Labour im Abstieg und anderes auf Englisch

Sozialdemokraten verlieren ihre einstige Arbeiterklasse als Wähler, "Faschist" ist leeres Schimpfwort geworden, Schulz ist ein vergänglicher Medien-Hype, Merkel wird in Washington erwartet und der Brexit kostet London vielleicht nichts.

Überall im Westen verlässt die Arbeiterklasse die Linke, bloggt Ed West. Gerade noch 16 Prozent Arbeiter geben aktuelle Umfragen der einstigen Arbeiterpartei. Anders als – etwa in Österreich zur FPÖ – wechseln diese Wähler aber nicht zu UKIP, sondern zu den Tories. Einiges spricht dafür, dass UKIP mit dem Votum pro Brexit den Zenit überschritten hat. Der Befund von Ed West für die U.S. und Frankreich sieht gleich aus.

Den Abstieg von Labour sieht auch Brendon O’Neill. Er weist darauf hin, dass der Wähler-Anteil von Labour in der skilled working class von 50 auf 30 Prozent gefallen ist, unter angelernten und ungelernten Arbeitern noch stärker. Gäbe es solch differenzierte Zahlen wie bei Ipsos MORI für Britannien auch für Deutschland (oder wären uns welche bekannt, die es vielleicht gibt), sähen sie wohl vergleichbar aus.

Was „Faschismus“ ist und was nicht, beantwortet Brendon O’Neill so:

„The wise thing to do would be to accept that the term fascist is beyond repair. It’s a dead word. It now means bastard. It’s an emotional insult, expressing a sense of powerlessness on the part of the person making it, whose belief that he faces a fascist threat grows in direct proportion to his own inability to make sense of political developments. The insult of ‘fascist’ speaks far more to the insulter’s own sensation of impotence than it does to the insulted’s actual power, or ideology, or ambition.“

Um’s kurz zu machen: „Faschist“ bedeutet im öffentlichen Umgang politisch nichts Tatsächliches mehr, sondern ist nur ein ein anderes Wort für Lump, Schweinehund, Dreckskerl. Vor allem sage es mehr über den aus, der das Wort benutzt als über den so Bezeichneten, enthülle die Hilflosigkeit des Wortnutzers im Umgang mit politischen Veränderungen.

Warum der Hype um Martin Schulz auf wackligen Füßen steht und wie es zu ihm überhaupt nur durch die Medien kommen konnte, beschreibt Sabine Beppler-Spahl. Der Hype kann ebenso schnell vorbei sein, wie er kam, weist sie auf Thomas Petersen hin:

„Allenthalben werden Umfragen als Beleg für die Erfolgschancen von Martin Schulz angeführt. Doch die sagen weniger über die Qualitäten des Kandidaten aus als über den Charakter der Berichterstattung.“

Rebecca Perring überlegt, wie Angela Merkels erster Besuch bei Donald Trump in Washington am 14. März verlaufen und worum es gehen könnte:

„The meeting between Mr Trump and Mrs Merkel is likely to cover a wide range of issues, including the global economy, trade, the fight against Islamic State, NATO and ties with Russia and China.“

Interessanter als ihre nackte Themenaufzählung ist, dass die Story mit einer Slideshow von Merkels äußerer Veränderung versehen ist.

Ein Report des House of Lords wird in Brüssel, Berlin, Paris, Rom und anderswo sauer aufstoßen. Er sagt, das Vereinigte Königreich könne die EU verlassen, ohne auch nur einen Penny zu zahlen:

„The UK could walk away from the European Union in 2019 without paying a penny, the House of Lords has said, in a report bound to raise tensions with Brussels in the run-up to Brexit talks.

The British government would have no legal obligation to either pay a €60bn (£52bn) Brexit bill mooted by the European commission or honour payments into the EU budget promised by the former prime minister David Cameron, according to analysis by the House of Lords EU financial affairs sub-committee.

