Drama am Firmament: Naturschauspiel Supermoon

Am Nachthimmel wartet ein eindrucksvolles Naturphänomen, ein »Supermoon«, der am Montag, 14. November in der Nacht zum Dienstag im Himmelszelt zu bewundern ist. In vier Wochen gibt es das Schauspiel noch einmal, nur nicht mehr ganz so ausgeprägt.

© Matt Cardy/Getty Images

Wer auf Katastrophe gepolt ist, kann jetzt schön ins Schwärmen geraten: gewaltige Naturdesaster, verheerende Tsunamis und ausbrechende Vulkane, ein Armageddon, getoppt nur noch vom Untergang unseres Universums. Nein, diesmal ist aber nicht der Mensch mit seiner selbstverschuldeten Klimakatastrophe verantwortlich, sondern die Natur selbst.

Am Nachthimmel erleben wir ein eindrucksvolles Naturphänomen, einen sogenannten »Supermoon«, der am Montag, 14. November in der Nacht zum Dienstag im Himmelszelt zu bewundern ist, bei hoffentlich gutem Wetter. In vier Wochen übrigens gibt es das Schauspiel noch einmal, nur nicht mehr ganz so ausgeprägt.

Dieses Drama am Firmament soll für heftige Erdbeben sorgen, sogar für den verheerenden Tsunami vor Fukushima in Japan verantwortlich gewesen sein und soll Vulkane ausbrechen lassen. Sensiblere, dem Mondkalender folgende und unter Schlaflosigkeit leidende Zeitgenossen empfehlen dann auch gern, wichtige Angelegenheiten zu verschieben, Hauskäufe und sogar Erbschaften nicht zu unterschreiben.

Die Bilder von in den Mond heulenden Werwölfen werden immer wieder gern in Katastrophenfilmen ausgeschlachtet. Der Ausdruck »Supermoon«, der zwar schon 1979 von einem Astronomen verkündet, aber erst in den vergangenen Jahren populär wurde, bezeichnet eine besondere Himmelskonstellation.

Zu bestimmten Zeiten kommen sich Erde und Mond nämlich außerordentlich nahe. Der Mond umkreist bekanntlich die Erde, sagt man. Stimmt eigentlich nicht ganz, denn beide kreisen um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Dieser Schwerpunkt zeigt eine Merkwürdigkeit auf: Er liegt noch innerhalb der Erde. Das hat mit den Massen beider Himmelskörper zu tun; die Erde hat eine erheblich größere Masse als der Mond.

Zudem beschreibt der Mond keine Kreisbahn, sondern eine Ellipse. Das bedeutet wiederum: Mal ist der Mond mehr, mal weniger weit von der Erde entfernt, im Durchschnitt sind es 382.900 Kilometer.

Erde und Mond so nahe wie seit 1948 nicht mehr

Jetzt steht wieder eine solche besondere Konstellation bevor. Am 14. November 2016 wird der Mond genau 356.536 Kilometer von der Erde entfernt sein. So nah wie selten; näher kamen sich Erde und Mond seit 1948 nicht mehr.

Unser Nachbar im All erscheint dann deutlich größer und heller als sonst. Die Oberfläche des Mondes reflektiert aufgrund ihrer Nähe zur Erde deutlich mehr Sonnenlicht als sonst. Aber hat eine solche Konstellation am Himmel tatsächlich einen weiteren Einfluß auf das Leben auf der Erde?

Zunächst scheint klar: Weil der Mond so nahe an der Erde ist, erhöhen sich auch die Anziehungskräfte beider Himmelskörper. Zusätzlich zerrt auch noch die Sonne mit ihren Kräften an den Planeten. Der Mond kann, das sieht man ja, bei Ebbe und Flut gewaltige Wassermassen der Meere in Bewegung versetzen.

Dass der Mond an Ebbe und Flut schuld sei, lehnte interessanterweise der italienische Astronom Galileo Galilei vor fast 400 Jahren noch vehement ab. Der im Grunde genommen sehr scharfsinnige Wissenschaftler glaubte, dass die Drehungen der Erde um ihre Achse Ebbe und Flut hervorriefen. Ähnlich wie in einer bewegten Waschschüssel würden die Wassermassen der Meere hin und her bewegt.

