Grüne, Die Linke, AfD: etablierte Parteien

Bei den Grünen dauerte die Etablierung lange, bei der Linkspartei kürzer, bei der AfD könnte es noch schneller gehen - aber allen dreien sollte der Fall FDP sagen: das ist keine Einbahnstraße.

Bis die schon länger etablierten Parteien CDU, CSU, SPD und FDP die Grünen in ihrem Club zuließen, dauerte ein Jahrzehnt. Das Zulassungskriterium war nicht Klasse, sondern Masse. Solange die Grünen „nur“ in Länderparlamenten waren, hielt das Mantra der damals Etablierten an, die verschwinden wieder. Mit dem Einzug in den Bundestag gaben die vier Clubmitglieder ihren Widerstand auf. Bald kriegten die Grünen, die angetreten waren, das System zu verändern, auch ihre politische Stiftung. Diese kassierte die finanzstrategisch wichtigen „Globalzuschüsse“ des Bundesinnenministers, wegen derer sie mit Anwalt Otto Schily beim Bundesverfassungsgericht gegen die politischen Stiftungen der etablierten Parteien zu Felde gezogen waren. Es dauerte kein Jahrzehnt, bis die Grünen so etabliert waren wie die schon länger Etablierten.

Als Oskar Lafontaine und Gregor Gysi den Zusammenschluss des SED-Nachfolgers und der SPD-Abspaltung zur glänzenden PR-Formel Die Linke geglückt war, ging es mit der Aufnahme dieser in den Club der Etablierten rasend schnell – die wichtige Finanzquelle politische Stiftung inklusive.

Begleitet wurde diese Metamorphose in beiden Fällen vom Wechsel des Umgangs mit den neu Hinzugetretenen in den TV-Talks und ihren Vorgängern. Der Ton der Moderatoren wechselte von ausgrenzend zu einbeziehend. Der Umgang mit der AfD in Maybrit Illner in dieser Woche nach deren 20-Prozent-Ergebnis signalisiert den gleichen Prozess.

Am 18. September zieht die AfD in Berlin ins nächste Parlament ein. Nur die Höhe des zweistelligen Ergebnisses steht im Urteil der Medien nicht fest. Am Einzug in den Bundestag zweifelt niemand mehr. Ob die AfD schon einen Namen für ihre politische Stiftung hat? Der Wechsel im Umgang der organisierten Öffentlichkeit mit der AfD hat begonnen, ihr Etablierungsprozess mit allen Folgen auch. Allen schon länger Etablierten und dem neuesten Zuzug dürfte eine Option nicht (sehr) bewusst sein: Man kann aus dem Kreis der Privilegierten auch wieder ausscheiden. Von der FDP steht nicht fest, ob sie diesen begonnenen Prozess nicht auch dann fortsetzt, wenn sie es knapp wieder in den Bundestag schafft.

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