In a report published on Saturday, the committee argues that the British government would be on strong legal ground if it chose to leave the EU without paying anything, adding that Brussels would have no realistic chance of getting any money.“

Und last but not least findet sich auf Englisch über Tichys Emblick, wozu deutsche Medien sich nicht aufraffen – bis auf das dort angesprochene in sich widersprüchliche ZEIT-Portrait von Roland Tichy: Eine faire Rezension, an deren Ende TE-Autor Dushan Wegner zitiert wird:

„‚There is dangerously little connect between a lot of the morally infused reporting and many people’s reality,‘ said Wegner. A growing number of Germans, he believes ‚can’t take the bulls**t any longer‘.“

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Kommentare ( 13 )

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13 Comments
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Gernot Radtke
7 Jahre her

Bleiben Sie dran! Wenn ich’s mitbekomme, gebe ich gerne Feuerschutz. – Hier jetzt noch eine Salve; diesmal ein moralphilosophisches Argument: Der große Philosoph Immanuel Kant (K.R. Popper nennt Kant den ‚Philosophen der menschlichen Freiheit‘) unterscheidet moralische Pflichten gegen andere und gegen sich selbst. Die Pflichten gegen andere faßt er unter dem Titel ‚Glückseligkeit‘ zusammen, die keine selbstbezogene Pflicht sein kann, da man ein Streben, das naturgegeben uns sowieso schon immer antreibt, nicht auch noch gebieten muß. Die Pflichten gegen sich selber faßt Kant unter dem Titel ‚Vollkommenheit‘ zusammen, wozu auch das Verbot der Selbstverstümmelung gehören würde. In der Schwangerschaft ist… Mehr

Poco100
7 Jahre her

2 Anmerkungen: zu Merkel, da wird es tatsächlich nach aussen business as usual geben, egal was Trump von der Dame hält. Er weiß mittlerweile auch, dass es im Moment noch besser ist, ein gutes Verhältnis zu dem Land Deutschland zu haben, so will ich es ausdrücken. Zu Brexit/UK, wie das ausgeht, weiss niemand, aber daß GB eine gute Chance hat, eine positive Geschichte daraus zu generieren, war von Anfang an klar. Nur die Dt. „Gutmensch-merkelar…kriecher“ waren in ihrem „tiefen“ Realismus bzw. sind anderer Meinung, es kann eben ideologisch nicht sein, was nicht sein darf. Die Ideologie oder was immer es… Mehr

Gernot Radtke
7 Jahre her

… solange es nicht die von Merkel sind.

ZurückzurVernunft
7 Jahre her

Die Nazis dachte auch hatten sie hätten gute Gründe für die Euthanasie schwerst Behinderter, indem sie vorgaben deren Leiden zu beenden und die Angehörigen (insbesondere die Mütter) zu entlasten. (Mein Onkel war übrigens Opfer dieser inhumanen Praxis) Falls Sie in der Lage sind mir zu sagen, ab wann menschliches Leben beginnt, wäre ich Ihnen dankbar. Ich weiss es jedenfalls nicht. Ich glaube, dass selbst der „Übermensch“ Willi Brandt nicht in der LAGE war zu definieren, welches menschliche Leben wertvoll ist und welches als „unwertes“ Leben „vernichtet“ werden darf. Vor einem Tribunal einer moralisch höher stehenden Kultur, hätte ihre Begründung jedenfalls… Mehr

Gernot Radtke
7 Jahre her
Antworten an  ZurückzurVernunft

Es gibt noch ein – rechtsphilosophisches – Argument gegen die Abtötung Ungeborener: Mit dem Menschen als wahres Rechtssubjekt (der Freiheit) ist zugleich die Gemeinschaft aller Rechtssubjekte (der Rechtstaat) zu denken, zu deren Möglichkeit, nach Freiheitsgesetzen zu leben und dies durch niemandes Willkür beschränkt zu sehen, auch der künftige Erhalt dieser das Freiheitsrecht garantierenden und ggf. erzwingenden Gemeinschaft gehört; die nachwachsenden Rechtssubjekte sozusagen. Damit ist ein in das (nicht-medizinische) Belieben subjektiver Befindlichkeiten und Strebungen gestelltes ‚Recht‘ auf Abtreibung unvereinbar. – Es ist kein Zufall, daß Linke und Relativisten dies anders sehen: die haben, wenn überhaupt, nur einen kümmerlichen Begriff vom Rechtssubjekt… Mehr

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7 Jahre her
Antworten an  Gernot Radtke

Ich bin nicht in der Lage hier ein Urteil abzugeben.