Erst seit dem Aufkommen der Idee einer Anziehungskraft von Körpern um 1600 und Isaac Newtons berühmter Formel, mit der er die Stärke der Gravitationskraft berechnete, konnte man es wissen. Doch seit altersher übertüncht der Glaube die Wissenschaft. Wenn man sieht, wie groß und mächtig der Mond am Himmel steht und sich nichts erklären kann, kommt man als Gläubiger schon auf den Gedanken, er könnte noch für deutlich mehr Erscheinungen auf der Erde verantwortlich sein.

Besonders ausgeprägt ist der Glaube, die unterschiedlichen Positionen des Mondes können sich unterschiedlich auf das Wachstum von Pflanzen und das Verhalten von Tieren auswirken. Ratschläge gibt es, Bäume nur bei bestimmten Mondphasen zu fällen ebenso wie Gartenarbeiten nach dem Mondkalender auszurichten, Operationen meiden und vieles mehr.

Fast schon selbstverständlich: Heilkräuter wirken am besten, wenn sie bei – na klar – Vollmond gesammelt wurden. Doch Vorsicht: Sie dürfen nicht abgeschnitten werden, denn die Verletzungen durch den Schnitt könnten ihnen schaden. Auch wird die Anziehungskraft des Mondes häufig in Verbindung mit Erdbeben und Tsunami gebracht. Wenn er der Erde besonders nah kommt, dann ist auch die Anziehungskraft größer.

Satellitenaufnahmen ergeben tatsächlich, daß unser blauer Planet ordentlich durchgewalkt wird. Er ist keineswegs rund, sondern sieht eher wie eine Kartoffel aus, deren Form sich leicht ändert. Übrigens geschieht Ähnliches auch beim Mond; er wird von den Anziehungskräften der Erde durchgeknetet.

Die Erde rumpelt und rutscht, schiebt und schüttelt, kracht und knirscht

Unsere Erde, auf der wir stehen und leben, ist alles andere als stabil. Sie rumpelt und rutscht, schiebt und schüttelt, kracht und knirscht. Wie aus dem Nichts – ohne Vorwarnung – entstehen immer wieder gigantische Katastrophen, Erdbeben, die Zehntausende von Menschen umbringen, Millionen obdachlos machen, Vulkanausbrüche, Tsunamis.

So ist es einfach, wenn auf flüssigem Untergrund schwimmende Kontinentplatten aneinanderstoßen, untereinander abtauchen und sich gegenseitig wegdrücken, dabei Gebirge auffalten. Der Mensch hat nur die Chance, möglichst dort zu siedeln, wo es relativ ungefährlich ist. Dumm nur, dass vulkanische Regionen äußerst fruchtbar sind.

Doch auf der Erde wirken sich die Gravitationskräfte des Mondes extrem gering aus. Sie sind zwar vorhanden, aber so gering, dass sie fast keine Rolle spielen. Sie lassen die Gezeiten entstehen; aber das wirkt sich nur deswegen aus, weil die Wassermasse hinreichend groß ist. Auf dem Bodensee oder gar auf einen kleinen Tümpel wirken sie sich nicht mehr aus.

Ganz anders dagegen die Anziehungskraft der Erde. Sie ist rund 300.000 Mal größer als die Anziehungskraft des Mondes und überlagert damit also alle Anziehung des Mondes. Auch Berge haben eine Masse und damit eine – wenn auch eine extrem geringe – aber immerhin größere Anziehungskraft als die Landschaftsumgebung.

Der Heidelberger Astronom Klaus Jäger vergleicht: »Sie müssen sich Folgendes vorstellen: Die Kraft, die durch den Mond auf den Menschen wirkt, oder auf Pflanzen im Gartenbeet, ob der Mond nun da ist oder nicht – alles spielt sich in einer Größenordnung ab, die völlig überdeckt wird durch sekundäre Effekte wie beispielsweise, ob Sie einen großen Berg in der Nähe haben oder ob Sie in ihrem Haus vom ersten in den dritten Stock wechseln.«

Das bedeutet: Der Gang oder die Fahrt mit dem Aufzug in den dritten Stock vermindert die Anziehungskraft – ein wenig zumindest. »Wenn Sie im ersten Stock wohnen und gehen einfach in den dritten Stock, dann entfernen Sie sich vom Erdmittelpunkt um etwa 10 Meter. Dadurch wird das Gravitationsfeld der Erde etwas schwächer. Der Effekt, den das hat, liegt etwa in der Größenordnung, ob Sie jetzt sagen: Meine Pflanzen wachsen besser, wenn der Mond am Himmel steht, also muss ich sie jetzt pflanzen oder wenn er nicht am Himmel steht. Es ist also absolut vernachlässigbar und wird durch völlig andere Effekte, etwa durch die Umgebung, in der wir wohnen, völlig überdeckt.“

Die Anziehungskraft der Erde ist keineswegs überall gleich. Denn der Äquator ist vom Mittelpunkt der Erde weiter entfernt als zum Beispiel Nord- und Südpol. Das bedeutet zum Beispiel für einen Spediteur, der in Deutschland eine Ladung von 1 Tonne nach Äquatorial-Afrika verschickt, dass sie dort angekommen 0,2 Prozent leichter ist, also immerhin 2 Kilogramm leichter.

