Ice Bucket: PR-Challenge für Geizhälse und Selbstdarsteller

In diesen Tagen schwappt eine Aktion, die in den USA ihren Anfang genommen hat, über den großen Teich zu uns herüber, und diesmal leider wörtlich.

Die „Ice Bucket Challenge“ soll auf die bisher leider unheilbare Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, aufmerksam machen. Im wesentlichen geht es darum, sich einen Kübel kaltes Wasser über den Kopf zu schwappen und drei weitere Personen zu berufen, es gleich zu tun oder 100 US-Dollar für die Erforschung der Krankheit an die ALS Association zu spenden.

Im Land der weltumspannenden Superstars, mutet die Spendenkampagne anfangs noch lustig an. Wenn sich ein nerdiger, aber bis heute recht bodenständiger Multimilliardär wie Bill Gates eine Vorrichtung konstruiert, mit deren Hilfe er sich dann einen Eimer kaltes Wasser überkippt, erinnert er dabei an einen verklemmten Streber unter der Campingdusche. Es ist auch dann noch witzig, wenn eine Grand Dame vom biblischen Alter einer Ethel Kennedy Hilfe von einem der vielen sie umgebenden Familienmitglieder (gefühlte Anzahl: 128) auf Marthas Vineyard benötigt. Bei jedem weiteren wie Justin Timberlake, Lady Gaga, Michael Madsen und wie sie alle heißen, verliert die ganze „Wasser über Birne Gekippe“ Show aber an Tempo und Sinn. Ach ja. Helene Fischer, bei der der deutsche Mann vor seiner Wohnzimmerschrankwand Marke „Gelsenkirchener Barock“ zum Selbst-Bock wird, zeigt sich im weißen BH und Waschbrettbauch. Toll.

Bei der Nominierung geht es denn eigentlich um folgendes: Tue es gleich – oder spende! Nochmal: Entweder man duscht kurz und kalt – oder man versagt sich und spendet. Bezeichnend, dass die deutschen Geizkrägen sich mit ihrer lächerlichen Aktion davor drücken wollen, mal einen Hunne locker zu machen. Und ALS? Kommt vor. Aber nur am Rande. Im Mittelpunkt steht die demonstrative Eitelkeit von ein paar B-Promis, die sich selbst für lustig halten und die eigentlich nur ihre Jämmerlichkeit vorführen.

Trittbrettfahrerei für eigene PR

Als die Ice Bucket Challenge in den letzten Tagen Deutschland erreicht, ist ihr Sinn im großen Stil bereits weitestgehend zweckentfremdet. Zwar geht es schon noch periphär um das Thema ALS, aber eigentlich nur noch darum, dass sich einige steife Medienfuzzis als launig-lockere Entertainer versuchen und sich dabei in eine Reihe mit den Lenkern dieser Republik aus Politik und Wirtschaft stellen möchten. Sie schnappen nach einer Minute Ruhm wie der Dackel nach der Leberwurst.
Man sieht, und ist peinlich berührt, völlig steifen Menschen dabei zu, wie sie mit dem Wassereimer das Scheinwerferlicht über sich auszuschütten versuchen. Menschen, die ansonsten nicht mal über sich selber lachen können.

Seht her, ich tue gutes und ich spreche auch sehr gerne darüber 

Dabei ist es nicht der Wassereimer, der die Aufmerksamkeit für die Erforschung der Krankheit schafft. Es ist der Name der Person, die sich dafür stark macht.

Sir Patrick Stewart zeigt den Selbstdarstellern, wo der Hammer hängt (© madamozell YouTube)

Sir Patrick Stewart zeigt den Selbstdarstellern, wo der Hammer hängt (© madamozell YouTube)

Sir Patrick Stewart hat in höchstem, beeindruckenden Maße gezeigt, wie es richtig geht.

Sowohl an die eigentliche Aufgabenstellung der Ice Bucket Challenge erinnert, als vielmehr aber das: wie man seine Bekanntheit und sein Kapital sinnvoll einsetzt, ohne sich selbst dabei in den Mittelpunkt zu stellen und der wichtigen Botschaft den Kern zu rauben.

Er läßt all die Selbstdarsteller ganz schön alt aussehen.

Mein Vorschlag: Laßt uns Spenden sammeln für jeden, der es nicht tut.

Aber mittlerweile hat HORIZONT ermittelt, dass bislang von all den vielen PR-Selbstdarstellern gerade mickrige 20.000 € gespendet wurden. Wie peinlich.

Das ist doch etwas sehr knapp gemessen am amerikanischen Aufkommen durch die Aktion. Mein Rat: Sofort zur Bank oder ab an den PC und hurtig überweisen. Lieber spät als nie….

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Kommentare ( 6 )

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