Zwei Fakten sind für meine Einstellung allerdings relevant:
1. Wenn ich kein Urteil fällen kann wann menschliches Leben beginnt, so gilt für mich „im Zweifelsfall für den Angeklagten (d h. für denjenigen der sich nicht einmal selbst artikulieren bzw. verteidigen kann).
2. Ich halte auch in Hinblick auf Geburtenkontrolle in der 3. Welt die Gleichsetzung von Abtreibung und Verhütung für eine ethische Barbarität.
Leider ist das innerhalb der katholischen Kirche immer noch Dogma, obwohl spätestens seit der Entdeckung der weiblichen Eizelle durch von Baer 1827 die Präformationstheorie widerlegt sein sollte.

Peter Cordes
7 Jahre her

Melania Trump geb. Knauss ist Volksdeutsche aus Slowenien und spricht fliessend Deutsch —mit Untersteiermark Akzent.

Dieter Doerr
7 Jahre her

Vielen Dank an Herrn Georgen für diesen aufschlussreichen Artikel und die hochinteressanten Links – abgesehen von TE, Achse, usw. kann man ja fast nur noch auf ausländische Presse zurückgreifen, um sich ausreichend informieren zu können. Ansonsten verwundert es wenig, dass dem Wort „Faschist“ heute andere Bedeutungen als ursprünglich beigemessen werden (können). Einhergehend mit allgemeiner Sprach- und damit Gedankenverwässerung im übelsten Orwell’schen Sinne sowie mit Verfall von Kultur, Sitten und anderen Leit- oder Vorbildern entsteht zwangsläufig mehr und mehr ein Chaos-Zustand! Dass dies alles politisch gewollt ist, scheint schwer widerlegbar; denn nur so wird auch schlüssig, dass sich heute wie zum… Mehr

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7 Jahre her

Diese 100.000 noch ungeborenen Menschen gehören nach Definition unserer Christinen Katrin Göring-Eckardt und Angela Merkel offenbar nicht in die Kategorie „wir bekommen Menschen geschenkt“ .

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7 Jahre her

Interessant ist in diesem Zusammenhang ja vor allem auch die Begründung „soziale Indikation“.
Was mich hierbei immer am meisten stört, ist die moralische Selbstgerechtigkeit umd moralische Überheblichkeit anderen Zeiten und anderen Kulturen gegenüber.

Gernot Radtke
7 Jahre her

Englisch im Abstieg, aber Swabian im Aufstieg! Daß die Briten der EU auch nach dem Brexit noch bis 50 Mrd. Euros zu zahlen hätten, hat soeben das EU-Kronjuwel Oettinger ausgerechnet, nachdem Juncker ihn jüngst zum EU-Facility-Manager (comissioner) for shlitzeyes-’n‘-ears-affairs befördert hat. Ach, wenn nur die dummen Zahlen und all die roten und schwarzen Nullen nicht wären!

Doktor No
7 Jahre her

Die Diashow – einsehbar beim Daily Express online – spricht wahrlich BÄNDE!
Vielen Dank für den Hinweis!!
Ich hatte schon vergessen, dass A. Merkel einst geradezu mädchenhaft daher kam. Die Bilder der letzten Jahre hingegen – zugegeben eine extreme Auswahl – erinnern eher an eine zu tiefste frustrierte, erschöpfte, ausgebrannte Kanzlerin, mit teilweise geradezu hexenhaften Zügen.