Tsunamis?

Auch Erdbeben auszulösen vermag der Mond mit seiner Anziehungskraft nicht. Ebenso wenig wie Tsunamis. Die Ursache dafür liegt meist tief unten im Meer verborgen. Irgendwo verschieben sich gewaltige Erdplatten, stürzen ein, sinken ab. Es kracht, Wassermassen geraten in Bewegung, füllen den Raum, den die absinkenden Schollen im Untergrund gelassen haben.

Zuerst ziehen die Wassermassen sich meist auf das Meer zurück. Danach schwappen sie umso stärker wieder in Richtung Land und überfluten Küstenregionen. Japanische Fischer nannten diese Bewegungen Tsunamis – das bedeutet »Welle im Hafen«. Denn auf dem offenen Meer bemerkt man sie selten. Aber sie fanden nach einer solchen Riesenwelle nur noch vollkommen zerstörte Uferpartien und Häfen vor.

Solche verheerenden Wellen und die vorangegangenen unterseeischen Beben können ebenso nicht von unserem Nachbarn am Himmel ausgelöst werden.

Professor Roland Pail vom Institut für Astronomische und physikalische Geodäsie der TU München sagt:

»Davon halte ich gar nichts, und zwar deshalb weil die Kräfte, die hier wirkten, zum einen sehr, sehr gering sind, das heißt, dass die gravitative Anziehung des Mondes ungefähr ein zehn Millionstel der gravitativen Anziehung des Erdkörpers ist. Das ist der eine wesentliche Aspekt. Der zweite wesentliche Aspekt ist, dass Mond und Sonne immer vorhanden sind und man von der quantitativen Wirkung von Sonne und Mond ungefähr aufteilen kann: Ein Drittel ist die Wirkung von der Sonne, zwei Drittel sind die Wirkung des Mondes. Also diese zwei Drittel der Mondwirkung – unabhängig davon, wo sich die Sonne befindet – wirkt permanent ohnedies auf die Erde.

In ganz speziellen Konstellationen, dann, wenn Sonne, Erde und Mond auf einer Linie liegen, würde dann einfach noch dieses zusätzliche Drittel an sehr kleiner zusätzlicher Gravitationswirkung dazu kommen.«

Es gibt also nichts, was sich wissenschaftlich beweisen lässt. Der Mond hat kaum die Kraft, die nötig wäre, um einen Vulkanausbruch, ein Erdbeben oder einen Tsunami zu verursachen. Er könnte die Höhe einer Tsunamiwelle vergrößern – und die Zerstörung multiplizieren. Aber kaum verursachen.

Wer mehr dazu wissen will, findet es in der umfangreichen Wissenschaftsdokumentation »Supermoon – gefährliche Anziehung?« Ein detaillierter Faktencheck zur Himmelsmechanik: Was bewirkt die Anziehungskraft des Mondes tatsächlich?

Klaus Jäger rechnet darin vor: »Wenn Sie beispielsweise einen Menschen nehmen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 70 kg, dann ist die Kraft des Mondes, ob er nun da ist oder nicht, so gering, dass der Einfluß absolut zu vernachlässigen ist.

Um nur einmal ein Beispiel zu geben: Wenn Sie mit dem Kopf schütteln und dabei eine Haarschuppe verlieren, dann ist der Gewichtsverlust in dem Moment etwa von der Größenordnung, als ob Sie hier stehen und der Mond steht oben am Himmel, und Sie nehmen den Mond dann weg.“

Übrigens: Geklärt wird auch, was das Wunder von Lengede, jenem Grubenunglück von 1963, bei dem 129 Bergleute verschüttet wurden, mit dem Mond zu tun hat. Die hörten in der Dunkelheit ein rhythmisches Knacken des Gesteins und hatten so ein Zeitmaß.

Supermoon danach erst wieder 2034

Der nächste Super-Supermond wird am 25. November 2034 sein; dann wird der Mond sogar noch ein wenig näher als jetzt erscheinen.

