Transitzonen sind institutionalisierter Verfassungsbruch

Die Kanzlerin bricht einfaches und Verfassungsrecht. Das Parlament schaut zu. Die Meinungsführer-Medien applaudieren. Dabei springt Merkel mit der Verfassung weit weniger zimperlich um, als mit den heiligen Bauvorschriften.

Aktuell werden der Bevölkerung Bilder von den täglich weiterhin in fünfstelliger Zahl kontrolliert und unkontrolliert ins Land Strömenden vorenthalten, die auch weiter unter dem bewusst unscharfen Begriff „Flüchtlinge“ subsumiert werden. Zu den Bildern von nicht winterfesten Zelten werden bald solche von Grippe-Epidemien unter Migranten treten, mit denen Ärzte und Krankenhäuser nicht fertig werden.

Transitzonen als Not-Grenze?

Als die Kanzlerin vor der Völkerwanderung bedingungslos kapitulierte und die Grenzen des Staatsgebietes der BRD im Interview bei „Anne Will“ preisgab („Wir können die Grenzen nicht schließen. Wenn man einen Zaun baut, werden sich die Menschen andere Wege suchen. Es gibt den Aufnahmestopp nicht.“), sanken auch die Temperaturen im Verhältnis der Unionsparteien merklich. Und ausgerechnet der sonst als Populist gescholtene Horst Seehofer erscheint als einziger Hoffungsträger.

Offenbar hat die Kanzlerin ihn jetzt mit der Zustimmung zur Prüfung oder gar Einrichtung von „Transitzonen“ vorerst eingefangen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk am 14.10.2015 erläuterte der bayerische Innenminister Herrmann, was sich die CSU unter Transitzonen vorstellt:

Eine Transitzone „sieht nicht anders aus, als heute auch eine große Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge in unserem Land aussieht.“ Dort solle verhindert werden, dass Asylbewerber nicht erst „quer durch Deutschland verteilt werden“ und dann die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftslandes festgestellt wird. „Die momentane Situation (…) ist ein insgesamt illegaler Zustand.“

Hier nachzuhören, was auch deshalb interessant sein könnte, weil man Zeuge wird, wie es Moderator Peter Kapern nur so eben gelingt, den Innenminister nicht so anzupöbeln, wie man es von Gabriels „Pack“ kennt.

Es ist bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit hier die Option von Transitzonen diskutiert wird, die, einmal ganz abgesehen von der Frage ihrer Praktikabilität, eindeutig rechts- und verfassungswidrig ist. Es gibt an den Festlandsgrenzen der Bundesrepublik rein gar nichts zu prüfen. Und es gibt dort auch nicht einen einzigen Asylbewerber oder sonstigen Flüchtling, der nach rechtsstaatlichen Kriterien aufzunehmen wäre oder rechtmäßig die Grenze übertreten dürfte. Keinen!

Dublin III-Verordnung – Gesetz ohne Kraft

Seit Januar 2014 ist die „Dublin III“-Verordnung in Kraft. Sie bestimmt, dass derjenige Mitgliedsstaat, in dem eine geflüchtete Person erstmals europäisches Territorium betritt, das Asylverfahren durchführen muss. Staaten, in denen diese Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist, sind alle Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein.

Jeder „Flüchtling“, der auf dem Festland die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland erreicht, hat vorher seinen Fuß in ein anderes Land gesetzt, das zum „europäischen Territorium“ gehört. Damit ist seine Grenzübertretung, und übrigens auch die Anstiftung und Beihilfe hierzu, nach aktueller Gesetzeslage rechtswidrig und nach dem Aufenthaltsgesetz strafbar.

Transitzonen sind aber auch mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen. Art. 16 a Abs. 1 gewährt politisch Verfolgten Asylrecht. Abs. 2 schränkt dieses Recht aber ein und schließt es unmissverständlich für alle aus, die auf dem Landwege die Grenzen der Bundesrepublik erreichen. Dort heisst es:

„Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist….In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.“

Gesetze kann man ändern und die Verfassung auch. In einem Rechtsstaat folgt die behördliche Praxis und die Anwendung der Straftatbestände des Aufenthaltsgesetzes der bestehenden Rechtslage. In der Bundesrepublik gelten diese Grundsätze des Rechtsstaats nicht mehr. Hier bricht die Kanzlerin einfaches und Verfassungsrecht. Und die CSU versucht es als Erfolg und wichtigen Schritt zu einer Lösung der Flüchtlingskrise, die längst eine Verfassungskrise ist, zu verkaufen, dass Transitzonen eingerichtet werden, wobei jeder einzelne „Transit“ nach bestehender Rechtslage einen Straftatbestand erfüllt. Eine Transitzone stellt nichts anderes dar als eine von staatlicher Seite geschaffene Einrichtung zum institutionalisierten Rechts- und Verfassungsbruch.

Das Grundgesetz gilt weniger als das Baugesetzbuch

Mit der Verfassung springt Merkel weit weniger zimperlich um, als mit den heiligen Bauvorschriften. Deren Änderung zum dringend notwendigen Wohnungsbau für Flüchtlinge lässt noch auf sich warten. Bei wenige wichtigen Gesetzen dauert es eben etwas länger.

Wer bringt die Herrschaft des Rechts zurück?

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