Angela Merkel ist eine Frau

Der Deutsche würde sozialen Aufsteigern, die von weit unten kämen, so wie Schröder und Fischer, sogar eine gewisse Rüpelhaftigkeit nachsehen, Schulz also auch. Ultimative Einsichten der taz.

© Sean Gallup/Getty Images

Die taz machte eine bemerkenswerte Entdeckung. Nach über elf Jahren Kanzlerschaft der gebürtigen Frau Kasner kann der Korrespondent Parlamentsbüro der Tageszeitung vermelden, dass nun auch Frau Angela Merkel Opfer des patriacharchalen Systems geworden ist, dass sie also einen #aufschrei wert ist.

Der Investigativreporter trat ausgerechnet über die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz auf den Plan: Würden sich Männer die Kanzlerin vorknöpfen, wirke das schnell unerfreulich machohaft, weiß der Reporter. Und diese Unfreundlichkeit sei obendrein bloß gespielt, weil doch jeder wüsste: Der Steinmeier und der Steinbrück würden sich eigentlich prima verstehen mit Angela Merkel.

Aber die Kanzlerin kann sich wehren, weiß man bei der taz: So warf sich der edle Ritter Wolfgang Schäuble ins Gefecht und schwärzte den Genossen Schulz als deutschen Donald Trump an. Immerhin hätte Schäuble noch begriffen, dass es wenig Sinn macht, Schulz vorzuwerfen, er hätte kein Abitur. Das wäre dann doch zu dünkelhaft. Ja warum eigentlich sollte das zu sehr von sich überzeugt und penetrant sein (Definition „dünkelhaft“ Duden)? Vielleicht deshalb, weil dass deutsche Abitur keinen Wert mehr hätte?

Nein, einfacher: Der Deutsche würde einfach Aufsteiger mögen (vom Tellerwäscher zum Millionär), die von weit unten kämen so wie Schröder und Fischer. „Denen sieht man sogar eine gewisse Rüpelhaftigkeit nach. Wahrscheinlich sind diese Politikertypen gerade deshalb so beliebt, weil es mit der sozialen Mobilität in Deutschland seit Jahrzehnten bergab geht.“ Also ein Aschenputtelmärchen in der taz und Martin Schulz der neue Prinzgemahl der Deutschen? Jedenfalls käme „die neue SPD-Lichtgestalt in allen Milieus“ gut an, weiß man bei der taz.

Wer also so ein bisschen „asozial“ ist, wer gegen eine Frau Bundeskanzlerin einen #aufschrei produziert, der ist gut angesehen bei den Deutschen. Wir litten an einer Mischung aus Zufriedenheit und Ausgelaugtheit. Und das wäre das perfekte Areal für einen wie Schulz. Für den Prollgenossen der SPD? Ja, denn nur er gäbe das Versprechen, „dass alles im Grunde bleiben soll, wie es ist, und doch anders werden soll – sozialer, gerechter, weniger zerstörerisch.“ Martin Schulz würde das Komplexe in einer Erzählung vereinfachen und das Widersprüchliche auflösen (eine taz-Beschreibung von populistisch?).

Und die Kanzlerin würde dazu nur vornehm schweigen. Also von #aufschrei und Co keine Rede. Auch dafür weiß die taz eine Erklärung: „Niemand versteht es so geduldig, ruhig und selbstsicher auf Fehler ihrer Gegner zu warten. Damit hatte sie immer Erfolg. Bis jetzt.“ Steht schon das Ende der geschulzten patriarchalen Herausforderung bevor? Oder bleibt doch das merkelsche Matriarchat siegreich?

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