Allerdings wird ein solches Ereignis nicht mehr allzu häufig vorkommen. Denn der Mond entfernt sich langsam aber sicher von der Erde. Unsere Erde bremst nämlich ab und dreht sich mit immer geringerer Geschwindigkeit. Der Grund ist die Reibung der Wassermassen der Ozeane auf dem Grund der Ozeane. Unsere Tage werden dabei auch länger – um 1,7 Millisekunden – in hundert Jahren. Merken wir nicht sonderlich. Der Mond ist in diesem Jahr auch bereits drei Zentimeter weiter von uns weg als im vergangenen Jahr. Das hört sich auch nicht nach viel an. Nach einigen Jahrmillionen aber haben sich diese drei Zentimeter auf einiges summiert.

Hätte vor einer Milliarde Jahren schon Vorfahren von uns gelebt, hätten die um drei bis vier Stunden kürzere Tage erlebt. Die Erde drehte sich nämlich deutlich schneller als heute.

Drei Zentimeter Drift pro Jahr reichen, damit die Anziehungskräfte immer schwächer werden, der Mond verschwindet. Für unsere gute alte Erde hat das noch eine weitere beunruhigende Folge: Sie gerät mehr und mehr ins Taumeln. Denn Mond und Erde benötigen einander, sie stabilisieren sich gegenseitig wie zwei Eiskunstläufer bei einer Pirouette.

Zusätzlich wirkt auch noch die extrem schnelle Drehung der Erde. Die ist beachtlich. Während Sie dies lesen, sausen Sie mit rund 1.200 Kilometer pro Stunde im Kreis – vorausgesetzt, Sie halten sich in Deutschland auf. Würden Sie sich am Äquator befinden, hätten Sie 1.667 Kilometer pro Stunde »drauf«, deutlich mehr als die Schallgeschwindigkeit.

Die Erde verliert ihren Drehimpuls, wie die Physiker sagen; sie dreht sich langsamer, der Mond haut ab in den Weltraum, die Erde beginnt zu taumeln. Die Gezeiten hören auf. Eine Hälfte der Erde versinkt in ewiger Dunkelheit, die andere verbrennt unter der Sonnenstrahlung. Der Sauerstoff ist weg, die CO2 Werte steigen. Dann dürfte die Klimakatastrophe endlich da sein. Aber in den nächsten 500 Millionen Jahren passiert da noch nichts.

Wohin dann für die Menschheit? Jupiter – keine gute Idee. Dort toben in der Atmosphäre gewaltige Stürme mit einigen hundert Stundenkilometern und mehr. Auch auf einem anderen Nachbarplaneten kann es richtig ungemütlich werden: Auf dem Mars toben immer wieder Sandstürme. Die sind so kräftig, dass sie sogar den gesamten Planeten verhüllen. Auf der Oberfläche ragt der größte Vulkan unseres Sonnensystems hervor: Olympus Mons. Der ist rund 26 Kilometer hoch – dreimal so groß wie die größten Berge auf der Erde. Man kann sich den Ausbruch ausmalen, bei dem der Vulkan entstand. Dagegen sind Erdbeben und Vulkanausbrüche auf der Erde ziemlich harmlos.

Überhaupt nicht gut riechen dürfte es auf Io, einem der Monde von Jupiter. Hier sind viele Vulkane aktiv. Die werden erhebliche Mengen an Schwefel aus – und dürften einen höllischen Gestank erzeugen.

Nicht schlecht in Sachen Energieversorgung wäre es auf Titan, der größte Mond des Planeten Saturn. Er ist der erdähnlichste Himmelskörper und hat auf seiner Oberfläche Seen aus flüssigem Methan, also Kohlenwasserstoffe, die nicht aus pflanzlichen Materialien entstanden sein können wie Öl auf der Erde und damit die These stützen, dass es auch noch andere Quellen für Öl oder genauer: Kohlenwasserstoffe geben muss.

Da ist es auf unserer Erde ziemlich friedlich – trotz gewaltiger Erdbeben oder Tsunamis. Die gab es früher auch. Nur wohnten keine Menschen in Regionen, in denen solche Katastrophen drohten. Erst mit der dichten Besiedlung gefährdeter Zonen steigt das Risiko einer Katastrophe.

Also schauen wir in den kommenden Tagen in den Supermoon, nehmen nur das als wahr, was wir wissen, und glauben nicht an die Leute, die mit Alarmismus ihre Geschäfte machen wollen. Die Natur bietet schönere Dramen.

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