturellen Bereicherung der Kultur und zur unvermeidlichen Folklore alternativer Lebensformen erklärt oder verklärt. Linke Gewalt und die linken Gewalttäter sind bestens vernetzt in dem übermächtigen deutschen, von Steuergeldern unterhaltenen Kulturbetrieb, in den Mainstreammedien und in verdeckter und getarnter Form auch in der Politik. So kommt es, dass selbst Exzesse, wie die am letzten Wochenende in Berlin, wo mindestens 40 Autos brannten und eine ganze Hundertschaft von autonomen Attentätern eine Verwüstungsspur durch Berliner Stadtteile legte, keine große Chance hat, im öffentlichen Diskurs behandelt zu werden.

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