Urheberrecht und Uploadfilter: Plötzlich stimmen die politischen Fronten nicht

Für den 23. März ist zu Demonstrationen aufgerufen. Die Kommission der EU und Voss beschimpfen die Kritiker und wollen den Beschluss im Parlament vor den Demos durchpeitschen. Ideale Bedingungen für jene, die #Uploadfilter auf den letzten Metern doch noch zu verhindern versuchen.

FREDERICK FLORIN/AFP/Getty Images
Member of European Parliament Axel Voss reacts after the vote on copyright in the Digital Single Market during a voting session during a plenary session at the European Parliament on September 12, 2018 in Strasbourg
Was unter „Urheberrecht” nun öffentlich stattzufinden beginnt, kann als Lehrstück über den Charakter des Parteienstaats in die Lehrbücher eingehen – wenn der dafür nötige Grad an Sachlichkeit eines Tages wieder vorhanden sein sollte.

Im Parteienstaat wird nicht danach im Parlament abgestimmt, ob etwas in der Sache richtig oder falsch ist, um dem erklärten Ziel zu dienen. Abgestimmt wird par ordre du mufti, wobei mufti hier für die engere Fraktionsführung steht, die ihre Entscheidung im Hinterzimmer ohne Öffentlichkeit trifft – nicht nach Sache, sondern Macht-Management.

Im Parlament der EU sind die muftis der Franzosen und Deutschen in den Parteien von Macron und Merkel dabei, mit den Artikeln 11 und 13

  • Artikel 11 (auch Linksteuer oder Leistungsschutzrecht)
  • Artikel 13 (auch Upload Filter oder Upload Monitoring)

durchzudrücken, was die großen Verlage von ihrem Chef-Lobbyisten Axel Voss, MdEP der CDU, durchgesetzt haben wollen. Julia Reda von den Piraten im Parlament der EU führt geistig die dort sehr kleine Minderheit von Abgeordneten an, die in der Sache „Urheberrecht”, Internet, Google und so weiter wissen, wovon sie reden. Sie ordnet Voss korrekt bei der sehr großen Mehrheit ein, die keine Ahnung in der Sache hat. Was sie nicht erwähnt, aber natürlich weiß, ist, dass die große Mehrheit der Abgeordneten sich nie mit der Sache befasst, weil sie ohnedies der ordre du mufti folgen – wie immer, um ihre Karriere von der Partei Gnaden nicht zu gefährden.

Was die Follower zu einem weiteren Tweet von Reda sagen, zeigt den Grad der Mobilisierung, der bisher schon erreicht ist:

Voss befindet sich bei Merkel in passender Gesellschaft, was das Nicht-Wissen um die Welt des Internet anbetrifft. Reda spießt einen Merkel-Spruch auf, der beweist, dass Internet und Digitales für sie nach wie vor terra incognita sind.

— Julia Reda (@Senficon) February 19, 2019

Im Leser-Forum von TE begegnete mir eine Stimme, die leider nicht vereinzelt sein dürfte: Freude darüber, dass die Internetfreaks und iPhonisten einen auf die Mütze kriegen. Dass #Artikel #Uploadfilter gerade auch jene neuen Medien bedroht, die gegen die Einheitsmeinung der Gemeinwohlmedien bürsten, ist diesem Leser als pars pro toto einer großen Mehrheit von Bürgern wohl nicht bekannt. Sie teilen mit Merkel die große Ferne zur IT-Welt.

Nun kommt dieses mal die gewohnte und bequeme Schlachtordnung durcheinander, weil es neben der sachkundigen Julia Reda noch einige bei anderen Parteien gibt, die unter den Druck ihrer jeweiligen Internetgemeinde kommen, wo das Bewusstsein dafür sachkundig ausgeprägt ist, dass die Großlobby der Verlage mit ihrem so harmlos klingenden „Urheberrecht” – bei den Gegnern bekannt unter #Artikel #Uploadfilter – der Freiheit im Internet einen lebensgefährlichen Schaden zufügen würden.

In der üblichen Schlachtordnung müsste die Süddeutsche Zeitung wie die allermeisten anderen Gemeinwohlmedien (ARD-Sprech) auf Seiten von Macron und Merkel stehen, tut sie aber nicht, denn die Fronten haben begonnen, kreuz und quer zu verlaufen:

Für den 23. März ist zu Demonstrationen aufgerufen. Die Kommission der EU und Voss beschimpfen die Kritiker und wollen den Beschluss im Parlament vor den Demos durchpeitschen. Ideale Bedingungen für jene, die #Artikel #Uploadfilter auf den letzten Metern doch noch zu verhindern versuchen. Good luck folks.


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